S wie Startaufstellung

Das Feld ist nach dem Samstags-Qualifying beim Formel-1-GP in Kanada 2022 (heute live im TV und Stream ab 20 Uhr) bunt durcheinandergewürfelt. Nur einer ist, da wo ihn seit dem Freitag alle erwarteten, nämlich Max Verstappen. Im Qualifying ließ er zu keinem Zeitpunkt etwas anbrennen und konnte im Regen immer noch einige Zehntel auf die Zeiten der Konkurrenz draufpacken. Dahinter gehen aber schon die Überraschungen los: Fernando Alonso pilotierte seinen Alpine in die erste Reihe. Sein erster Start aus den Top 2 übrigens seit dem Deutschland-GP 2012.

Erst dahinter kommt mit Carlos Sainz der erste, der Verstappen realistischerweise auch auf eine Renndistanz gefährden kann. Lewis Hamilton stellte mit P4 sein bestes Qualifying-Ergebnis der laufenden Saison auf. Dahinter schon die nächste Sensation: Haas konnte seine beiden Boliden in die dritte Startreihe hieven - on und wie lange Kevin Magnussen und Mick Schumacher aber auch im trockenen Rennen in dieser Region bleiben können ist sehr fraglich. Esteban Ocon, George Russell, Daniel Ricciardo und Guanyu Zhou komplettieren die Top 10. Für Sebastian Vettel gab es im Qualifying nichts zu lachen. Nach guten Trainings-Resultaten fand er in Q1 keinen Grip und geht nur von P16 ins Rennen. Alle News zur Formel 1 heute in Kanada gibt es im Liveticker.

S wie Start

Wie immer ist der Start für zahlreiche Piloten die beste Möglichkeiten, Positionen aufzuholen. Der Weg zu Kurve 1 ist allerdings nicht sonderlich lang - Positionswechsel dementsprechend schwierig. Fernando Alonso hofft auf den ersten Metern, Verstappen die Führung abgraben zu können um wenigstens einmal wieder Führungskilometer sammeln zu können. Doch auch in diesem Szenario sieht er keine Chance, den Red-Bull-Piloten auf die Rennlänge gefährlich zu werden. Die Ausgangslage von Sainz ist um einiges schwieriger. Ein guter Start des Spaniers aus P3 ist wohl die einzige realistische Variante, in der Ferrari Verstappen auf der Strecke ohne Chaos besiegen kann.

Genauso wichtig sind auch Blitz-Starts für Perez und Leclerc. Beide werden unvermeidbar im Verkehr hängen bleiben und viel Zeit verlieren. Aber ein gutes Wegkommen auf den ersten Metern kann entscheidend dafür sein, wie weit nach vorne die Aufholjagden der beiden Saisonsieger letztendlich sein werden.

S wie Strategie

Pirelli hat die weichste Reifenkombination nach Montreal geliefert. Demnach haben die Piloten die C5-, C4- und C3-Reifen zur Auswahl. Trotzdem kalkuliert man für den Kanada-GP mit einer 1-Stopp-Strategie. In den Berechnungen von Pirelli ist es die schnellste Variante auf dem gelben Reifen ins Rennen zu gehen und dann auf den Hard zu wechseln. Eine aggressivere Option ist es, am Start den Soft-Reifen aufzuziehen. Jedoch zwingt das ein Team zu einem früheren Boxenstopp und lässt weniger Optionen übrig, gleichzeitig kann sich diese Herangehensweise gegen Rennende rächen, da man mehr Zeit auf dem Hard verbringt. Da die Spitzenpiloten ihre Zeit im Verkehr natürlich minimieren wollen, ist die 1-Stopp für sie wohl die bessere Variante.

Anders sieht das hingegen bei Teams weiter hinten im Feld aus. Für sie ist auch die etwas langsamere 2-Stopp eine Option, um möglicherweise früh dem Verkehr aus dem Weg zu gehen und eine Offset-Strategie durchzuziehen. Für mehrere Reifenwechsel spricht die kurze Boxengasse auf der man wenig Zeitverlust einstecken muss, sowie der Faktor Track Position, welcher normalerweise in Kanada weniger eine Rolle spielt. Außerdem wirkt sich der heutige Regen auf die Asphaltoberfläche aus: Die Strecke auf der künstlichen Insel in der kanadischen Metropole wird wohl morgen weniger Grip bieten wie noch im zweiten Training und der Reifenverschleiß auf einer "grünen" Strecke ist normalerweise ebenfalls höher.

Sergio Perez und Charles Leclerc könnten auf einen anderen Faktor bauen. Da sie eine schnellere Pace haben als die Fahrer um sie herum, bedeutet eine 2-Stopp auch für die beiden Topfahrer nur mehr Verkehr. Eine Möglichkeit, sich freie Fahrt für eine längere Renndauer zu verschaffen, wäre ein Start auf harten Reifen und dadurch ein langer erster Stint.

