2022 könnte für Ferrari in der Formel 1 ein einschneidendes Jahr werden - und mit entsprechend viel Spannung wurde die Präsentation des F1-75, des neuen F1-Autos der Scuderia, erwartet. Nach einem Absturz ins Mittelfeld will die Traditionsmarke zum ersten Mal seit 2019 endlich wieder um Siege und WM-Titel kämpfen.

Groß sind also die Hoffnungen in den am Donnerstag per Video offiziell enthüllten F1-75. Der ist das nach Aston Martin, McLaren und Williams vierte echte Auto, welches die Formel-1-Welt zu Gesicht bekommt. Mit Charles Leclerc und Carlos Sainz als Fahrerduo fühlt sich das Team unter Teamchef Mattia Binotto in der bestmöglichen Position, um die dürren Jahre vergessen zu machen. Und beginnt mit einem neuen Design, welches sich an die Ferraris der Vergangenheit anlehnt.

Schwarze Flügel geben nach Jahrzehnten Ferrari-Comeback

Denn erstmals seit 1996 feiern komplett schwarze Heck- und Frontflügel bei Ferrari ihr Comeback. Das Design hatte in den späten 80ern und frühen 90ern einige allseits beliebte Autos hervorgebracht. Ein Ferrari 641/2 von Alain Prost aus dem Jahr 1990 schaffte es sogar ins New Yorker Museum of Modern Arts.

Der Ferrari 641/2 von Alain Prost aus dem Jahr 1990, Foto: Sutton
Der Ferrari 641/2 von Alain Prost aus dem Jahr 1990, Foto: Sutton

Beim neuen F1-75 - dessen Name auf das 75-jährige Jubiläum der Straßenwagen-Sparte von Ferrari zurückgeht - gibt es bei der durch Sponsoren beeinflussten Lackierung ohnehin eine signifikante Änderung: Zum ersten Mal seit 1983 ist auf dem Auto kein Hinweis auf den Tabakriesen Philip Morris, kurz PMI, zu finden. PMI hatte bis zum Zigaretten-Werbeverbot lange die Zigarettenmarke Marlboro beworben, nach dem Verbot gab es PMI-Anspielungen im Team-Logo, und seit 2018 den "Mission Winnow"-Schriftzug, ein Verweis auf eine PMI-Unterorganisation.

Der PMI-Abschied bedeutet, dass die Motorabdeckung, jahrelang der PMI-Platz, nun frei ist. Ferrari nutzt das, um dort prominent das "75"-Jubiläumslogo zu platzieren. Außerdem gibt es neue Partner. Schon im Vorjahr kam Amazons Webdienstleister AWS an Bord. Im Winter kehrte die spanische Bank Santander zurück, welche schon im vorangegangenen Jahrzehnt als Großsponsor beteiligt war.

Der Ferrari F1-75 von der Seite, Foto: Ferrari
Der Ferrari F1-75 von der Seite, Foto: Ferrari

"Ich liebe es, ich mag es wirklich sehr", urteilt Charles Leclerc bei der Präsentation. "Ich werde es noch mehr mögen, wenn es auf der Strecke schnell ist, aber ich mag den Look." Teamkollege Sainz ergänzt: "Ich denke, es sieht aggressiv und radikal aus, und auch hübsch."

Ferrari: Neues Auto kreativ und mutig

Technisch stehen auf den ersten Blick auch beim F1-75 die Seitenkästen im Fokus. Wie beim Aston Martin und dem bereits bei einem Shakedown gesichteten neuen Alfa Romeo gibt es am Ferrari Kiemen, wie sie im neuen technischen Reglement wieder erlaubt sind. Auffällig ist, dass die Seitenkästen oben sichtlich eingedellt sind, eine neue Variation. Ein ausführlicher Technik-Check folgt später auf Motorsport-Magazin.com.

Das ist Ferraris neuer F1-75 für 2022, Foto: Ferrari
Das ist Ferraris neuer F1-75 für 2022, Foto: Ferrari

"Wir haben unser Herz und unsere Seele in dieses Auto gesteckt", sagt Teamchef Mattia Binotto. "Ich bin stolz auf die Arbeit, die ins Design dieses Autos geflossen ist. Es hat all unser Know-How ausgereizt, unsere Kreativität und unsere Überzeugung. Das würde ich einen mutigen Ferrari nennen, weil wir die Regeln interpretiert haben, indem wir außerhalb der Box gedacht haben."

