Mit einem Ritt auf der Rasierklinge hat sich Sebastian Vettel im Qualifying der Formel 1 in Baku in die Top-10 der Startaufstellung des morgigen Formel-1-Rennens in Aserbaidschan katapultiert. Trotz eines Unfalls im zweiten Segment der Qualifikation zog der Aston-Martin-Fahrer letztlich souverän in das finale Q3 ein und sicherte sich dort den neunten Startplatz. Für Teamkollege Lance Stroll endete das Qualifying nach gleich zwei Unfällen und einem so zerstörten AMR22 bereits im Q1.

"Vielleicht habe ich es heute geschafft, schlau zu crashen", witzelt ein gut aufgelegter Vettel nach dem Qualifying. "Ich bin zufrieden. Ich denke nicht, dass es noch viel weiter nach vorne hätte gehen können. Vielleicht hätte ich noch den Yuki [Tsunoda] mit den fünf Hundertsteln Vorsprung bekommen. Aber für weiter vorne hätte es nicht gereicht. Ich habe im letzten Sektor auf Windschatten gehofft, aber da war niemand. Vielleicht muss ich mir in Zukunft mehr Freunde machen", scherzt Vettel, im Q3 nur noch mit einem frischen Satz Softs unterwegs. Hier geht's zum vollständigen Qualifying-Ergebnis in Baku.

Formel 1 Qualifying Baku: Vettel "pushte wie verrückt"

Alle anderen hatte der viermalige Formel-1-Weltmeister bereits im Q1 und Q2 verpulvert. Aus gutem Grund, so Vettel. "Wir wussten, dass wir im Qualifying wie verrückt pushen müssen, um ins jeweils nächste Segment zu kommen", sagt Vettel. "In der Vergangenheit war es mal so, dass man sich von Segment zu Segment gesteigert hat und dann im letzten die Hosen runtergelassen hat. Das ist bei uns nicht mehr der Fall, wir müssen von vornherein so fahren", schildert der Hesse.

Diesmal mit Erfolg. "Dann waren wir auch im Q3. Das hat gut funktioniert", freut sich Vettel nach mit P6 und P7 schon starken Ergebnissen in den ersten beiden Abschnitten des Qualifyings in Baku. "Aber dann hatten wir eben nur noch einen Reifensatz. Die Runde am Ende war gut, leider war es so eng. Mit dem Windschatten wäre da vielleicht noch etwas mehr gegangen", ergänzt Vettel.

Sebastian Vettel crasht in Barriere: Besser als Notausgang!

Schon im Q2 hätte Vettel allerdings um ein Haar alles weggeschmissen. In der berühmt schwierigen Kurve 15 bremste Vettel zu spät und stieß so geradeaus in die Barriere statt in den Notausgang. Kurios: mit Absicht! Um nicht die Aufhängung zu ruinieren. "Ich hatte ein paar Momente, einschließlich dem, bei dem ich nicht ganz wusste, ob ich es schaffe. Ich musste es versuchen. Aber dann habe ich gemerkt, dass ich es nicht schaffe", schildert Vettel den ersten Akt unmittelbar vor dem Einschlag.

Vettel weiter: "Dann war ich nicht sicher, ob es besser ist nach rechts in den Notausgang zu fahren und vielleicht mit der linken Seite der Aufhängung zu streifen [oder gerade in die Wand zu fahren]. Aber ich wusste, dass wir in der Garage einen Ersatz-Frontflügel haben. Ich wusste, wenn ich es schaffe, ganz gerade reinzufahren, dann können wir weitermachen. Und so ist es dann auch gekommen. Weitermachen war da vielleicht das Schlauste. Überraschend viele Gedanken irgendwie in dieser kurzen Zeit, oder?!"

Lance Stroll crasht in Baku doppelt: Q1-Aus

Trotz dieser Rettungstag spricht Vettel noch immer von einer gewissen Hassliebe zu Baku. "Aber wenn es gut geht, ist es natürlich die Liebe. Der Moment da im Q2 war natürlich ein bisschen haarig. Aber ich wusste eben, dass alles raus muss, um ins dritte Qualifying zu kommen", sagt Vettel. Das galt schon zuvor im Q1. Sofort attackierte Vettel maximal. Das wurde belohnt. "Im Q1 hat es gut geklappt. Direkt der erste Schuss war sehr gut. Man weiß ja nie, was hintenraus passiert. Wenn zum Beispiel eine rotte Flagge kommt. Und das ist im Endeffekt auch passiert", kommentiert Vettel den Crash seines Teamkollegen. "Das hat uns dann geholfen, dass wir am Ende nicht in dem Sandwich mit den ganzen Autos da waren und am Ende gegen die Zeit und das Ende der Session fahren mussten." Stattdessen lehnte sich Vettel dank seiner soliden ersten Runde in der Box entspannt zurück wie sonst nur die vier Fahrer der Top-Teams.

Unfallauslöser Stroll hingegen ist nach dem Qualifying komplett frustriert. Erst stopfte der Kanadier den AMR22 in Kurve sieben, ähnlich wie Vettel mit Frontflügel, geradeaus in die Barriere, konnte allerdings ohne Schaden weiterfahren. "Da sind einfach beide Vorderreifen stehen geblieben", analysiert Stroll knapp. Dann knallte es im direkt folgenden Umlauf richtig. In Kurve zwei untersteuerte Stroll mit der rechten Seite in die Leitschiene und ruinierte sich die Aufhängung. "Zu spät gebremst", sagt Stroll, am Ende Vorletzter. "Natürlich bin ich frustriert, da können wir jetzt aber nichts dran ändern. Also Fokus auf morgen."

Sebastian Vettel erwartet starkes Rennen: Longruns überraschend gut

Aus sehr viel besserer Ausgangsposition gilt das nun auch für Vettel. Der Vorjahreszweite fühlt sich nach seiner Longrunpace am Freitag für das Rennen jedenfalls gewappnet. "Es war echt gut bis jetzt. Ich war überrascht, dass es gestern mit viel Benzin so gut war", sagt vettel. "Aber Morgen hängt es auch davon ab, was passiert. Und es dürfte heiß werden, weil das Rennen schon um 15 Uhr [Ortszeit] ist. Hier geht's zum Zeitplan, TV-Programm und Live-Streams für das Formel-1-Rennen in Baku. Aber wir hatten gestern im ersten Training gute Longruns. Und das lief ja zu einer ähnlichen Uhrzeit wie das Rennen."