Nach dem Qualifying von Saudi-Arabien verschob sich die Sicherheitsfrage am Samstag wieder vom politischen aufs sportliche Terrain: Ist der Jeddah Corniche Circuit zu gefährlich? Mick Schumachers Horror-Unfall führte eindrucksvoll vor Augen, wie schnell die Formel-1-Boliden auf dem Stadtkurs unterwegs, und wie nah die Mauern sind.

Das Sicht-Problem im Betonkanal ist hinlänglich bekannt. Auch das Rückversetzen einiger Mauern um knapp zwei Meter machte die Situation nicht besser. Die Formel-1-Generation 2022 mit ihren größeren Reifen und den Deflektoren über den Vorderrädern hat die Verbesserungen wieder aufgefressen. Bei Schumacher war es jedoch nicht die Sicht, die zu dem schlimmen Unfall führte.

Der Haas-Pilot blieb zwar unverletzt, wird aber heute in Saudi-Arabien nicht starten. Haas müsste ein komplett neues Auto aufbauen, damit Schumacher aus der Boxengasse starten kann. Teamchef Günther Haas will da nichts übers Knie brechen und möglicherweise sogar das nächste Rennen in Melbourne beeinträchtigen.

Schumacher: Zweiter großer Unfall in zwei Tagen

Viele stellten sich beim Schumacher-Crash die Frage, warum an dieser Stelle eine massive Betonmauer steht. Den türkischen Formel-2-Piloten Cem Bölükbasi erwischte es am Freitag an der gleichen Stelle in exakt der gleichen Weise. Er trug eine Gehirnerschütterung davon und konnte das Wochenende nicht bestreiten.

Das Problem liegt darin begründet, dass Berechnungen und die FIA-Datenbank derartige Unfälle an dieser Stelle für äußerst unwahrscheinlich halten. Eine sogenannte Safer-Barriere, wie sie an anderen Stellen der Strecke und vor allem auf US-Ovalen zum Einsatz kommt, hätte den Schumacher-Unfall kaum besser gemacht.

Die Safer-Barrieren wurden für spitze Aufprallwinkel entwickelt. Sie sorgen dafür, dass die Autos nicht zurück auf die Strecke geschleudert werden. Schumachers Haas aber krachte fast senkrecht in die Mauer.

Eine Tecpro-Barriere hätte den Aufprall zumindest abgefedert. Allerdings hat eine Tecpro-Barriere bei 'normalen' Unfällen an dieser Stelle auch Nachteile. Die Autos können sich bei leichten Unfällen im spitzen Winkel verkeilen und werden dann auf die Strecke zurückgeworfen.

Die Betonmauer tut weh, erfüllt aber in Zusammenarbeit mit den extrem sicheren Formel-1-Autos ihren Zweck. Etwa 40 Zentimeter wurden die Betonklötze durch den Aufprall nach hinten verschoben.

Fahrer wegen Saudi-Arabien besorgt

Die FIA wird sich die Unfälle und die Streckensicherheit noch genauer ansehen. Kurzfristig wird es aber zumindest bei der Mauer keine Änderungen geben. Dafür könnte man über Nacht noch Anpassungen am Kerb vornehmen.

Das fordert zumindest McLaren-Pilot Lando Norris: "Mit diesen Autos gibt es im Kalender Kerbs, die man ändern muss - dieser Kerb ist einer davon. Es war schon in der Formel 2 offensichtlich. Diese Autos fahren auch sehr tief. Mit diesen Autos darf es einen so aggressiven Kerb bei diesen Geschwindigkeiten nicht geben. Auch der Winkel ist ungünstig. Etwas braucht nur ein bisschen schiefgehen und du hast einen schlimmen Unfall."

Norris fordert eine schnelle Reaktion am entsprechenden Kerb: "Ich denke, er muss für das Rennen angepasst werden." Teamkollege Daniel Ricciardo stimmt zu: "Weil diese Autos so viel tiefer sind, verzeiht dieser Kerb nichts. Wir wollen nicht, dass Dinge zu einfach werden, aber dort geht es zu weit."

Die Rennleitung plant aber nicht mit Änderungen an der Strecke. Einerseits seien ohnehin schon flache Kerbs verbaut, andererseits wolle man nicht ein Track-Limit-Problem heraufbeschwören. Norris aber warnt: "Im Rennen könnte es noch schlimmer werden, wenn man in verwirbelter Luft fährt und Untersteuern bekommt."