Ferrari mit großer Motor-Revision für 2022

Technisch genauso wichtig ist für Ferrari aber auch, was nicht zu sehen ist. Nach der Motor-Kontroverse rund um die Betrugsvorwürfe von 2019 war das Team in Sachen Motor-Performance abgestürzt, und hatte sich über die letzten zwei Jahre mühsam zurückgekämpft. 2021 fokussierte man sich schon in jedem Bereich auf 2022, anstatt den Entwicklungsplan auf die laufende Saison auszulegen.

Mit einem späten Upgrade im Herbst sah sich Ferrari bereits in auf Kurs, und nun will das Team die Leistungslücke endlich wieder geschlossen haben. "Viel ist in die Power Unit geflossen - Packaging und Kühlung sind komplett anders", kündigt Binotto an. "Wir haben im Winter viel an der Power Unit gearbeitet, nicht nur letztes Jahr, weil wir wussten, dass es ein Schlüsselelement sein würde. Beim Verbrennungsmotor gibt es viel Innovation, und auch beim Hybrid, wo wir zum Teil schon letzte Saison etwas gebracht haben, aber da haben wir auch noch nachgelegt."

Ferrari gibt für 2022 klare Ziele aus

"Ich hoffe, der F1-75 kämpft auf der Strecke bei jedem Grand Prix, Kopf an Kopf mit unseren Rivalen ganz vorne", stellt Binotto klar. "Wir haben gegenüber unserem Unternehmen und unseren Partnern eine Verantwortung, aber vor allem möchte ich, dass unser Auto für unsere Fans abliefert."

"Wir wissen, die Erwartungen sind hoch", so Binotto, der 2019 als Teamchef übernahm und seither das Team neu aufgestellt hat. "In den letzten Jahren waren die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechend. Wir sind 2019 in eine andere Richtung gegangen, und selbst wenn es auf dem Weg ein paar Schwierigkeiten gab, hat es zu einem stärkeren und besser zusammenhängenden Team geführt."

Sofern Motor und Chassis - beide Bereiche waren in den letzten Jahren defizitär - endlich wieder funktionieren, so gibt es keinen Grund, warum das Team nicht um WM-Titel kämpfen soll. Für ein Team mit den Anlagen und Ressourcen wie Ferrari ist mehr als ein zweijähriger Mittelfeld-Durchhänger kaum akzeptabel.

Am Freitag nach der Präsentation wird der F1-75 in Fiorano erstmals fahren - allerdings nur im Rahmen eines maximal 15 Kilometer langen Demo-Events, bestätigt Binotto am Rande des Launches: "Dann fliegen wir nach Barcelona, und am Tag vor dem Testbeginn werden wir einen 100-Kilometer-Filmtag abhalten."

Ferrari baut auf starkes Fahrerduo Leclerc und Sainz

Stolz präsentiert Ferrari das Fahrerduo Charles Leclerc und Carlos Sainz. Die beiden hielten sich im Vorjahr performance-technisch fast die Waage, und beendeten die Saison in fast allen statistischen Kategorien in direkter Nachbarschaft. Das Team sieht im herangereiften Kronprinzen Leclerc und dem zuverlässigen Sainz das beste Fahrerduo im F1-Feld.

Formel 1 2022: Präsentationstermine der neuen Autos

Mit der Ferrari-Präsentation haben nun sieben Teams ein Design, und sechs auch ein Auto - entweder virtuell oder real - veröffentlicht. Der Konstrukteurs-Weltmeister Mercedes folgt schon am Freitag, Alpine am Montag. Alfa Romeo hielt bislang erst einen Shakedown ab, zum ersten Mal öffentlich zu sehen sein wird das Auto am 23. Februar beim Test-Beginn.

Von Red Bull fehlt nach wie vor der echte RB18, nachdem das Team sich beim Launch in der Vorwoche auf eine reine Design-Präsentation beschränkte.

Team Datum Ort/Form
Haas 4. FebruarOnline + Barcelona-Shakedown am 21.2.
Red Bull 9. Februar, 17:00 UhrMilton Keynes, Livestream (Lackierung)
Aston Martin10. Februar, 15:00 Uhr Gaydon, Livestream
McLaren 11. Februar, 20:00 UhrWoking, Livestream
AlphaTauri14. Februar, 12:00 UhrOnline
Williams15. Februar, 14:00 UhrLivestream plus Silverstone-Shakedown
Ferrari 17. Februar, 14:00 UhrOnline
Mercedes 18. Februar, 10:00 UhrOnline plus Silverstone-Shakedown
Alpine21. Februar, 18:30 Uhr Paris, Livestream
Alfa Romeo 27. FebruarOnline (Lackierung)