Am 26. März startet die Formel 1 in Bahrain in die Saison 2021. Eigentlich hätte zu diesem Zeitpunkt schon längst das neue technische Reglement gelten sollen, das aufgrund der Corona-Situation und den damit einhergehenden finanziellen Einbußen der Teams allerdings auf 2022 verschoben wurde. Hinzukommt, dass die Entwicklung der 2021er Fahrzeuge in weiten Bereichen stark eingeschränkt wurde - nur beim Motor und an der Aerodynamik durfte frei entwickelt werden.

Die meisten anderen Komponenten unterlagen einem strikten Token-System. Davon ausgenommen waren Veränderungen im Bereich des Diffusors, des Unterbodens und der hinteren Bremsbelüftungen, die von der FIA vorgeschrieben wurden, um die Autos weiter einzubremsen. Für viele Formel-1-Fans ein Indiz dafür, dass der WM-Kampf 2021 schon entschieden ist und Mercedes sowie Hamilton wie im vergangenen Jahr dominieren werden. Tatsächlich könnte es aber ganz anders kommen.

1. Mehr Rennen denn je

2021 steht uns eine Rekordsaison bevor. Noch nie in der 70-jährigen Geschichte der Formel 1 wurden innerhalb eines Jahres mehr als 21 Rennen ausgetragen, in diesem Jahr sollen es stattliche 23 werden. In Anbetracht der Saison 2020, in der aufgrund einiger Corona-bedingter Rennabsagen nur 17 Grands Prix stattgefunden haben, ein deutlicher Zuwachs, zumal im neuen Rennkalender nach einem Jahr Pause auch endlich wieder Traditionsstrecken wie der Circuit Gilles-Villeneuve, Interlagos oder das Prestigerennen in Monaco vertreten sind.

Verstappen-Fans dürfen sich außerdem auf das Comeback des Großen Preises der Niederlande in Zandvoort freuen, der nach über 35 Jahren und umfangreichen Umbauarbeiten des Kurses wieder seinen Weg in die Königsklasse gefunden hat. Obwohl auch 2021 wieder mit möglichen Rennabsagen zu rechnen ist, an Abwechslung sollte es nicht mangeln. Einziger Wehrmutstropfen: Ein Deutschland GP findet in dieser Saison leider nicht statt.

2. Fernando Alonso ist zurück

Nach zwei Jahren Abstinenz feiert Fernando Alonso in der Saison 2021 sein Formel-1-Comeback. Der zweimalige Weltmeister hatte der Königsklasse 2018 nach schweren Jahren bei McLaren den Rücken gekehrt. Von Sabbatjahren konnte allerdings nicht die Rede sein, denn der Asturier hatte sein Feuer für den Motorsport nicht verloren und war abseits der Formel 1 in mehreren Motorsport-Serien wie der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft vertreten.

Seine Ausbeute: zweimaliger Sieger des 6-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps, zweimaliger Sieger der 24 Stunden von Le Mans, Sieger der 1000 Meilen von Sebring, Gewinner des 24-Stunden-Rennens von Daytona im Rahmen der IMSA-Meisterschaft und FIA-Langstrecken-Weltmeister der LMP-1-Kategorie zusammen mit seinen Teamkollegen Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima.

Alonso fährt schon zum dritten Mal für den französischen Formel-1-Rennstall Renault (Alpine), Foto: LAT Images
Alonso fährt schon zum dritten Mal für den französischen Formel-1-Rennstall Renault (Alpine), Foto: LAT Images

Kein Wunder, dass es bei den Testfahrten fast so wirkte, als wäre Alonso nie weg gewesen - ein kleines Duell mit Hamilton auf der Strecke durfte im Laufe der Wintertests auch nicht fehlen und weckte Erinnerungen an ruhmreichere Tage für den Doppelweltmeister. In der bevorstehenden Saison werden Hamilton und Alonso höchstwahrscheinlich nicht wie einst 2007 gegeneinander um den Titel kämpfen, doch bereits die Persönlichkeit des Spaniers ist eine Bereicherung für das Fahrerlager Formel 1.

3. Teaminterne Duelle

Das Fahrerfeld der Formel 1 wurde für die Saison 2021 ordentlich durchgeschüttelt. So treten in diesem Jahr nur drei der zehn Teams mit der Fahrerpaarung des Vorjahres an - Mercedes, Alfa Romeo und Williams. Diese teaminternen Veränderungen werfen in Hinblick auf die Saison viele spannende Fragen auf, die es auf den Rennstrecken dieser Welt nun zu beantworten gilt.

