Ein spätes Safety Car stellte den Imola-GP der Formel 1 zwölf Runden vor Schluss auf den Kopf. Einige Fahrer holten sich neue Reifen, andere stoppten nicht und pokerten. Wie George Russell: Der Williams-Pilot blieb auf fast 40 Runden alten Hard-Reifen draußen und fand sich plötzlich auf dem zehnten Platz wieder.

Die Chance für Russell, der in keinem seiner 33 GPs davor gepunktet hatte. Und er verwandelte sie nicht: Beim Anwärmen der Reifen verlor Russell noch hinter dem Safety Car die Kontrolle über seinen Williams und crashte in die Wand. Aus war der Traum vom ersten Punkte-Ergebnis der Karriere, und Russell war ganz allein selbst schuld. Er kann es kaum glauben.

Russell selbst schuld: Imola-Crash größter Fehler, amateurhaft

"Am Ende des Safety Cars gab ich alles, um die Reifen im Fenster zu halten", erklärt der niedergeschlagene Russell. "Ich versuchte, das Limit zu finden. Entschuldigungen gibt es keine. Dort habe ich eine kleine Bodenwelle beim Gangwechsel getroffen, und dann war ich schon in der Wand, bevor ich es retten konnte."

Für ein paar Minuten lehnte Russell danach einfach nur am Zaun. Er winkte die Streckenposten weg, wollte allein sein: "So ein amateurhafter Fehler. Ich konnte fast nicht glauben, dass es passiert war."

"Das ist wahrscheinlich der größte Fehler, den ich je in meiner Karriere gemacht habe", meint er. "Ich trete mich nur noch mehr, denn wenn du in Nachwuchsserien einen Fehler machst oder einen Sieg verlierst, geht es weiter zum nächsten." In der Formel 1 ist das anders - Williams hat nicht die absolute Pace, um immer im Punktekampf mitzumischen. Chancen wie in Imola gibt es nur selten.

Russell glaubt: Hätten Gegner im Punktekampf niederringen können

Aber war es überhaupt eine Chance? "Wir wussten, dass es sehr schwierig sein würde, Sebastian und Kimi aufzuhalten", gesteht Russell. Räikkönen und Vettel lauerten hinter ihm mit deutlich jüngeren Reifen. "Deshalb habe ich so hart gepusht. Ich sah die Reifentemperatur abstürzen, und sie waren auf neuen, heißen Reifen."

"Aber ich glaube, es ging", meint Russell. "Wir hatten ausreichend Vorteil auf der Geraden, um sie zu halten. Es wäre schwierig geworden, aber ich glaube, dass wir sie hätten aufhalten können." An der Spitze des Feldes bewies Daniel Ricciardo mit seinem Podium, dass es durchaus realistisch war, auf Hard-Reifen den Neustart zu meistern.

Russell verschenkt wieder Punkte-Ergebnis: Nicht drauf rumreiten

Russell verlässt Imola nach dem Crash mit 34 Formel-1-Rennen und null Punkten auf dem Konto. Damit zieht er in der Liste der längsten Punktelos-Serien mit dem Amerikaner Brett Lunger gleich und belegt Platz fünf. Und nicht zum ersten Mal hat er eine Chance vergeben: 2019 rutschte er sich im verregneten Deutschland-GP kurz von der Strecke schenkte seinem Teamkollegen Robert Kubica den Platz. In Mugello verlor er in diesem Jahr den letzten Neustart und scheiterte dann an Sebastian Vettel.

"Aber das ist ultimativ kein Gewicht auf meinen Schultern", wehrt Russell ab. "Natürlich gab es ein paar verpasste Chancen, das frustriert. Aber als Rennfahrer schaust du auf das große Ganze, und als Rennteam wollen wir legitim diese Ergebnisse einfahren. Und so war es heute. Gut, Verstappen und Gasly sind ausgefallen, aber wir haben legitim für den Großteil des Rennens um Platz zwölf gekämpft."

"Darauf können wir stolz sein, seit dem Vorjahr haben wir tolle Fortschritte gemacht", meint Russell. Seit mehreren Rennen hat Williams ein besseres Verständnis von Auto und Setup, Russell selbst ist regelmäßiger Gast im zweiten Qualifying-Segment.

"Ich denke, das Team hat dieses Wochenende einen Wahnsinns-Job gemacht, es gab viele positive Dinge, die uns in diese Position gebracht haben. Da waren wir auch, weil wir aggressiv waren und nichts verstreichen haben lassen. Leider ist das nicht nur der Grund, warum wir so weit gekommen sind - sondern auch der Grund, warum es so endete."

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