163:163 steht es im Duell um die inoffizielle Krone in der zweiten Liga der Formel 1. Dank Platz drei für Ferrari dank Carlos Sainz beim Ungarn-GP und die einzige Nullnummer für McLaren im bisherigen Verlauf der F1-Saison 2021 sind Maranello und Woking im Kampf um den dritten Gesamtrang in der Konstrukteurswertung mit einem Gleichstand in die Sommerpause gegangen. Dank zwei zweiter Plätze (1x Sainz, 1x Charles Leclerc) - die besseren Einzelresultate - wird Ferrari formal vor McLaren (3x Dritter dank Lando Norris) geführt.
Allein die Tatsache, dass diese Feinheit aktuell entscheidet, zeigt, wie eng es in der Formel 1 2021 auch hinter dem Duell von Mercedes und Red Bull zugeht. Ein klarer Favorit zeichnet sich mitnichten ab. McLaren zehrt vor allem von einem überragenden Norris, Daniel Ricciardo kämpft noch immer mit Eingewöhnungsproblemen. Ferrari verzettelte sich dafür zeitweise mit dem Reifenmanagement und dem richtigen Kompromiss zwischen Qualifying und Rennen.
Nicht nur Ferrari: Auch McLaren viel besser als 2020
Unter dem Strich führten beide Verläufe ans selbe Ziel - zu einem gleichen und in beiden Vorjahresvergleichen hohen Punktestand: 2020 lag McLaren nach elf Rennen bei 116 Zählern, Ferrari gar nur bei 80, also nicht einmal der Hälfte der aktuellen Ausbeute. Deshalb - und weil der Gegner nun Ferrari heißt - misst McLaren dem aktuellen Zwischenstand fast größere Bedeutung bei als vor Jahresfrist. "Dritter zu sein ist eine klasse Leistung", schwärmt Renndirektor Andrea Stella.
"Es war vergangenes Jahr etwas überraschend, mit dem Racing Point zu kämpfen. Und dieses Jahr ist es das auch, denn wir kämpfen mit Ferrari, was natürlich ein großartiges Team ist, vor dem wir jede Menge Respekt haben", sagt der Italiener, selbst ehemaliger Ferrari-Mann. Angesichts dieses hohen Niveaus sei es alles andere als sicher, ob McLaren den dritten Platz aus dem Vorjahr werde verteidigen können. "Wir werden sehen, ob wir es realistisch bestätigen können, denn die nötige Punkterate, um dieses Jahr Dritter zu werden, ist sehr hoch", sagt Stella.
McLaren und Ferrari holen 15 Punkte pro Rennen
Vor dem Ungarn-GP hatte der McLaren-Ingenieur das vorgerechnet. Stella: "Wir erzielen im Schnitt 16 Punkte pro Rennen, was realistisch gesehen ziemlich ambitioniert ist." Nach der Nullnummer in Ungarn sind es mit 14,8 im Schnitt noch immer nahezu genauso viele Punkte pro Rennen wie ein dritter Platz einbringt. Ein Ergebnis, das eigentlich unrealistisch sein sollte - zu stark sind Red Bull und Mercedes. Selbst mit zwei Autos muss hinter den Top-Teams fast alles perfekt laufen, um - etwa für P5 und P7 mit 16 Punkten - diese Schlagzahl zu halten. Und das gegen Gegner wie Ferrari und zumindest punktuell aufzeigende Fahrer von Aston Martin, Alpine und AlphaTauri.
Für möglich hält McLaren den dritten Platz jedoch allemal. "Mit Fahrzeugentwicklungen und einem guten Job beim Einsatz können wir es hoffentlich bestätigten", sagt Stella. Tatsächlich waren die jüngsten Neuerungen für den MCL35M in Ungarn nicht die letzten in diesem Jahr - trotz Fokuswechsel auf das neue Formel-1-Reglement 2022. "Einfach, weil es etwas dauert, bis du schon entwickelte Teile produziert hast", erklärt Stella. "Also kommen noch welche. Wir werden in den kommenden Rennen noch ein paar Teaks ausprobieren. Nichts Großes, aber ein paar Teile werden kommen."
McLaren bringt weiter neue Teile, Ferrari zündet Motor-Upgrade
Gegner Ferrari kündigte allerdings ebenfalls schon etwas an - motorenseitig soll nach der Sommerpause eine signifikante Ausbaustufe der Power Unit debütieren, verriet kürzlich Teamchef Mattia Binotto. Das ist trotz Engine-Freeze während der Saison gestattet, weil Ferrari im Winter noch nicht alle Komponenten seines Antriebsstrangs überarbeitet hatte.
