Zahlreiche Vorschusslorbeeren erntete die Australian Grand Prix Cooperation für ihren großen Umbau des Albert Park Circuits für das Comeback der Formel 1 in Australien am bevorstehenden Wochenende. Insgesamt sieben Kurven adaptierte der Ausrichter des in den beiden Vorjahren wegen der Corona-Pandemie ausgefallenen Rennens für die Rückkehr Melbournes in der F1-Saison 2022. Das klare Ziel: Der seit seinem Debüt 1996 schon immer zu Prozessionen neigende Albert Park soll dank der Maßnahmen besseres Racing und mehr Überholmanöver ermöglichen.

Zu diesem Zweck wurden die Scheitelpunkte mehrerer Kurven erweitert, positive Bankings aufgeschüttet, die Clark-Schikane vor der Gegengerade komplett gestrichen und stattdessen eine extrem lange Vollgaspassage samt einer vierten DRS-Zone kreiert. Diverse Fahrer zeigten sich schon im Vorfeld angetan von den Änderungen, manche, darunter Lokalmatador Daniel Ricciardo, waren sogar als Ideengeber in den Umbau involviert.

Magnussen: Entfernung der Schikane ist übertrieben

Doch nun regt sich auch eine erste Kritik am deutlich überarbeiteten Albert Park. "Als ich das Layout dieser Strecke gesehen habe, habe ich gedacht, dass manches vielleicht übertrieben ist", kommentiert Haas-Fahrer Kevin Magnussen den Umbau. Dabei zielt der Däne vor allem auf die vollständige Entfernung der Schikane. "Die Entfernung der Kurven neun und zehn, das hätten sie nicht tun müssen", meint Magnussen. 2014 feierte der Däne mit P2 im Albert Park gleich bei seinem F1-Debüt sein bis heute bestes Karriereresultat.

Auch die neue DRS-Zone auf der nun geschaffenen langen Vollgaspassage im zweiten Sektor bis Kurve neun sagt dem Dänen nicht großartig zu. "Ich denke nicht, dass du so in Kurve neun hinein überholen wirst", sagt Magnussen. "Vielleicht, aber sicher bin ich da nicht. Dieser lange Bogen mit DRS vor Kurve neun, dem sie jetzt keine Kurvenzahl gegeben haben, der wird mit offenem DRS so ziemlich voll gehen. Aber da werden die Autos sehr unruhig sein", fürchtet der 2022 zurückgekehrte F1-Routinier.

Formel 1 Australien: Magnussen erwartet mehr Action - auch dank neuer Autos

Den großen neuen Überholpunkt soll allerdings ohnehin erst die erneuerte Kurve elf bieten. Nach der schnellen und unveränderten Links-Rechts-Kombination zu Beginn des Schlusssektors (Kurven neun und zehn) folgt zunächst eine weitere DRS-Zone, dann ein härterer Bremspunkt als zuvor - durch eine enger gestaltete Kurve elf. Insgesamt befindet Magnussen mit Blick auf die Überholmöglichkeiten im Albert Park auch deshalb: "Ich denke, dass es schon etwas besser wird."

Das würde wegen der 2022 neuen Boliden-Generation allerdings auch ohne Umbau so kommen, meint Magnussen. "Schon in Jeddah haben wir mehr Überholmanöver gesehen als im Vorjahr. Diese neuen Autos sind also definitiv besser darin, einander zu folgen und zu überholen. Selbst wenn sie die Strecke hier nicht geändert hatten, würden wir mehr Überholmanöver sehen", schätzt der Däne.

Formel 1 Australien: Sind Überholmanöver jetzt sogar zu leicht?

Als große Kritik will Magnussen seine Aussagen allerdings nicht verstanden wissen. Im Großen und Ganzen schätzt der Däne die Mühen des Promoters. "Sie haben sich sehr bemüht, die Show zu verbessern und das ist eine tolle Sache für die Strecke. Sie versuchen, ihr Bestes zu geben, um das Racing zu verbessern", sagt Magnussen.

Allerdings gebe es auch unterschiedliche Philosophien, was gutes Racing ausmache. "Zu einfache Überholmanöver können auch schlecht sein", warnt der Haas-Fahrer. Ist Melbourne über das Ziel hinausgeschossen? "Es ist eine Frage der richtigen Balance, damit du noch immer Racing und Action hast, aber gleichzeitig auch Möglichkeiten, dich zu verteidigen. Wenn du dich nicht verteidigen kannst und sehr einfach überholt wirst, obwohl du nur ein kleines bisschen langsamer bist, dann ist es auch keine gute Sache", sagt Magnussen. "Schauen wir jetzt mal, wie das auf dieser Strecke ist."

Sicherheit im Blick: Australien wird nächster Highspeed-Straßenkurs

Durch die Umbaumaßnahmen soll die Durchschnittsgeschwindigkeit im Albert Park von zuletzt 237 km/h auf nun rund 250 Stundenkilometer im Qualifying-Trimm steigen. Damit zählt die Strecke zu den absolut schnellsten im ganzen Kalender und begibt sich, ebenfalls ein Straßenkurs, in Gefilde wie der vor zwei Wochen teilweise kritisierte Jeddah Corniche Circuit. Immerhin größere Auslaufzonen bietet der Albert Park. Dennoch: Wagt die Formel 1 bei den Strecken derzeit zu viel Risiko für spektakuläre Bilder?

"Das stört mich nicht", winkt Magnussen ab. "Es ist aufregender, wenn etwas auf dem Spiel steht. Wenn ein Fehler kostspieliger ist, dann macht es das in meinen Augen spannender. Es gibt einen Grund, warum viele Fahrer es lieben, in Monaco zu fahren. Weil es ein großes Risiko gibt", erklärt Magnussen. "Es gibt eine direkte Konsequenz, wenn du einen Fehler machst. Es verlangt dem Fahrer mehr ab. Das mag ich." Deshalb sei er auch in Jeddah - Nackenschmerzen hin oder her - sehr gerne gefahren. "Diese Strecke ist extremer als die meisten in der Formel 1. Es fühlt sich so schnell an dort zu fahren. Du fühlst dich wirklich am Limit", sagt Magnussen.

Noch dazu sei die Sicherheit der Formel-1-Autos anno 2022 sehr gut. Erst zu dieser Saison wurden die Vorgaben der Crash-Tests nochmals verschärft. "Es hat sich massiv verbessert und wird weiterhin besser", erinnert Magnussen. "All diese Arbeit der FIA und GPDA hat sich bezahlt gemacht. Ich hoffe, dass dieser Trend so weitergeht und denke, dass er es auch wird."

Sollte die Formel 1 noch in Saudi-Arabien fahren? (02:00:00)