Spannung pur in der Formel 1: Am kommenden Wochenende (27. - 29. August 2021) kehrt die Königsklasse des Motorsports mit gleich mehreren brisanten Handlungssträngen zurück aus einer gefühlt endlosen Sommerpause. Dreieinhalb Wochen mussten Fans, Fahrer und Teams seit dem Ungarn-GP warten, jetzt geht es am Wochenende beim Großen Preis von Belgien im berüchtigten Spa-Francorchamps endlich weiter mit dem hochspannenden Titelkampf zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen.

Noch dazu darf sich die F1-Welt auf die nächsten sportpolitischen Fehden zwischen Red Bull und Mercedes gefasst machen. Ob biegsame Flügel, Reifendrücke, Proteste gegen Strafen oder Boxenstopps - die beiden WM-Anwärter bekriegen sich in der Formel-1-Saison 2021 auf gefühlt jedem erdenklichen Schauplatz. Die Bühnen dafür sind in der zweiten Saisonhälfte wegen der Corona-Pandemie allerdings längst nicht errichtet: Deutlich mehr Veränderungen im Kalender als in der ersten Saisonhälfte erscheinen in der von Rennen in Übersee geprägten zweiten Hälfte unausweichlich.

Damit nicht genug: Auf dem Transfermarkt der Fahrer tritt die Formel 1 nun in die brandheiße Phase ein. Im September will Mercedes eine Entscheidung treffen: Valtteri Bottas oder George Russell, wer wird 2022 Teamkollege Lewis Hamiltons? Je nach Ausgang wird die Entscheidung der Weltmeister einen Dominoeffekt auslösen. Noch dazu blickt F1-Deutschland gebannt auf Sebastian Vettel und Mick Schumacher und die internationale Szene auf das alte Duell Ferrari gegen McLaren, wenngleich diesmal nur im Kampf um Platz drei.

Motorsport-Magazin.com präsentiert die wichtigsten Handlungsstränge der zweiten Saisonhälfte, die den F1-Herbst sogar noch besser machen können als die subjektiv schon sensationelle erste Hälfte.

Lewis Hamilton vs. Max Verstappen: WM-Duell der Alphatiere

Die mit Abstand größte Spannung wird der Formel 1 ganz klar der weitere Verlauf des WM-Duells zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen bringen. Anfang des Jahres lieferten sich der Titelverteidiger und sein Herausforderer ein Duell auf Augenhöhe, ehe der Niederländer dank fortwährender Upgrades für den Red Bull RB16B das Heft des Handelns an sich riss. Gerade als Verstappen in der WM-Tabelle davonzuziehen schien, konterte Hamilton. Zwei Big Points vor der Sommerpause, darunter die Kontroverse um den Crash in Silverstone, spülten den Briten sogar knapp zurück in Führung.

Mercedes schien allerdings auch in Sachen Pace nachgelegt zu haben. Ein wider Erwarten in Silverstone eingeführtes Upgrade (oder neu verstärkte Pirelli-Reifen) ließ Mercedes jedenfalls selbst in Ungarn etwas stärker aussehen als von einigen F1-Experten erwartet. Doch Red Bull entwickelt noch immer - trotz neuer Regeln 2022. Folgt die nächste Trendwende? Motorenseitig geht es ohnehin eng zu. Hier drohen Red Bull wegen diverser Unfallschäden aus der ersten Hälfte allerdings gleich mit beiden Fahrern Strafversetzungen. Psychologisch wird es ebenfalls brisant. Hat die F1 schon das nächste Gigantenduell wie einst zwischen Ayrton Senna und Alain Prost tobte? Die Entwicklungen nach dem Unfall in Silverstone legen das nahe. Wie viel Respekt ist noch da?

Mercedes vs. Red Bull: Fehdehandschuh im Dauereinsatz

Nicht nur Verstappen und Hamilton duellieren sich 2021 hart um die WM-Krone, auch teamseitig prallen zwei Alphatiere - oder gleich ganze Rudel - aufeinander. Die verbalen und sportpolitischen Duelle der Hauptakteure bei Red Bull und Mercedes können mit den größten Rivalitäten zwischen Teams in der F1-Geschichte jedenfalls locker mithalten.

Gegenseitiges Anschwärzen wegen biegsamer Heck-, dann auch Frontflügel, Ärger und FIA-Direktiven um Reifendrücke und Boxenstoppregeln, heftige Verbalscharmützel nach dem Abschuss Verstappens durch Hamilton in Silverstone inklusive Proteste gegen eine gefühlt zu lasche Strafe - die Verantwortlichen um Toto Wolff, Christian Horner und Dr. Helmut Marko lassen 2021 keine Gelegenheit aus, dem Gegner ein Bein zu stellen.