Dennoch sieht sich McLaren auch auf diesem Feld gut aufgestellt. Der Wechsel zu Mercedes-Motoren zu dieser Saison erwies sich bereits kurzfristig als Gewinn bringend. "Wir haben wieder guter Fortschritte gemacht, in jedem einzelnen Bereich. Deshalb haben wir so viele Punkte geholt", sagt Teamchef Andreas Seidl. "Auch die Zuverlässigkeit ist dank unserer tollen Kooperation mit Mercedes klasse. Wir haben die Power-Unit-Wechsel vorgenommen und sind damit sehr zufrieden", sagt der Bayer.
McLaren überrascht: Sogar näher dran an Red Bull und Mercedes
Stella adelt den neuen Powertrain genauso. Auch dank des Wechsels von Renault- zu Mercedes-Antrieben sei McLaren 2021 sogar Mercedes selbst und Red Bull nähergekommen. "Der Grund dafür ist sicher, dass wir uns nach vergangenem Jahr mit der Power Unit verbessert haben", sagt der Italiener. "Aber wir sind nicht die einzigen mit einer HPP Power Unit, Aston Martin hat die auch. Es geht auch um operative Aspekte und die Fahrer", kommentiert Stella den erneuten Aufschwung McLarens.
Die Schlagdistanz zu Mercedes und Red Bull bei manchen Rennen habe McLaren dann allerdings überrascht. "Zum Beispiel waren wir beim zweiten Rennen in Österreich verdient sehr nah dran an der Pole Position und auch im Rennen ernsthaft schnell, obwohl Red Bull und Mercedes im Rennen normalerweise die Lücke zum Mittelfeld weiter aufmachen", erinnert Stella. "Diesen Trend haben wir schon über das ganze Jahr gesehen."
McLaren: Zeitweise Top-Team-Form rührt von Auto-Charakter
Überrascht darüber, aber nicht völlig ohne Erklärung zeigt sich der Italiener. "Unser Auto hat sehr klare Eigenschaften. Manche davon führen zu einem besonders konkurrenzfähigen Auto, wenn eine Strecke ein paar besondere Anforderungen stellt", schildert Stella. "In Österreich gibt es sieben Kurven und vier davon fährt man mit weit über 200 Stundenkilometern. Und wir wissen, dass unser Auto da [in schnellen Kurven] schnell ist", ergänzt der Italiener. "Wir sind also überrascht, aber es gibt auch technische Erklärungen, warum wir so nah dran waren."
Den Grundstein dafür legte McLaren bereits im Winter. Die optisch nur marginal erscheinenden Restriktionen vor allem rund um den Unterboden trafen die Formel-1-Teams durchaus hart. Von Mercedes bis Williams kämpften alle Teams darum, so viel des durch die Regelanpassungen verlorenen Abtriebs zurückzugewinnen. "Und wir sind recht zufrieden damit, was wir in dieser Hinsicht geschafft haben", sagt Stella.
Ferrari schon jetzt besser als 2020
Offenbar ebenfalls gut gelungen ist das allerdings auch Ferrari. "Wir haben es [die Punkteausbeute nach elf Rennen] mehr als verdoppelt", erinnert Teamchef Binotto. "Und letztes Jahr hatten wir insgesamt 131 Punkte, da haben wir jetzt schon mehr als in der ganzen vergangenen Saison. Das ist eine große Verbesserung. Da sind wir das beste Team im Grid."
Auch den zeitlichen Rückstand auf die Spitze habe man so zwar halbiert, doch würde mit im Schnitt sieben Zehnteln für den eigenen Anspruch noch immer viel fehlen. Ferrari denkt sehr viel mehr an ein großes Comeback 2022 als an diese Saison. "Das Ziel ist nicht wirklich, Dritter zu werden", sagt Binotto deshalb über das Duell mit McLaren in diesem Jahr. Ferrari wolle sich schlicht in allen Bereichen verbessern. Damit würde dann sowieso ein dritter Platz wahrscheinlicher.
Ferrari glaubt an P3: Brauchst zwei Fahrer, die gut punkten
"Dritter zu sein, ist auf jeden Fall möglich. Das Team ist gut und wir verbessern uns. Ich glaube, dass wir es erreichen können", sagt Binotto. "Wir haben alle Zutaten, um die Saison gut zu beenden." Dazu zählt der Italiener auch sein homogen starkes Fahrerduo - für Binotto zudem das beste der Startaufstellung. Bei McLaren sah das bislang anders aus. Sehr viel mehr als Sainz bei Ferrari kämpfte Ricciardo mit der Eingewöhnung in dessen ehemaliges Auto. Binotto: "Für die Konstrukteure [Wertung] brauchst du zwei Fahrer, die gut punkten ..."
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