Mercedes schockte am ersten Testtag in Bahrain die Formel-1-Welt und präsentierte einen im Vergleich zum Barcelona-Test komplett überholten Boliden. Der W13 kommt mit einem nur winzigen Seitenkasten aus.

Doch nicht nur am Seitenkasten hatte der Bolide des Serien-Weltmeister-Teams einige Überraschungen parat. Auch die Konstruktion der Spiegel unterscheidet sich merklich von jener aus Barcelona. Ferrari sieht hier Erklärungsbedarf. Der Scuderia-Teamchef Mattia Binotto äußerte seine Verwunderung: "Wir sind überrascht. Denn eigentlich darf der Spiegel nicht als Aerodynamik-Element genutzt werden", so Binotto.

Foto: Motorsport-Magazin.com
Foto: Motorsport-Magazin.com

Mercedes-Spiegel sorgen für erhitzte Gemüter

Bei dem Design von Mercedes sei laut dem Ferrari-Boss aber genau das der Fall. "So wie sie ihre Spiegel gemacht haben, glaube ich, ist das ein signifikantes Aerodynamik-Element", mutmaßte Binotto.

Bereits in der Vergangenheit löste die Diskussion um die Regelkonformität von Spiegel-Halterungen Kontroversen aus, da deren potenzieller Einfluss auf die Aerodynamik bis ans Limit ausgereizt wurde - wenn nicht sogar darüber hinaus. 2018 wurde etwa eine am Halo angebrachte Spiegel-Konstruktion bei Ferrari für illegal erklärt.

Bei Red Bull teilt man offenbar die Ansicht von Binotto. Christian Horner wurde von Auto Motor und Sport folgendermaßen zitiert: "Das sind keine Spiegelhalterungen, das sind Flügel. Das entspricht nicht dem Geist des Reglements. Für uns sind diese Flügel illegal." Red Bull relativierte diese Aussagen allerdings später mit dem Argument, es handle sich um kein offizielles Statement.

Binotto: Können nicht über Legalität diskutieren

Einen allgemeinen Zweifel an der Regelkonformität des Mercedes F1 W13 hegt Binotto allerdings nicht. "Ich denke nicht, dass wir über die Legalität diskutieren können, denn das Auto durchlief einen Prozess bis zur Freigabe", sagte der 52-Jährige. "Es ist großartiges Auto mit einem interessanten Konzept bei der Kühlung und den Seitenkästen", lobte er das Konkurrenzteam sogar.

Super Majority droht: Werden die Regeln geändert?

Doch obwohl die Mercedes-Innovationen der ursprünglichen Prüfung der FIA standhielten, lassen es die Regeln zu, dahingehend das Reglement zu ändern. Denn seit dieser Saison müssen Regeländerungen während der Saison nicht mehr durch alle Teams einstimmig abgesegnet werden. Es reicht in diesem Fall eine sogenannte "Super Majority" von acht Stimmen, falls eine ursprünglich legale Lösung dem "Geist des Reglements", widerspricht.

Ist das bei dem Mercedes der Fall? Schwierig zu sagen, findet Formel-1-Sportdirektor Ross Brawn. "Der Geist des Reglements ist eine Grauzone", sagte er im Interview bei Sky. Brawn will die Reaktionen abwarten. "Sobald die Interpretation von Mercedes verstanden ist, haben wir eine ausbalancierte Sichtweise. Am Ende des Tages müssen wir uns am Wortlaut des Reglements orientieren und dieses kann mit einer 80-prozentigen Mehrheit geändert werden", so der ehemalige Mercedes- und Ferrari-Mann.

Wolff kritisiert Regelung: Innovation soll nicht bestraft werden

Toto Wolff bleibt angesichts des drohenden Super-Majority-Szenarios gelassen: "Wenn man Innovationen präsentiert ist klar, dass das eine Debatte entfacht. Das haben wir erwartet". Der Österreicher gibt aber zu, dass er in diesem Aspekt das Regelwerk, in dem die Super-Majority-Klausel noch nicht enthalten war, besser nachvollziehen konnte. "Ich bevorzugte das alte Reglement. Da konnte man nichts daran ändern, wenn ein Team mit cleveren Innovationen kommt, welche das Regelwerk einhalten."

Dennoch sei er unbesorgt. Wolff: "Ich bin mir sicher, dass die FIA das mit der Sorgfaltspflicht und im Sinne des Sports handhaben wird. Wir haben Wert darauf, gelegt dass wir das nicht nur alleine durchziehen, sondern uns im Austausch mit der FIA befinden. Deshalb denke ich, sollen wir okay sein."