Drei Rookies haben ihren Weg in die Formel 1 gefunden. Zwei davon fahren in diesem Jahr sogar für dasselbe Team. Die Rede ist natürlich von Mick Schumacher und Nikita Mazepin. Die Neulinge gehen in der Saison 2021 für Haas Team an den Start. Besonders interessant dürfte hier sein, welcher der beiden Rookies im teaminternen Duell den Kürzeren zieht. Auch AlphaTauri setzt in diesem Jahr auf einen Neuling: Der Japaner Yuki Tsunoda wird der neue Teamkollege von Pierre Gasly und ersetzt damit den Russen Daniil Kyjat.

Der Abschied von Sebastian Vettel bei Ferrari hatte im vergangenen Jahr eine Kettenreaktion verursacht: Die Scuderia verpflichtete Carlos Sainz, McLaren angelte sich Daniel Ricciardo von Renault, Alpine holte Alonso zurück in die Formel 1, Vettel schloss sich Aston Martin an und Sergio Pérez fand ein Cockpit bei Red Bull Racing. Jede dieser neuen Fahrerpaarungen sorgt für reichlich Pfeffer in der Suppe und eine große Unbekannte.

Gelingt Aston Martin mit Sebastian Vettel der nächste Schritt?, Foto: LAT Images
Gelingt Aston Martin mit Sebastian Vettel der nächste Schritt?, Foto: LAT Images

Schließlich haben die genannten Teams mit den abgegebenen Fahrern an individueller Stärke verloren, erhoffen sich von den Neuverpflichtungen aber ein stärkeres Gesamtpaket. Aston Martin verspricht sich von Vettel beispielsweise, dass die Erfahrung des Vierfach-Weltmeisters das Team in neue Sphären verhilft, während Pérez bei Red Bull endlich für ein ausgeglicheneres Fahrerduo sorgen soll, dass Mercedes in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft einheizen soll.

4. Mercedes schwächelt bei den Testfahrten

Die Testfahrten in Bahrain sorgten trotz kleiner Regeländerungen für viel Gesprächsstoff. Ein Grund dafür ist der schwache Auftritt des amtierenden Weltmeisters Mercedes. Probleme bei dem Werksteam aus Brackley sind eine Seltenheit, weshalb es umso überraschender war, dass Mercedes bereits am ersten Testtag ganze zweimal von Problemen am W12 heimgesucht wurde. Erst musste nach bereits einer Testrunde das Getriebe gewechselt werden, ehe Hamilton am Nachmittag einen defekten Rückspiegel zu beklagen hatte.

Hamiltons Dreher löste am zweiten Testtag eine rote Flagge aus, Foto: LAT Images
Hamiltons Dreher löste am zweiten Testtag eine rote Flagge aus, Foto: LAT Images

In den darauffolgenden Testtagen offenbarte sich zudem, dass sowohl Bottas als auch Hamilton ihre Schwierigkeiten mit dem unruhigen Heck des W12 hatten. Das neue technische Reglement, das einen verkleinerten Diffusor und Unterboden vorsieht, dürfte dem neuen Dienstwagen nicht zugutegekommen sein. Die Situation des Rennstalls ist also alles andere als optimal - zur Freue vieler Formel-1-Fans, die sich ein Ende der Mercedes-Dominanz herbeisehnen.

5. Red Bull schnell und zuverlässig

Ein gegenteiliges Bild lässt sich bei Red Bull Racing vorfinden. Der neue RB16B war in Bahrain nämlich nicht nur zuverlässig, sondern auch richtig schnell. Max Verstappen sicherte sich im neuen Dienstwagen zweimal die Tagesbestzeit und Sergio Pérez konnte durchweg mit starken Longruns aufzeigen. Mit dem Mexikaner scheint Red Bull außerdem endlich den richtigen Teamkollegen neben Verstappen gefunden zu haben. Weder Pierre Gasly noch Alex Albon konnten in der Vergangenheit den Erwartungen gerecht werden oder gar mit dem schnellen Niederländer konkurrieren. Pérez allerdings hat nicht zuletzt durch seinen Rennsieg beim Großen Preis von Sakhir bewiesen, dass er zu den Besten im Fahrerfeld zählt.

Red Bull kann für die Saison also ein richtig gutes Paket vorweisen. So gut, dass selbst Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin den RB16B in Sachen Racepace vor Mercedes sieht. Red-Bull-Motorsportchef Doktor Helmut Marko hingegen lehnt jedwede Favoritenrolle ab. Favoritenrolle hin oder her, ein Duell auf Augenhöhe zwischen Red Bull und Mercedes könnte die Saison 2021 so richtig spannend machen.