S wie Sonne

Das Wetter war an diesem Wochenende in Kanada ein großer Diskussionspunkt. Für die Freitags-Trainings wurde Regen angekündigt, der schließlich ausblieb, genauso wie für den Samstag, wo der Regen sich dann schließlich mit voller Wucht die Strecke traf.

Dieses Thema wird uns am Sonntag erspart bleiben. Die Regenwahrscheinlichkeit für Sonntag liegt konstant bei null Prozent. Strahlender Sonnenschein wird den Kanada-Grand-Prix 2022 begleiten, einhergehend natürlich mit hohen Streckentemperaturen - auch wenn die Werte von Freitag aller Voraussicht nach nicht mehr erreicht werden.

S wie Strafen

Eines der prägendsten Themen an diesem Wochenende: Der Motor von Charles Leclerc, beziehungsweise die Komponenten welche daran getauscht wurden. Nachdem Leclerc beim letzten Rennen in Aserbaidschan die Power Unit hochging, war klar: Entweder hier oder in Silverstone muss Ferrari die Gridstrafen ziehen.

Bis zum zweiten Freien Training bewegte sich Ferrari noch im Rahmen der straffrei tauschbaren Komponenten. Nach FP2 setzte es dann die erste Bestrafung für den Ferrari-Fahrer: 10 Plätze für den Wechsel der Steuereinheit. Während FP3 folgte dann die Bestätigung über den Austausch einer Reihe weiterer Komponenten: MGU-K, MGU-H, Verbrennungsmotor und Auspuff. Kurzum: Leclercl muss am Sonntag ans Ende der Startaufstellung.

Oder vielmehr fast ans Ende. Denn Yuki Tsunoda überschritt ebenfalls bei mehreren Motor-Komponenten die von der Formel 1 vorgegebene Mindestanzahl und bekam somit dieselben Straen aufgebrummt. Weitere Strafen, die die Startaufstellung beeinflussen gab es nicht. Untersuchungen gegen Vettel, Gasly, Stroll, Zhou und nochmal Gasly wurden mit je einer Verwarnung geahndet.

S wie Schumi-Punkte

Ja, das Thema ist kein neues. Mick Schumacher läuft seit seinem Formel-1-Debüt 2021 seinen ersten Punkten in der Königsklasse hinterher. In dieser Saison fand der Haas-Pilot mehrere - teils spektakuläre - Wege, um doch noch seinen Nuller zu erhalten. Nach dem besten Qualifying-Resultat seiner F1-Karriere mit Platz 6 stellt sich berechtigterweise die Frage: Kann sich das am Sonntag ändern?

Die Indizien für eine Antwort lesen sich eher bescheiden. Denn im Regen waren die Haases vielleicht stark, ihre Pace am Freitag bei den Trocken-Sessions sah aber alles andere als überragend aus. P18 und P15 für Schumacher im Training liest sich nicht gerade wie ein Bewerbungsschreiben für die ersten Formel-1-Zähler. Die Longruns sahen ebenfalls nicht einladend aus. Mit einem Rundenschnitt von 1:19.845 landete Schumacher auf der letzten Position, wenn auch mit älteren Reifen. Da man in Kanada gut überholen kann, wäre es nicht überraschend, wenn P6 eine Eintagsfliege bleibt und Schumacher auch heute nach dem Rennen ein leeres Punktekonto haben würde - aber vielleicht belehrt uns der Formel-2-Champion ja eines Besseren.

S wie Sieger

Eigentlich kann an dieser Stelle nur ein Name stehen: Max Verstappen. Recht viel besser, wie der bisherige Kanada-GP kann ein Grand-Prix-Wochenende für Verstappen gar nicht laufen. Im Training hatte der Weltmeister das sagen, teamintern droht auch keine Konkurrenz - was 2022 ja nicht mehr ganz so selbstverständlich ist - sein schärfster WM-Rivale Charles Leclerc muss nach einer Strafe dann auch noch vom Ende des Feldes ins Rennen gehen und wie die Sahne auf der Torte hat sich zwischen ihm und dem größten verbleibenden Konkurrenten Carlos Sainz auch ein Puffer namens Fernando Alonso geschoben.

Scheinbar fehlen nur noch 70 Runden Pflichtprogramm, die Verstappen von seinem 26. Formel-1-Sieg trennen. Wenn schon die Konkurrenz keine Herausforderung für Verstappen darstellt, können ihm eigentlich nur noch zwei Faktoren in den Weg geraten. Nämlich ein totaler Chaos-GP oder ein Defekt. Für beides gibt es kaum Anzeichen: Regen wird es aller Voraussicht nach keinen geben und auch die Red-Bull-Technik streikte abgesehen vom DRS-Flügel seit Australien nicht mehr. Aber wenn alles nach Plan für Milton Keynes läuft, braucht Verstappen den Klappflügel gar nicht für Überholmanöver.