Auf welchem Level und welchem Schauplatz es in der zweiten Hälfte weitergeht? Unklar. Klar: In der Schublade verschwinden wird der Fehdehandschuh mit Sicherheit nicht.

Ferrari vs. McLaren: Wer gewinnt den Klassiker?

Deutlich zahmer geht es gleich hinter den Titelrivalen zu. Dabei prallen im Kampf um Platz drei zwei (einstige) Giganten des Sports aufeinander. Ferrari und McLaren lieferten sich in der F1-Historie schon so manche erbitterte Fehde und viele harte Titelkämpfe. Nicht so 2021. Das berühmte Duell zwischen Rot und Silber ist inzwischen nicht nur zu Rot und Orange geworden, sondern auch von großer Sportlichkeit und gegenseitigem Respekt geprägt - es geht eben 'nur' um P3.

Dieser Kampf allerdings ist unfassbar spannend, weil so eng wie nur möglich. Mit 163:163 Punkten verabschiedeten sich Ferrari und McLaren mit einem Unentschieden in die Sommerpause. Wer setzt sich in der zweiten Hälfte durch? Das hängt von mehreren Faktoren ab, die sich bereits deutlich abzeichnen: Ferrari will eine 'signifikante' Motorenausbaustufe bringen, McLaren mit weiteren Upgrades kontern - und einem aus Sicht Wokings hoffentlich deutlich besser angekommenen Daniel Ricciardo.

Sebastian Vettel: Durchbruch bei Aston Martin?

Keine Rolle im Kampf um den dritten Platz der Konstrukteure wird 2021 Aston Martin spielen. Das steht bereits nach der ersten Saisonhälfte fest. 115 Punkte fehlen dem neuen Team von Sebastian Vettel bereits auf P3. Im Vorjahr noch mit dem drittschnellsten Auto des Feldes gesegnet, fiel der Rennstall von Lawrence Stroll 2021 mit Neuzugang Vettel drastisch zurück. Aston Martin führt das vor allem auf die Regeländerungen im Winter zurück. Das Beschneiden der Unterböden und des Diffusors soll vor allem Autos getroffen haben, die flacher auf der Strecke liegen, darunter Aston Martin und Mercedes.

Tatsächlich mangelte es in der ersten Saisonhälfte allerdings auch auf Fahrerseite. Lance Stroll scheint 2021 weiterhin auf einem soliden, aber alles andere als sensationellem Niveau zu fahren, Vettel tat sich mindestens bis Monaco schwer, sich an den AMR21 zu gewöhnen. Danach ging es bergauf, aber nicht ohne neuerliche Rückschläge. Auf dem Niveau seines zuvor seit Jahren im Team eingespielten Vorgängers Sergio Perez ist Vettel noch nicht ganz angekommen. Liefert der viermalige Weltmeister in Saisonhälfte zwei konstanter? Auch darauf wird - zumindest aus deutscher Sicht - ein großer Fokus liegen.

Vettel & Schumacher: Christian Danners Formel 1 Halbzeitbilanz (21:48 Min.)

Formel 1 Fahrermarkt: Wochen der Entscheidung

Der zweite Deutsche im Bunde ist eher auf dem Fahrermarkt von Interesse. Sportlich hat Mick Schumacher im unterlegenen Haas mit Nikita Mazepin nur teamintern einen Gegner - und den bis auf seltene Ausnahmen klar im Griff. Spannender ist da, wo der Ferrari-Junior 2022 starten wird. Ursprünglich kommunizierte Haas wie bei Mazepin zwar einen mehrjährigen Vertrag, doch inzwischen wurde publik: Dieser besteht zwischen Schumacher und Ferrari, die im Rahmen einer Vereinbarung schlicht eines der beiden Haas-Cockpits mit einem ihrer Junioren besetzten dürfen. 2021 ist das Schumacher. Für 2022 halten sich jedoch hartnäckig Gerüchte, auch Alfa Romeo komme für Schumacher in Frage.

Bei Sauber läuft ein identes Anrecht Ferraris, einen Fahrer zu bestimmen, mit Saisonende zwar aus, dennoch bestehen weiter enge Verbindungen nach Maranello. Ein Schumacher in Hinwil könnte für die Schweizer vor allem dann von Interesse sein, sollte Kimi Räikkönen seine Karriere beenden. So würde insbesondere Namensgeber Alfa Romeo über einen perfekten Ersatz als werbewirksamen Headliner verfügen. Auch ein Verbleib Antonio Giovianzzis seht noch nicht fest. Abhängen könnte eine Entscheidung auch von Mercedes.

