Die Formel 1 zog in Australien kurz vor dem ersten Training am Freitag die Notbremse. Die Absage des Rennens am Sonntag in Melbourne aufgrund der Situation rund um das Coronavirus schien nach der Anreise des gesamten Zirkus zunächst wie ein Ding der Unmöglichkeit. Etwas, wofür es von Weltmeister Lewis Hamilton scharfe Kritik gab. Doch diese weist Liberty Media CEO Chase Carey entschieden zurück.

"Ich denke, wenn Geld die Welt regiert, hätten wir diese Entscheidung heute nicht getroffen", so der US-Amerikaner in einer im Zuge der Absage einberufenen Pressekonferenz im Albert Park. Hamilton hatte die Entscheidung nach Australien zu reisen bereits am Medientag verurteilt, warf den Verantwortlichen Geldgier vor.

Für den Mercedes-Pilot wurde die weltweite Krisensituation von Liberty Media, FIA und Promoter bewusst ignoriert, um den Auftakt aus kommerziellen Gründen mit aller Gewalt über die Bühne zu bringen. Doch Carey widerspricht in diesem Punkt.

Formel 1 widerspricht Hamilton: Verträge bei Coronakrise nicht entscheidend

"Ich denke nicht, dass die Verträge hier ausschlaggebend waren", sagt er. Als die Formel 1 entschied, den Grand Prix in Australien abzuhalten, wurde dies anhand einer individuellen Beurteilung der Lage festgemacht. "Im Nachhinein siehst du die Dinger natürlich immer anders. An vielen Orten der Welt war die Situation vor 24 oder 48 Stunden noch eine ganz andere", so Carey.

Dass andere Weltmeisterschaften wie die MotoGP zum Zeitpunkt der Entscheidung für Australien bereits Rennen in Übersee absagten, spielte für die F1 bei der eigenen Bewertung der Situation zunächst keine Rolle: "Wir wollten einfach alles berücksichtigen. Die Situation in Australien ist natürlich ganz anders als die in den USA oder in Europa."

Formel 1 2020, Melbourne: Warum fiel die Entscheidung so spät? (11:39 Min.)

Formel 1 verteidigt Zusage für Australien GP

In Melbourne sprach vor einer Woche noch nichts dagegen, den F1-Tross um den gesamten Erdball nach Down Under reisen zu lassen. Während China als Epizentrum des Virus schnell verschoben wurde und andere Länder wie Qatar bereits Einreisesperren verhängten, ging in Australien alles seinen geregelten Gang: "In der Vorlaufzeit als wir die Entscheidung getroffen haben, hierherzukommen, wurden hier noch große Events abgehalten."

Dementsprechend will sich die Formel 1 den Schuh nicht anziehen, unverantwortlich gehandelt zu haben. "Ich denke, wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen, hierher zu kommen. Wir haben das Gefühl, dass wir mit all unseren Partnern gut zusammengearbeitet haben um zu dieser Entscheidung zu kommen", sagt Carey.

Infizierter McLaren-Mitarbeiter führte zur Absage in Melbourne

Gekippt sei die Situation erst am Donnerstag vor dem Rennwochenende, als ein McLaren-Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet wurde: "Wir können nicht kontrollieren, wie gewisse Ereignisse verlaufen, wie die Infektion die hier festgestellt wurde. Die Infektion des McLaren-Mitarbeiters war sicherlich eine."

Genauso wie vor einer Woche die Situation evaluiert wurde, habe man auch nach diesem Vorfall sämtliche Aspekte in Betracht gezogen um nicht im Sinne des Geschäfts sondern im Sinne der Menschen eine richtige Entscheidung zu treffen.

"Es ist in dieser Situation wichtig, so viel Input wie möglich von Experten und unterschiedlichen Stellen einzuholen, und die Kommunikation mit allen involvierten Parteien sicherzustellen", so Carey. "Du musst diese Probleme in Echtzeit angehen."

Dass die Formel 1 bei ihrer Rolle rückwärts nicht die beste Figur machte und vielerorts Verärgerung herrscht, liegt für ihn in der Natur dieser außergewöhnlichen Situation: "Es ist eine noch nie dagewesene Situation, jedenfalls für mich. Ich habe so etwas noch nie miterlebt, dieses Ausmaß und diese Unvorhersehbarkeit."