Mercedes und Spielberg - das passt einfach nicht mehr. Nach dem desaströsen Doppelausfall im Vorjahr erwischten die Silberpfeile auch in der 2019er Ausgabe des Formel-1-Rennens in Österreich alles andere als ihre Galaform der bisherigen F1-Saison. Statt den alten McLaren-Rekord für die meisten Siege eines Teams in Folge zu egalisieren, gewann zum ersten Mal überhaupt in diesem Jahr kein Mercedes.

Warum? Der Grund ist genauso schlicht wie bitter. Mercedes konnte seine eigentliche Performance längst nicht auf die Strecke bringen. Kühlungsprobleme. Große Kühlungsprobleme. Silber zollte den unfassbar heißen Sommertemperaturen Tribut. Erst 20 Sekunden nach Rennsieger Max Verstappen überquerten Valtteri Bottas als Dritter und Lewis Hamilton als Fünfter die Ziellinie.

Hamilton, Bottas: Ohne Hitze hätten wie die Pace gehabt

"Unsere Pace war eigentlich gar nicht viel anders [als die von Ferrari und Red Bull], aber sobald wir anfangen musste, die Temperaturen zu managen konnten wir nicht mehr aufholen", berichtet Bottas.

Hamilton spricht deshalb von einer Unmöglichkeit in den Kampf um den Sieg einzugreifen. "Sonst hätten wir die Pace gehabt", meint auch Hamilton. "Aber leider war es jetzt so wie es war."

Hamilton schildert: Schon bei 400 Metern Lift & Coast!

Der Brite schildert die Ausmaße der Probleme plakativ: "Wir haben jede Runde um 400 Meter und mehr Lift & Coast betrieben. Es ist eine gute Strecke zum Überholen. Aber so kannst du natürlich niemandem nahe genug kommen. So sollte die Formel 1 nicht sein. Wir waren so weit weg. Ich weiß nicht, warum wir diese Probleme hatten und die anderen nicht."

Toto Wolff weiß es schon. "Wir wussten, dass das unsere Achillesferse ist und heute hat das hervorgestrichen. Wir schleppen dieses Problem seit Saisonbeginn mit uns, haben versucht, den Performanceverlust dadurch zu mildern", sagt der Mercedes-Teamchef.

Toto Wolff: Schmerzhaft, nur zu cruisen

"Aber am Ende war es echt schmerzhaft, uns nur cruisen zu sehen, unsere Positionen nicht verteidigen zu können. Wir konnten mit unserem Auto gar nicht richtig Rennen fahren und haben einfach nur versucht es am Leben zu halten."

Grundlegend hätte der Silberpfeil sonst durchaus die Pace für Saisonsieg Nummer neun gehabt. Doch musste Mercedes eben viel zu sehr für die Kühlung trimmen. "Wir sind den Motor deutlich heruntergedreht gefahren", schildert Wolff. "400 Meter Lift & Coast. Das ist fast als hättest du kein Gas und würdest bergab nur rollen lassen. Aber wir konnten trotzdem noch einigermaßen ordentliche Zeiten fahren."

Motor drastisch runtergedreht, Bodywork nur wegen Sponsoren drangelassen

Doch war es nicht nur der Motor. Auch ans Bodywork musste Mercedes deutlich Hand anlegen, öffnen, was zu öffnen ist. Mehr sei nicht mehr möglich gewesen, so Wolff. "Der nächste Schritt wäre gewesen, das gesamte Bodywork zu entfernen. Aber das war keine Option, weil das den Sponsoren nicht gefallen hätte", sagt Wolff mit einer gehörigen Portion Sarkasmus. "Es war am Limit. Mehr konnten wir nicht tun. Was wir getan haben, hat die Performance bereits sehr beschädigt."

Wie dramatisch die Probleme waren verdeutlicht zudem Wolffs Aussage, wie warm es hätte sein müssen, um entspannt fahren zu können. "In Paul Ricard war 28 Grad das Limit, also so 26, 27." In Spielberg wurden jedoch bis zu 35 Grad gemessen. Ähnliches wird angesichts der aktuellen Hitzewelle in Europa auch für die kommenden Rennen erwartet. Muss sich Mercedes also längerfristig sorgen?

Hitzewelle in Europa: Mercedes langfristig in Trouble?

Auf jeden Fall. "Aber die Frage ist nicht, ob oder wie wir reagieren. Wir werden reagieren", verspricht Wolff. Man könne sich immerhin nicht darauf verlassen, dass zumindest in Silverstone typisch englisches Wetter herrsche.

Als wäre all das des Übels noch nicht genug gewesen erlitt Lewis Hamilton auch noch einen Schaden an einem Flap seines Frontflügels. "Der ist genauso kollabiert wie schon im Training. Vorne links", bestätigt Wolff. Das habe zunächst zusätzlich Performance gekostet, dann auch beim Stopp für den Frontflügelwechsel weitere Zeit.

"Wir konnten unser Auto heute also insgesamt nicht fahren, sondern nur rumcruisen", hadert Wolff. Mehr als P2-P4 habe er vor dem Rennen aber ohnehin nicht mehr erwartet. "Dritter und Fünfter ist nun eben etwas schlechter. Als wir Zweiter und Dritter waren, weil Max am Start ein Missgeschick unterlaufen ist, war das mein Best-Case-Szenario.