Michael Schumacher gegen Fernando Alonso. Die beiden lieferten sich 2006 ein beinhartes WM-Duell. Im Qualifying zum Monaco GP eskalierte die Situation mit dem berühmten Rascasse-Gate. Michael Schumacher parkte seinen Ferrari - nach Ansicht der Stewards absichtlich - in Rascasse, wodurch ihn kein Pilot mehr von Pole verdrängen kann.

Hat Alonso Schumacher beim Qualifying in Baku kopiert? Geht es nach Alexander Albon, dann sehr wohl. Der Williams-Pilot war nach dem Aus in Q1 außer sich und ließ seiner Wut am Funk freien Lauf: "Der Kerl muss bestraft werden! Das ist lächerlich! Er hat es die ganze Runde gemacht, er ist absichtlich langsam gefahren. Und dann war es so offensichtlich: Er hat so früh gebremst und ist dann einfach von der Strecke gefahren."

Was war passiert? Im Gegensatz zu 2006 ging es nicht um die Pole, sondern um den Einzug in das zweite Qualifikationssegment. Nach dem Crash von Lance Stroll wurde Q1 unterbrochen und mit der Restzeit von 2:30 Minuten auf der Uhr noch einmal gestartet.

Zu diesem Zeitpunkt lag Fernando Alonso auf P11. Die ersten 15 schaffen den Sprung ins Q2. Auf dem 6,003 Kilometer langen Baku Street Circuit sind 2:30 Minuten nicht gerade lange für eine Outlap. Erst recht nicht, wenn noch 13 Autos über die Linie kommen wollen.

Alonso strategisch gut platziert

Alonso wollte für den dritten Versuch in Q3 keinen frischen Reifensatz anbrechen. Also fuhr er auf den gebrauchten Reifen des unterbrochenen zweiten Versuchs raus. In der gut besuchten Boxengasse reihte sich Alonso beim Restart hinter Lewis Hamilton, George Russell, Yuki Tsunoda und Pierre Gasly ein.

Gut für Alonso: Alexander Albon, Valtteri Bottas, Guanyu Zhou, Nicholas Latifi, Daniel Ricciardo, Lando Norris, Kevin Magnussen und Mick Schumacher fuhren hinter ihm aus der Boxengasse. Alle lagen beim Restart in der Zeitentabelle hinter Alonso. Der Alpine-Pilot war also durchaus daran interessiert, dass sich hinter ihm niemand mehr verbessert.

Und deshalb ließ sich Alonso schon auf der Outlap etwas mehr Zeit als die Kollegen. In den engen Kurven fuhr er extrem langsam, weil dort niemand überholen kann. Auf den Geraden hingegen gab er Gas. Als er seine schnelle Runde startete, lag er weit hinter Gasly, der vor ihm seine Runde begonnen hatte.

Stau-Anführer Alonso verbremst sich

Hinter Alonso staute es sich aber, weil jeder noch rechtzeitig über die Linie kommen wollte. Schon im ersten Sektor fuhr der Spanier fast drei Zehntelsekunden langsamer als in seiner bis dato schnellsten Runde.

Auffällig: Alonso wollte von seinem Ingenieur wissen, welche Piloten es noch über die Linie geschafft hatten. Die Antwort 'alle' dürfte ihn dabei nicht unbedingt beruhigt haben. Ebenfalls auffällig: Alonso blickte auf seiner schnellen Runde mehrmals in den Rückspiegel.

Dann schließlich der Fehler in Kurve 15. Alonsos Heck überbremste leicht, der Routinier fuhr geradeaus in die Auslaufzone, ohne groß zu versuchen, seinen Boliden noch auf der Strecke zu halten.

So erklärt Alonso den Baku-Fehler

"Diese Kurve war heutige die schwierigste", erklärte Alonso seinen Fehler. "Ich bin mit alten Reifen rausgefahren. Sebastian [Vettel] hat versucht die Kurve noch zu bekommen und ist in die Mauer. Ein McLaren hat es genauso gemacht wie ich", verteidigt er seine Linie über den Notausgang.

Die Konsequenz seiner eigenwilligen Ideallinie: Unter Gelben Flaggen konnte sich kein Pilot mehr verbessern. Sollte Alonsos Ausrutscher Absicht gewesen sein, hat er sein Ziel damit erfüllt. Die Kritik von Alexander Albon lässt ihn aber kalt: "Jeder beschwert sich über Gelbe Flaggen. Das Ende von Q1 war für alle frustrierend, wenn fast 15 Autos es noch über die Linie schaffen wollen. Ich verstehe die Frustration, aber es war ein Fehler, der passieren kann."

Fernando Alonso erbte 2006 die Monaco-Pole von Michael Schumacher, Foto: Sutton
Fernando Alonso erbte 2006 die Monaco-Pole von Michael Schumacher, Foto: Sutton

Während Rascasse-Gate hohe Wellen schlug und Schumacher den Monaco GP 2006 vom letzten Startplatz statt von Pole aus in Angriff nehmen musste, kommt Alonso ungeschoren davon. Die Stewards leiteten noch nicht einmal eine Untersuchung ein. Alonso darf seinen zehnten Startplatz behalten.

Nach der Qualifikation hatte sich Albon schon etwas beruhigt: "Natürlich gibt es diese Spielchen, man will, dass so wenig Leute wie möglich eine Runde fahren. Ich bin nicht sauer auf Fernando, er ist ein schlaues Kerlchen und spielt das System gut."

Deshalb fordert der Williams-Pilot, der den Aserbaidschan GP auf Rang 18 in Angriff nehmen wird, Änderungen am System. "Es wäre gut, wenn wir die Regeln so ändern würden, dass die Rundenzeiten gestrichen werden. Denn so gibt es keine Strafe für einen Fahrer, der einen Fehler macht." In manchen Rennserien werden dem Verursacher einer Gelb- oder Rot-Phase persönliche Bestzeiten gestrichen.