Mit Sergio Pérez scheint Red Bull den richtigen Fahrer neben Max Verstappen gefunden zu haben, Foto: LAT Images
Mit Sergio Pérez scheint Red Bull den richtigen Fahrer neben Max Verstappen gefunden zu haben, Foto: LAT Images

6. Ferrari wiedererstarkt?

Nach der letztjährigen Seuchensaison könnte Ferrari 2021 wieder in die Spur gefunden haben. Das Leistungsdefizit des Ferrari-Motors hatte die Scuderia 2020 auf den sechsten Konstrukteurs-Rang zurückgeworfen und damit eines der schlechtesten Ergebnisse der Teamgeschichte besiegelt. Teamchef Mattia Binotto ließ die Tifosi bei den Testfahrten aber wieder aufatmen: Der neue Motor sei kein Nachteil mehr und der SF16 darüber hinaus wesentlich effizienter.

Auch die neue Fahrerpaarung mit Charles Leclerc und Carlos Sainz gibt Grund zur Hoffnung. Viele sehen im Spanier zwar die klare Nummer zwei, dieser wird sich vom Monegassen aber sicher nicht so leicht abspeisen lassen wollen und hat bei McLaren sein Können eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass sich die zweitjüngste Fahrerpaarung der Teamgeschichte gegenseitig pushen und ein zentraler Schlüssel auf dem Weg zurück an die Spitze darstellen wird. Bereits 2021 könnte die Mannschaft aus Maranello einen wichtigen Schritt dorthin machen.

7. Fünfkampf um WM-Platz drei

2020 bescherte uns einen spannenden Dreikampf zwischen McLaren, Racing Point und Renault, die sich bis in das Saisonfinale in Abu Dhabi um den dritten Konstrukteurs-Rang duellierten. McLaren konnte das Tauziehen letztlich für sich entscheiden, doch die Karten werden vor jeder Saison bekanntlich neu gemischt. Wer das Duell also bereits in der vergangenen Saison verfolgte, sollte sich in Hinblick auf 2021 ordentlich festhalten. Die Testfahrten in Bahrain geben nämlich Grund zur Annahme, dass aus dem Dreikampf schon bald ein Fünfkampf werden könnte. Neben den genannten drei Akteuren wollen 2021 sowohl Ferrari als auch AlphaTauri im Kampf um den Titel 'Best of the Rest' mitmischen. Vor allem das Red-Bull-Juniorteam hatte bei den Wintertests in Bahrain einen bärenstarken Eindruck hinterlassen. Auch die bereits angesprochenen neuen Fahrerpaarungen geben in diesem Zusammenhang ihren Senf dazu, weshalb ein spannender, kontroverser und vor allem enger Kampf im Mittelfeld programmiert ist.

Yuki Tsunoda überzeugt am dritten Testtag mit der zweitschnellsten Rundenzeit, Foto: LAT Images
Yuki Tsunoda überzeugt am dritten Testtag mit der zweitschnellsten Rundenzeit, Foto: LAT Images

8. Sprint-Qualifying für mehr Spannung?

Kaum ein Thema wurde in den vergangenen Wochen so intensiv behandelt wie die Einführung von sogenannten Sprintrennen beziehungsweise Sprint-Qualifyings. Geplant ist, dass diese 100 Kilometer langen 'Mini-Rennen' 2021 in Silverstone, Monza und Interlagos ausgetragen werden und die Startaufstellung des Hauptrennens bestimmen sollen.

Die Sprintrennen selbst sollen dabei am Samstag stattfinden, die Startaufstellung soll durch ein klassisches Qualifying am Freitag ermittelt werden. Damit die Piloten während eines Sprintrennes allerdings nicht zu vorsichtig fahren, um keine Kollisionen zu riskieren, die das Ende des Feldes für den Start des Hauptrennens bedeuten könnten, sollen die Top-3 des Sprint-Qualifyings Punkte nach einem 3-2-1-System erhalten.

Ziel dieses Formats soll es sein, ein Rennwochenende spannender und unberechenbarer zu gestalten, zumal das Qualifyingsystem seit 2006, bis auf das kurzlebige "Reise nach Jerusalem"-Experiment 2016, nahezu unverändert blieb. Die tatsächliche Einführung von derartigen Sprintrennen wurde noch nicht finalisiert, rückt allerdings immer näher. Das i-Tüpfelchen für eine Saison, die auch so schon verspricht, eine der spannendsten seit langer Zeit zu werden.