Déjà-vu in der Formel 1. Wie schon im Vorjahr kommen die von Reifenmonopolist Pirelli für die folgende Saison entwickelten Prototypen bei zahlreichen Fahrern alles andere als gut weg. Im Freien Training in Bahrain ließ Pirelli alle Teams die finalen für 2021 geplanten Konstruktionen testen. Diesmal nicht blind wie noch in Portimao - die Teams wussten genau, um welche Mischungen es sich handelte.

Neben Lewis Hamilton, der als klarer Wortführer aller Kritiker zu einem regelrechten Rundumschlag gegen Pirelli ausholte, zeigten sich gleich mehrere Piloten wenig begeistert. Vor allem Sebastian Vettel formulierte seine Kritik dabei in nahezu ähnlicher Schärfe wie der amtierende Weltmeister.

Sebastian Vettel: Viel schlechter als aktuelle Reifen

„Sie waren kein Schritt nach vorne. So ziemlich das Gegenteil davon“, wetterte Vettel. „Vielleicht war es einen Versuch wert, aber ich hoffe, dass wir diese Reifen nicht wiedersehen. Sie sind sehr viel schlechter als die Reifen, die wir gerade haben.“

Deshalb hofft Vettel nun auf ein weiteres Déjà-vu. Ende 2019 waren die Neuentwicklungen Pirellis für 2020 bei einem Abschlusstest derart durchgefallen, dass die 2019er Reifen letztlich unverändert auch 2020 eingesetzt werden. Geht es nach Vettel, kommt es nun erneut so. „Wenn das die einzige Option ist [um nicht die in Bahrain getesteten Prototypen verwenden zu müssen], dann absolut“, sagte Vettel.

Wie im Vorjahr: Vettel will alte Reifen behalten

Vettel weiter: „Dann würde ich es lieben, bei diesen Reifen zu bleiben. Solange wir keinen Reifen haben, der uns etwas anderes gibt als der gegenwärtige - weniger Überhitzen und bessere Chancen, gegeneinander zu kämpfen - dann sollten wir keinen anderen Reifen benutzen. Der hier ist ganz sicher schlechter und wird alle Probleme, die wir schon haben, nur noch vergrößern!“

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Diese Hoffnung nahm Pirellis F1-Leiter Mario Isola dem Deutschen noch am selben Abend. „Wir haben unseren Job gemacht: Wir haben einen Reifen entwickelt, der mechanisch widerstandsfähiger ist. Wir werden nicht erneut auf den alten Reifen zurückgreifen“, sagte Isola. Genau das war nämlich die Mission mit den neuen Reifen - nachdem die aktuellen Pneus in Silverstone bereits mit den enormen Kräften der immer schnelleren Formel 1 überfordert waren. Auch wenn die Aerodynamik 2021 beschnitten wird und die Fahrer erneute Kritik äußerten, will Pirelli an seinen Reifen festhalten.

Ricciardo & Albon finden Reifen zu langsam, Verstappen irritiert

Daniel Ricciardo gab sich zumindest halbwegs diplomatisch. „Sie waren okay. Sie waren etwas langsam. Aber ich bin auch nicht so sicher, was wir von ihnen erwarten sollen. Sie sollen vor allem stabiler sein, denke ich - nach dem, was wir in Silverstone erlebt haben. Aber vor allem vorne fehlte etwas Grip“, sagte der Australier. Renault-Teamkollege Esteban Ocon registrierte nicht einmal einen allzu großen Unterschied. „Es fühlte sich nicht meilenweit weg an“, sagte der Franzose.

Anderer Meinung waren neben Vettel und Hamilton noch eine Reihe anderer Fahrer. „Nicht sehr gut. Ganz gewiss nicht schneller“, sagte Kevin Magnussen. „Sie sind langsam und bieten nicht sehr viel Grip. Ich glaube, sie waren mehr als eine Sekunde davon entfernt, was wir jetzt haben“, kritisierte Alexander Albon. Auch Red-Bull-Kollege Max Verstappen zeigte sich nicht angetan, fast schon irritiert: „Wir waren etwas durcheinander, was Grip und Balance anging. Wir schauen das an und sprechen darüber mit Pirelli.“

Fahrer mit Rest-Hoffnung: Hilft Setup-Anpassung?

Auf einer Linie mit Ocon befanden sich allerdings auch einige Piloten. „Sie sind etwas kniffliger zu fahren, aber es ist kein großer Unterschied, nicht wie Tag und Nacht. Es ist kein ganz anderer Reifen“, sagte Lando Norris. „Es war nicht völlig anders. Der Grip fühlte sich ähnlich an“, sagte Daniil Kvyat.

Pirelli verteidigte seine neuen Pneus unterdessen auch damit, dass die ihre Boliden noch gar nicht auf den neuen Reifen ausrichtet hätten. „Sie haben das Setup noch gar nicht auf die neuen Reifen angepasst. Den Teams ging es in erster Linie darum, Daten zu sammeln. Vor allem auch bei der Aerodynamik, weil der Vorderreifen ein neues Profil hat“, sagte Isola.

Genau deshalb sieht zumindest ein Teil der Fahrer noch einen Hoffnungsschimmer. „Wir müssen die Balance des Autos noch ideal dafür anpassen“, sagte Williams-Pilot Nicholas Latifi. „Es ist kein großer Unterschied. Der neue Reifen ist vielleicht etwas langsamer, aber wir können damit auch noch etwas lernen“, bestätigte Mercedes‘ Valtteri Bottas.

Lance Stroll: „Es fühlte sich im ersten Moment nicht gut an, aber wir sind auch noch früh dran.“ AlphaTauris Pierre Gasly stimmte zu: „Es ist ein kleiner Unterschied, es ist nicht wie Tag und Nacht, aber das Gefühl ist schon etwas anders. Wir müssen jetzt das Setup überdenken, wie wir damit dann das Maximum herausholen können.“

Positiver Kommentar? „Nächste Frage!“

Einen mehr als neutralen, also positiven Kommentar suchte man im Fahrerlager allerdings vergeblich. Selbst auf direkte Nachfrage an George Russell nicht. Frage: „Irgendetwas Gutes zu den 2021er Pirelli-Reifen?“ Russell: „Nächste Frage!“