Regeländerungen gibt es in der Formel 1 jedes Jahr. Auch zur Saison 2019 wurde am Regelwerk wieder Hand angelegt. Meistens handelt es sich dabei aber nur um Feinschliff. 2009 und 2014 gab es zuletzt größere Regeländerungen - im Vergleich zu dem, was die Formel 1 2021 erwartet, sollen diese Revolutionen allerdings mickrig sien.

2021 wird alles neu, die gesamte Fahrzeugphilosophie wird neu gedacht. Wie genau, das steht noch in den Sternen. Die Formel 1 arbeitet mit Hochdruck daran, die perfekten Regeln zu formen. Die Teams erhielten dafür unlängst unbegrenzte CDF-Kapazitäten, um ihren Beitrag für 2021 leisten zu können.

Ein Teil der Regel-Revolution sollte auch die Motoren betreffen. Die 2014 eingeführten Power Units wurden von vielen Beteiligten als der Grund allen Übels ausgemacht. Liberty Media hatte deshalb angekündigt, die Power Units für 2021 grundlegend überarbeiten zu wollen.

Motoren-Revolution 2021 abgesagt

Billiger, lauter und stärker sollten sie werden. Die MGU-H, das Energierückgewinnungssystem am Turbolader, sollte verschwinden. Zahlreiche Bauteile sollten standardisiert werden. Doch vom einstigen Plan ist heute nicht mehr viel übrig. Aller Voraussicht nach ändert sich an den Antriebseinheiten für 2021 nicht viel.

Die Power Units bleiben im Wesentlichen unverändert. Die 1,6 Liter V6-Motoren bleiben, auch die beiden Energierückgewinnungssysteme bleiben. "In Bahrain hat es geheißen, okay, wir haben alles, und jetzt sind wir nicht viel weiter als es in Bahrain war. Klar [ist man enttäuscht]", sagte Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Grund für das Zurückrundern sind Mercedes, Renault, Honda und Ferrari. "Die Zugbrücke wurde von den involvierten Herstellern nach oben gezogen und sie wollen, dass niemand mehr kommt", sagte Formel-1-Boss Ross Brawn im Interview mit der offiziellen F1-Website.

FIA verteidigt Motoren: Lieber Hersteller halten

Die Regeln sollten unter anderem geändert werden, um interessierten Herstellern den Einstieg zu erleichtern. FIA Präsident Jean Todt allerdings erklärte, warum diese Herangehensweise falsch gewesen wäre: "Es ist schon ein Erfolg, dass wir vier Hersteller haben. Das sind bei zehn Teams nur 2,5 Kunden pro Hersteller. Die Priorität musste sein, dass wir diese Hersteller halten. Und wenn wir für die vier etwas ändern, nur um einen anzulocken, dann wäre das für die bestehenden Hersteller sehr unfair. Sie haben Investitionen getätigt."

Wenig später kam die Absage von Porsche. Die Zuffenhausener arbeiteten bis zuletzt an einem Hochleistungseffizienzmotor, der dem LMP1-Antrieb entspringt. Das technische Reglement war aber wohl nicht für Porsches Rückzieher verantwortlich, eher die Lage, in der sich der Mutterkonzern Volkswagen befindet. Der Zeitpunkt für einen Formel-1-Einstieg wäre nicht gut.

Formel 1 will neuen Motor-Herstellern Türe offen halten

Trotzdem, die Formel 1 will interessierten Herstellern nicht partout eine Absage erklären. Und dafür hat Ross Brawn einen Plan. "Wir haben einen Kompromiss gefunden", verrät er. "Es werden Regeln kommen, die bedeuten, dass neue Teilnehmer Hilfe von bereits involvierten Teilnehmern erhalten."

Brawn erklärt: "Es wird Komponenten und Technologien geben, die sie teilen müssen, wenn danach verlangt wird." Doch machen da Mercedes und Co. mit? "Die bereits involvierten Hersteller hatten die Einsicht, dass sie die Türe hinter sich nicht schließen können", glaubt der F1-Boss.

"Wenn wir ernsthaftes Interesse eines anderen Herstellers oder Zulieferers haben, müssen sie kooperieren, um Wege zu finden, diesem Hersteller zu helfen, in die Formel 1 zu kommen", verspricht Brawn.

Formel E schreibt Fixpreise für Antriebsstränge vor

Doch wie soll das konkret aussehen? Sollen Hersteller plötzlich freiwillig Technik-Know-how hergeben? Details lässt Brawn offen, doch so einfach wird das vermutlich nicht funktionieren. Stattdessen ist ein Reglement ähnlich wie in der Formel E denkbar.

Dort gibt es seit Beginn der Serie ein kluges Reglement, das verhindern soll, dass sich Hersteller mit ihren unerschöpflichen Ressourcen einen Vorteil erkaufen. Dort ist es vorgeschrieben, dass jeder Hersteller auf Anfrage eine Mindestzahl von Kundenteams zu einem maximal festgelegten Preis beliefern muss. Aktuell darf ein Antriebsstrang maximal 250.000 Euro kosten.

So bleibt es jedem selbst überlassen, ob er Millionen in die Entwicklung eines Antriebsstrangs investiert, den er für verhältnismäßig kleines Geld auch einem Kunden zur Verfügung stellen muss. In der Formel E funktioniert das Prinzip recht gut: Mit Techeetah kämpfte in der vergangenen Saison ein Renault-Kundenteam bis zum letzten Rennen mit Audi um die Team-Meisterschaft. Den Fahrertitel konnte sich Jean-Eric Vergne sogar im Kundenauto holen.

Kann das auch in der Formel 1 funktionieren? Es könnte zumindest helfen, die Eintrittsbarriere für einen neuen Hersteller tiefer zu setzen. Wenn jemand beispielsweise Turbolader samt MGU-H, MGU-K und Batterie zum Festpreis einkaufen kann, hilft das. Trotzdem müsste noch ein darauf abgestimmter Verbrennungsmotor samt Energiemanagement entwickelt werden. Noch immer ein enormer Aufwand, aber einfacher und kostengünstiger, als alles selbst zu machen.

Brawn verspricht: Fahrer mehr im Fokus

Brawn gesteht: "Es ist keine so radikale Änderungen, wie wir sie vorgeschlagen hatten, aber es ist noch immer ein Schritt in die richtige Richtung." Zumal es nicht nur bei diesen Verpflichtungen bleiben wird, auch an der Technik gibt es geringfügige Anpassungen.

Nach Motorsport-Magazin.com-Informationen soll der Benzinfluss um etwa 20 Prozent auf 120 Kilogramm pro Stunde erhöht werden. Damit steigen automatisch auch die Drehzahlen und der Sound wird besser, auch wenn der aufgrund des Turboladers und der MGU-H gar nicht so brachial wie einst bei den Saugmotoren sein kann.

Dazu soll auch die Batteriekapazität erhöht werden. Damit stünde noch mehr elektrische Energie zur Verfügung. Und das könnte einen Einfluss auf das Energiemanagement haben. "Es gibt einige nette Änderungen, wie der Fahrer den Motor managen muss", verspricht Brawn. Das Energiemanagement soll dann also nicht mehr ausschließlich Sache der komplexen Software sein, sondern auch die Intelligenz des Fahrers fordern.