Hintergrund: Setzt Mercedes Valtteri Bottas zugunsten George Russells vor die Tür, soll der Finne bei Sauber sehr weit oben auf der Liste stehen. Mit Bottas würden Vasseur & Co. sich zumindest die Dienste eines Rennsiegers und zweifachen Vize-Weltmeisters sichern. Allerdings könnte Bottas auch bei seinem ehemaligen Team Williams unterkommen. Geschieht das nicht, ist im Team um Jost Capito so gut wie alles denkbar. Milliardärssohn Nicholas Latifi sitzt dank der potenten Investoren von Dorilton Capital längst nicht mehr ganz fest im Sattel. Mit den Hufen scharren mitunter Formel-E-Meister Nyck de Vries und Nico Hülkenberg!

Der wichtigste Dominostein ist in jedem Fall ganz klar Bottas. Im September will Mercedes eine Entscheidung treffen. Aber auch verkünden? Weniger fraglich ist derweil der Kader bei Red Bull und AlphaTauri. Dort sollen alle Cockpits so besetzt bleiben wie derzeit der Fall. Ganz spruchreif ist das allerdings noch nicht. Auch ein Alexander Albon kommt weiterhin in Frage, der Brite könnte allerdings bei einer Freigabe auch bei Williams oder Alfa Romeo unterkommen.

Formel 1 Kalender: Wie viele Rennen lässt Corona zu?

Alles andere als gesichert ist unterdessen, auf welchen Bühnen wir all diese Dramen erleben werden. Traditionell steht in der Formel 1 nach der Sommerpause die Tournee nach Übersee an, in Zeiten der Corona-Pandemie wird es somit schwieriger als in der ersten Saisonhälfte, den geplanten Kalender tatsächlich durchzuziehen. Das Thema wird uns im Herbst also erhalten bleiben, erneut ist eine flexible F1 gefragt. Die Rennen in Singapur und Japan mussten bereits abgesagt werden, genauso der zunächst aus dem Frühjahr ans Ende des Jahres verlegte Australien-GP.

In jedem Fall weiter festhalten will die Formel 1 an ihrem Rekord-Kalender von 23 Grands Prix. Nach dem gesicherten Tripleheader Belgien-Niederlande-Italien direkt nach der Sommerpause werden 14 Rennen absolviert sein. Danach geht es nach Russland, dann in die Türkei. Am Bosporus beginnen die Probleme. Die Türkei steht auf der roten Liste Großbritanniens. Das heißt, dass selbst vollständig geimpfte Teammitglieder nach einer Reise nach Istanbul vor einer Rückkehr eine zehntägige Quarantäne überstehen müssen. Die hätte mit dem folgenden Rennen in Suzuka abgegolten werden können, doch das wurde nun gestrichen. Jetzt benötigt die F1 einen Ersatz, der eine Einreise aus der Türkei toleriert.

Nach dieser Hürde wird es kaum leichter. Nun soll ein Tripleheader in den USA, Mexiko und Brasilien anstehen. Insbesondere in Brasilien grassiert die Covid-19-Pandemie allerdings anhaltend heftig. Die Infektionszahlen liegen konstant im mittleren fünfstelligen Bereich. Noch dazu greift auch hier die Problematik der roten Liste in Großbritannien, Heimat der Mehrheit der Formel-1-Teams. Sao Paulo will das Rennen - dann mit Sprintformat - allerdings unbedingt durchziehen. Bei einer Absage kann die F1 im Zweifel zweimal in Folge in Austin fahren.

Als finale Rettung des Kalenders steht ganz klar eine Tournee durch die Wüste hoch im Kurs. Auf der arabischen Halbinsel sind bereits die Rennen in Saudi-Arabien und Abu Dhabi als Final-Doppel geplant. Zuletzt verdichteten sich die Anzeichen, dass Katar daraus ein Triple macht und den Slot des Australien-GP übernimmt. Auch ein zweites Rennen in Saudi-Arabien wäre möglich, genauso denkbar ist ein zweiter Abstecher auf den 2020 überzeugenden Außenkurs von Bahrain. Aktuell stehen nur 21 Rennen mit Name im Kalender.

Formel 1 Kalender 2021: Derzeit geplante Rennen

Nr.Grand PrixDatum
12Belgien GP27.08. - 29.08.2021
13Niederlande GP03.09. - 05.09.2021
14Italien GP10.09. - 12.09.2021
15Russland GP24.09. - 26.09.2021
16Türkei GP01.10. - 03.10.2021
17USA GP22.10. - 24.10.2021
18Mexiko GP29.10. - 31.10.2021
19Brasilien GP05.11. - 07.11.2021
20Saudi-Arabien GP03.12. - 05.12.2021
21Abu Dhabi GP10.12. - 12.12.2021