Die Formel 1 trotzt dem Coronavirus in Australien mit aller Macht. Nachdem China früh verschoben wurde und anderen Rennen wie Vietnam oder Zandvoort die Absage droht, scheint der Auftakt 2020 von der weltweiten Krise völlig unbeeinträchtigt. Der Grand Prix soll am Sonntag wie geplant mit vollem Haus über die Bühne gehen. Für Weltmeister Lewis Hamilton ein Unding. Der Mercedes-Star übt scharfe Kritik an den Verantwortlichen.

"Ich bin heute hierher gekommen und musste sehen, das alles läuft als wäre es ein ganz normaler Tag. Aber ich denke, das ist keiner", so der 35-Jährige im Vorfeld des ersten der im Kalender 2020 ursprünglich geplanten 22 Rennen. Während MotoGP, Formel E und andere Rennserien Veranstaltungen rund um den Globus aufgrund der Coronavirus-Pandemie absagten, vermied die F1 diesen Schritt bisher.

Die Frage der Gründe für dieses Vorgehen stellt sich Hamilton nicht wirklich. "Geld regiert die Welt...", kann sich der Brite eine scharfzüngige Bemerkung doch nicht verkneifen. "Nein, ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich mich mit meiner Meinung zurückhalten sollte."

Formel 1 2020: Geldgier! Hamilton kritisiert FIA & F1 (08:58 Min.)

Hamilton kritisiert keine Reaktion der Formel 1 auf Coronavirus

Am Mittwoch wurden drei Mitarbeiter von Haas und McLaren mit Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus isoliert. Tags darauf folgten aus den Reihen der US-Amerikaner zwei weitere Personen, die vorsorglich aus dem Verkehr gezogen wurden. "Ich habe gehört, dass es zufällig fünf Tage dauert, bis die Ergebnisse da sind", feuer Hamilton gleich die nächste Salve ab.

Für ihn ist klar: das Rennen wird mit aller Gewalt durchgezogen. Er empfindet das Handeln von Liberty Media, FIA und Promotern als unverantwortlich: "Es scheint so, als ob der Rest der Welt schon ziemlich spät reagiert hat. [Donald] Trump hat heute erst die Grenzen zwischen Europa und den USA geschlossen, die NBA wurde eingestellt aber die Formel 1 macht einfach weiter."

Hamilton denkt an Risikogruppen

Die Freude am Sport rechtfertigt die Reise nach Australien für ihn genauso wenig wie die von ihm zuvor angeprangerten geschäftlichen Interessen. "Es ist toll, dass wir Rennen haben, aber es ist schockierend, dass wir jetzt alle hier zusammensitzen und dort draußen heute schon so viele Fans sind", sagt er.

Er selbst habe sich auf seinen Flügen nach Down Under zwar nicht bedroht gefühlt, wollte aber dennoch kein unnötiges Risiko eingehen. "Ich habe nur sichergestellt, dass ich alle Vorsichtsmaßnahmen treffe, nichts berühre und Handreiniger benutze", erklärt er. Kritischer sieht er die Situation ohnehin für andere Menschen.

"Ich habe Jackie Stewart heute Morgen im Aufzug getroffen, er sah fit und gesund aus. Auch am Eingang ins Fahrerlager habe ich ein paar ältere Leute gesehen, und ich denke es ist für diese Leute besorgniserregend", so Hamilton. "Wir sind ein großer Zirkus der hierher reist, also betrifft es mich auch."

Formel 1 2020: Erste Eindrücke aus Melbourne (08:58 Min.)

Hamilton in Sorge um Fans: Hoffentlich keine Todesfälle

Seine größte Sorge betrifft die Zuschauer. Während das Fahrerlager sich auch in Zeiten ohne Pandemie erfolgreich von der Außenwelt abschottet, werden am Wochenende auf den Tribünen des Albert Park Circuit rund einhunderttausend Fans erwartet, welche sich der Natur einer Großveranstaltung üblich dadurch einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen.

"Fakt ist, dass wir jetzt hier sind. Ich bitte jeden eindringlichst darum, wirklich so vorsichtig wie möglich zu sein", so Hamiltons Appell an Melbourne. "Ich hoffe, dass die Fans Vorsichtsmaßnahmen treffen und ihnen nichts passiert, und dass wir ohne irgendwelche Todesfälle durch das Wochenende kommen."