Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Es ist einfach immer eine Freude, Sie im Formel-1-Paddock wiederzusehen. Gerade haben wir hier aber nicht allzu viele gute Neuigkeiten im Fahrerlager ...
Bernie Ecclestone: Ich weiß nicht ...

Wir diskutieren die ganze Zeit über die Fahrweise und Strafen ... Wie sehen sie das alles?
Bernie Ecclestone: Das Problem ist, dass die Leute glauben, zu intelligent zu sein und eine Meinung zu allem haben zu müssen. Die meiste Zeit wissen sie gar nicht wirklich, worüber sie da reden. Aber sie glauben, eine Meinung zu haben.

Wen meinen Sie damit. Die Journalisten, die Fahrer, Ex-Fahrer oder die Stewards?
Bernie Ecclestone: Die Stewards müssen eine Meinung haben. Dafür sind sie da. Die Journalisten müssen über etwas schreiben. Es ist also schwierig. Sobald etwas passiert, das ein bisschen anders ist, wird das gedruckt. Einfach weil es abweicht.

Aber auf der Strecke passiert nicht mehr so viel anderes ...
Bernie Ecclestone: Ja - und das ist das Problem. Niemand schreibt mehr darüber. Ich meine ... es sollte doch um Spekulation gehen. Dass ein halbes Dutzend Leute dieses Rennen gewinnen können. Aber wir wissen, dass das nicht passieren wird. Also über zu was zur Hölle soll ein Journalist sprechen?

Immerhin Ihr guter Freund Sebastian liefert uns etwas guten Stoff, über den wir schreiben können ...
Bernie Ecclestone: Ja! Ja! (lacht)

Sebastian Vettel, Foto: Ferrari
Sebastian Vettel, Foto: Ferrari

Unglücklicherweise zu viele Fehler. Vergangenes Jahr meinten Sie, er werde von Ferrari, vom Team nicht geliebt. Denken Sie, dass das noch immer der Grund ist?
Bernie Ecclestone: Nein. Ich gehe davon aus, dass sein Auto nicht so gut ist wie der Mercedes. Damit musst du erst einmal klar kommen. Und dann hast du da Lewis, der seit Jahren einer der Besten - wenn nicht der Beste - ist. Damit musst du umgehen können. Und das ist nicht leicht für ihn.

Ecclestone zu Hamilton: Das Beste - und das Schlechteste

Ist Lewis zu gut für die Formel 1?
Bernie Ecclestone: Lass' es mich einmal so sagen: Er ist das Schlechteste und Beste, das der Formel 1 je passiert ist. Das Beste, weil er jede Menge Publicity bekommt. Aber die richtet sich komplett auf ihn, nicht auf die Formel 1 oder andere Leute. Das ist wiederum schlecht. Aber für ihn ist das gut.

Das ist ziemlich anders als bei Michael [Schumacher]. Denn er bekam auch viel Publicity, aber die ganze Publicity kam auch der Formel 1 zugute …
Bernie Ecclestone: Ja, genau das meinte ich. Aber es ist nichts falsch an dem, was Lewis macht. Es ist ja gut für ihn. Er will sich ein Denkmal errichten, bevor er aufhört.

Ecclestone: Demokratie plus Formel 1 geht nicht

Gerade vermisst die Formel 1 auch Sie persönlich sehr.
Bernie Ecclestone: Ja?

Ja. Denn wenn wir uns nur ansehen, was so alles hinter den Kulissen passiert. Wenn wir von den Regeln für die Zukunft sprechen. Das war das größte Projekt der Amerikaner, als sie in die Formel 1 kamen. Aber es sieht so aus, als würde sich nichts ändern.
Bernie Ecclestone: Sie tun mir leid. Sie haben eine Bilanz gekauft. Sie haben gedacht, ein Achtzigjähriger hätte die Dinge noch immer so getan wie vor 30 oder 40 Jahren. Sie dachten, sie könnten da einen viel besseren Job machen. Aber dann sind sie gekommen und haben festgestellt, dass das alles doch nicht so leicht ist. Deshalb tun sie mir leid.

Das Problem ist doch, wenn man sich die Formel 1 als Ganzes ansieht, dass einige Dinge falsch aussehen. Aber das ist ja aus den richtigen Gründen so entstanden. Denn Sie mussten Ferrari irgendwie halten, deshalb haben sie diesen Bonus behalten und so weiter.
Bernie Ecclestone: Ja. Das ist nicht leicht auszusortieren. Aber das muss es. All diese alten Regeln, Regularien und Abkommen müssten weg und man müsste ganz von vorne anfangen, um zu sehen, was geschieht.

Hätten Sie denn eine Lösung?
Bernie Ecclestone: Es gibt viele Lösungen. Du brauchst jemanden, der es in die Hand nimmt. Alles was sie zu tun scheinen - nicht nur die Liberty-Leute, sondern alle - ist, jede Menge Meetings abzuhalten und mit vielen Leuten nach Lösungen zu suchen. Die werden sie so aber nie bekommen. Diese Demokratie ist keine gute Sache.

Und Sie liefern Mineralwasser für die Meetings? (zwinkert)
Bernie Ecclestone: (lacht)

[Ecclestone gilt als großer Kritiker der Meetings, sagte eins, er wäre gerne der Mineralwasserversorger, weil bei den stundenlangen Treffen lediglich getrunken und ein neuer Termin vereinbart werde.]

Ecclestone trauert um Deutschland-GP

Noch eine letzte Frage zum Deutschland GP. Ich weiß, dass Sie immer ein großer Unterstützer des Deutschland GP waren. Für Georg Seiler ist es nun das letzte Jahr im Amt und es sieht auch so aus, als würde es keinen Grand Prix mehr geben.
Bernie Ecclestone: Das ist echt traurig. Denn es gibt keinen Grund dafür. Also schon: Der Grund ist ja ganz einfach. Niemand findet das nötige Geld. Es geht darum, ob der kommerzielle Rechteinhaber glaubt, dass er einen Deutschland GP haben sollte und dass er den unterstützen sollte.

Würden Sie mit der Antrittsgebühr runter.
Bernie Ecclestone: Nun, ich habe es finanziell immer unterstützt. Denn wir brauchen das. Darum muss man sich kümmern.

Bernie Ecclestone wünscht sich ein Fortbestehen des Deutschland-GPs, Foto: Sutton
Bernie Ecclestone wünscht sich ein Fortbestehen des Deutschland-GPs, Foto: Sutton

Der Traum von Georg Seiler ist, dass sie als Promoter helfen. Gibt es eine Chance?
Bernie Ecclestone: Er hört dieses Jahr auf, nicht wahr? Im August.

Ja, das ist sein letzten Rennen.
Bernie Ecclestone: Dann werde ich versuchen, da zu sein, um Goodbye zu sagen.