Der ein oder andere im Fahrerlager sieht Sebastian Vettels Karriere nach dem zweiten Rennen der Saison 2019 schon in Gefahr. In Bahrain war er das gesamte Wochenende mit Problemen unterwegs und vor allem auch langsamer als Teamkollege Charles Leclerc. "Die Formel 1 ist ein schnelllebiges Geschäft", schränkt der Monegasse jedoch selbst ein. "Nach Melbourne hatte mich niemand auf der Rechnung, jetzt jeder. Abwarten..."

Doch Abwarten kann Vettel nicht. Ferrari zeigte in Bahrain zwar ein gänzlich anderes Gesicht als noch in Melbourne und war Mercedes in Qualifying und Rennen überlegen, allerdings nur der Ferrari mit der Startnummer 16. Leclerc hätte den Sieg ohne Motorprobleme locker nach Hause gefahren, Vettel verlor im Kampf gegen Lewis Hamilton erst sein Auto und dann viele Punkte.

"Ich weiß, dass ich es besser kann", gibt sich Vettel selbstkritisch. Doch allzu weit will der viermalige Weltmeister nicht gehen: "Ich habe in Bahrain schon ein paar Mal gewonnen, ich weiß, wo es dort langgeht. Wir haben beim Test etwas mit dem Setup gespielt und das war hilfreich. Aber normalerweise änderst du nicht deinen Fahrstil."

Vettel und Leclerc nicht auf demselben Dampfer

Heißt: Das Setup muss in Richtung Vettel kommen und nicht umgekehrt. Der Test nach dem GP war ein Glücksfall für den Deutschen. "Wir konnten dort Dinge ausprobieren, die wir am Rennwochenende nicht können, weil es lange dauert, sie umzubauen", verrät er. "Weil die Bedingungen beim Test anders waren, hat man aber keine eindeutige Antwort."

Während sich Vettel das ganze Wochenende in Bahrain über das Heck beschwerte, war Leclerc von Beginn an zufrieden. "Wir beide haben sehr unterschiedliche Fahrstile", erklärt Leclerc. "Wir haben eine andere Balance, wir wollen nicht das gleiche Auto."

Formel 1 2019: Brennpunkte vor dem China GP: (07:08 Min.)

Vettel einsichtig: Leclerc in Bahrain einfach schneller

Für Vettel geht es um viel: Vielleicht nicht unbedingt um die Karriere, aber zunächst einmal um die Vorherrschaft im Team. Teamchef Mattia Binotto schickte ihn als leichte Nummer eins in die Saison.

Doch dass Vettel mit Leclerc kein leichtes Spiel haben würde, zeigte der Monegasse spätestens in Bahrain, als er an Vettel vorbeiging - obwohl in der Kommandostand dazu anhielt, noch zwei Runden zu warten. "Ich habe in Melbourne gezeigt, dass mir das Teamergebnis wichtig ist", verteidigt sich Leclerc. Beim Saisonauftakt griff er Vettel nicht an, obwohl er gegen Rennende im deutlich schnelleren Auto saß.

"Aber ich gehe auf der Geraden nicht vom Gas", erklärt der Youngster seinen schnellen Angriff und fügt an: "Die Gelegenheit war da und es war ein sicherer Move." Vettel dreht seinem Teamkollegen keinen Strick daraus, auch wenn seine Gegenwehr auf der Strecke vehementer schien als sie verbal erscheint: "Es war ziemlich klar, dass er schneller war. Ich hätte auf der nächsten Geraden kontern können, aber das hätte uns nur beide Zeit gekostet."

Ferrari-Piloten relativieren Favoritenrolle

Obwohl die Konkurrenz da ist, scheint die Chemie zwischen den beiden zu passen. "Wir wollten uns von Anfang an gegenseitig schlagen, aber wir haben einen guten Kompromiss zwischen einem Kampf auf der einen und einer Zusammenarbeit auf der anderen Seite", meint Leclerc.

Die Zusammenarbeit ist auch nötig, denn in der WM hinkt Ferrari trotz des offenbar besseren Paketes hinter Mercedes her. "Im einen Rennen waren wir zuverlässig aber die Pace hat uns gefehlt, im anderen hatten wir die Pace aber die Zuverlässigkeit hat uns gefehlt. Ich hoffe, dass wir hier von beidem das richtige haben", scherzte Vettel.

Prognosen will vor dem China GP aber niemand abgeben. "Es ist die dritte Strecke und alle sind unterschiedlich", gibt sich Leclerc bedeckt. Kann Ferrari die Stärke auf den Geraden in China ausspielen? Die längste Gerade auf dem Shanghai International Circuit misst mehr als 1,2 Kilometer. "Aber es gibt auch noch mehr als Geraden", relativiert Vettel.