Mit 31,5 Punkten Vorsprung auf McLaren ist Ferrari zum drittletzten Rennen der Formel-1-Saison 2021 nach Katar gereist. Der Vorteil scheint komfortabel, der Trend spricht außerdem für die Scuderia. Doch schon am Donnerstag warnten Carlos Sainz und Charles Leclerc, nur bei zuletzt marginal anderen Rennverläufen könnte es ganz anders aussehen. Die nächste Mahnung aus Maranello kommt nun nur einen Tag später nach dem Training. Am Freitag fuhren Sainz mit P10 und Leclerc mit P13 nicht nur dem großen Rivalen hinterher.

"Momentan sehen sie wie die schnelleren Pakete aus", kommentiert Sainz die Freitagsperformance von McLaren, aber auch AlphaTauri. Pierre Gasly landete sogar in beiden Sessions gleich auf dem zweiten Rang. Mehr als sechs Zehntel fehlten dem sogar noch schnelleren Ferrari von Sainz, auch zu Lando Norris auf Platz fünf klaffte eine vier Zehntel große Lücke. Damit nicht genug: Selbst beide Aston Martin waren schneller.

Leclerc: Pace gerade schlechter als McLaren & AlphaTauri

"Jetzt müssen wir heute Abend ein bisschen Quali-Zeit zurückbekommen. Da fehlte es etwas an Performance, aber die Rennpace sieht stark aus. Das ist gut, aber am Qualifying müssen wir arbeiten", fordert daher auch Leclerc. "AlphaTauri sieht wieder sehr stark aus. McLaren und Alpha sind unsere Hauptgegner. Gerade sind wir dahinter, aber ich bin zuversichtlich, dass wir die Pace noch finden können, die gerade noch fehlt."

Ansätze hat Ferrari immerhin. Einmal mehr hält der SF21 den Reifen nicht die gesamte Runde über im Arbeitsfenster - ein Problem von Saisonbeginn, das zuletzt gelöst schien. "Wir müssen morgen mehr Performance finden, vor allem auf dem Soft sieht es nicht sehr komfortabel aus. Wir kämpften mit der Vorderachse und müssen Wege finden, wie wir den Reifen die ganze Runde funktionieren lassen", berichtet Sainz. "Wir brauchen eine stärkere Vorderachse."

Ferrari kämpft mit altem Laster: Vorderachse schwächelt

Eventuell müsse man auch die grundlegende Abstimmung überdenken. "Von den GPS-Daten sehen wir, dass wir in den Kurven ganz gut sind, nur fehlt uns vielleicht ein bisschen Speed auf den Geraden", schildert Sainz. "Vielleicht haben Sie Abtrieb rausgenommen, während wir das Maximum behalten haben." Aber: Im Longrun fühlte auch Sainz sich besser. "Der Longrun sah gut aus, auf dem Hard. Wir müssen nur sicherstellen, dass wir auch den Shortrun mit dem Soft hinbekommen", sagt Sainz.

Beim großen Konkurrenten galt dasselbe - zumindest für Daniel Ricciardo auf P14. "Im Longrun ist er okay, auf Augenhöhe mit Lando", sagt Teamchef Andreas Seidl bei ServusTV. Im Quali-Trimm habe Ricciardo schlicht den ersten Sektor nicht hinbekommen. "So haben drei bis vier Zehntel gefehlt und die Zeit war nicht da."

Daniel Ricciardo weit hinter Norris: Copy-paste als Lösung

Der Australier selbst erklärt seinen deutlichen Rückstand auf Teamkollege Norris von einer halben Sekunde derweil mit Experimenten. "Wir haben nach FP1 ein paar Dinge ausprobiert, vielleicht sollte ich sagen, ein paar Gambles für diese Session, um herauszufinden, wo wir für morgen stehen", schildert Ricciardo. "Das hat nicht ganz funktioniert, aber wir waren etwas weiter weg als erwartet."

Das könne man allerdings leicht lösen - durch Abkupfern beim Teamkollegen. "Er war schnell. Es ist gut, wenn nicht beide Autos abgeschlagen sind. Vielleicht machen wir copy-paste", sagt Ricciardo. Auch mit seinem Longrun ist der Honeybadger nicht zufrieden. "Mein Longrun war kein Blitz! Es könnte also am Setup liegen, aber auch ich kann noch ein paar Dinge machen", sagt Ricciardo.

McLaren schöpft neue Hoffnung: Mit Norris besser als gedacht

Gegen die am Freitag schwächelnde Konkurrenz aus Italien werde es allerdings dennoch schwer, fürchtet der McLaren-Fahrer. "Ferrari war heute nicht irre schnell, aber ich denke, dass sie morgen wieder da sind", warnt Ricciardo. Und dann ist da noch AlphaTauri. Ricciardo: "Pierre Gaslyyyyy war sehr schnell! Wir wollen ihn nicht so weit vorne ..."

Diese Gefahr hat auch Lando Norris auf dem Schirm, dennoch schöpfen der Brite und McLaren nach P5 zum Auftakt wieder neue Hoffnung, insbesondere im WM-Kampf gegen Ferrari. "Es war ein anständiger Tag. Wir haben heute mit der Balance auf dem richtigen Fuß begonnen", berichtet Norris. Und das wider Erwarten. Norris: "Wir dachten, wir hätten hier wegen der Streckencharakteristik und der Kurventypen mehr Probleme. Aber wir haben besser losgelegt als erwartet und dann die üblichen Fortschritte gemacht."

Seidl: Müssen das Momentum zurückholen

Einzig seiner Longrun-Pace traut der Brite noch nicht über den Weg. Im ersten Training hatte sich der Brite auf den Kerbs seinen MCL35M beschädigt und war so lange Zeit zum Zusehen verdammt. "Ich hatte ein paar Probleme im ersten Training, da habe ich nicht so viele Longruns bekommen. Gerade war es deshalb mein erster Eindruck", berichtet Norris nach der zweiten Session. "Ich weiß noch nicht, wie das war. Aber die Pace mit leeren Tanks war ganz vernünftig, auf Hard, Medium und Soft."

Teamchef Seidl sieht nun das nötige Rüstzeug vorhanden, um im WM-Rennen gegen Ferrari wieder das Momentum an sich zu reißen. "Ich bin echt zufrieden, wie das Team sich vorbereitet hat. Wir waren von Anfang an gut dabei. Das zeigt auch, dass unsere Tools und Simulationen gut funktionieren", lobt Seidl. Immerhin ist Katar für alle Neuland. Seidl weiter: "Es ist wichtig für uns, nach zwei schlechten Wochenenden mit Unfällen in den ersten Kurven wieder das Momentum zurückzubekommen und gute Punkte zu machen. Bislang ein guter Auftakt!"