"Und dann fährst du herum wie eine Oma!", polterte Kevin Magnussen gut eine Woche nach seiner Disqualifikation beim USA GP 2018 noch immer. Dort hatte der Formel-1-Pilot von Haas zu viel Benzin verbraucht, trotz aller Bemühungen zu sparen. Das sei auch als Fan der F1 sehr enttäuschend. So herumfahren zu müssen, nachdem er sein ganzes Leben auf seinen Traum, F1-Pilot zu werden, hingearbeitet hatte.

"Tatsächlich: Große Schlagzeilen hatte die Thematik vor Austin schon länger nicht mehr geschrieben. Doch wer im Boxenfunk der Fahrer genau hinhört, weiß, dass die Akte keinesfalls geschlossen ist. Benzinsparen gehört zum absoluten Rennalltag in der Formel 1. Auch für Magnussens Teamchef ein dem Rennsport völlig zuwiderlaufender Status Quo.

Haas-Teamchef: Nicht meine Vorstellung von Racing

"Es gibt einen Punkt, da musst du auch mal angreifen. Du kannst nicht immer nur abwarten und sehen, was passiert", sagt Günther Steiner. "Wir haben es gemacht und müssen jetzt mit den Konsequenzen leben." Nach Ausreden sucht Haas also gar nicht. Vielmehr geht es Steiner schlicht und einfach um seine Vorstellung von Racing.

"Es ist deshalb bedauerlich, aber es gibt kein Bedauern", ergänzt der Tiroler daher sprachlich virtuos zur DSQ wegen 170 Gramm zu viel verbrauchten Treibstoffs. "Wenn du gerade nur am Funk zuhörst, dann geht es zu 80 Prozent um Lift&Coast. Wenn wir tanken würden, um das ganze Rennen zu schaffen, dann würdest du das Rennauto auch so fahren, wozu es gebaut ist. Und in meinen Augen ist ein Rennauto gebaut, um das ganze Rennen als Rennen zu fahren, nicht um Sprit zu sparen. Das ist meine Vorstellung von Rennsport."

Steiner-Vorschlag: Renndistanz verkürzen

"Deshalb sei die Thematik endlich einmal zu überdenken. "Vielleicht sollten wir die Rennen drei Runden kürzer machen, damit jeder genug Sprit hat, das ganze Rennen auch als Rennen zu fahren. Das würde nichts kosten, weil wir das Reglement nicht ändern müssen, aber die Show verbessern", schlägt Steiner vor.

"Diese drei Jungs (Ocon, Perez und Magnussen in Austin, Anm. d. Red.) zum Beispiel hätten wie verrückt um diese Position gekämpft. Du musst dafür auch keinen neuen Tank entwerfen. Nur das Rennen wäre drei Runden kürzer und du hättest mehr Überholmanöver als durch Lift&Coast", skizziert der Haas-Teamchef seine Idee.

Steiner-Rechnung: Weniger Lift&Coast = mehr Verschleiß & Strategien

"Wenn du nicht dauern Lift&Coast machst, dann würdest du außerdem deine Reifen mehr belasten. Vielleicht kommen auf diese Weise dann mehr Strategien, auch mal mit zwei Stopps, sodass so der Rennsport spannender wird. Aber am Ende vielleicht auch wieder langweiliger, weil dann wieder irgendwann alle dasselbe machen. Aber kurzeitig könnte er etwas bringen", so Steiner zu Motorsport-Magazin.com. "Aber dann beschweren sich sicher auch wieder welche", fürchtet er.

"Nicht erst dann. Andere Stimmen im Fahrerlager sehen einen solchen Vorschlag sogar als kontraproduktiv. "Wenn wir Spritsparen müssen, zu einer anderen Zeit als jemand anderes, dann könnte das beim Überholen sogar helfen", meint etwa Force Indias Teamchef Otmar Szafnauer.

Force India widerspricht: Spritsparen kann beim Überholen helfen

"Haas hat sicher nicht gespart als sie uns attackiert, aber wenn es einen Zeitpunkt im Rennen gibt, und den gibt es oft, zu dem jemand spart während du es nicht tust, dann ist das eine gute Zeit, um zu attackieren. Es kann also sehr wohl beim Überholen helfen. Genau anders herum."

"Widerspruch auch von Toro Rosso. "Es ist gar nicht neu, dass du in der Formel 1 Benzinsparen musst. Man erinnere sich nur an Prost in Hockenheim, der sein Auto schieben musste. Es steht so in den Regeln und du musst es respektieren. Und du wirst sowieso nie genug Benzin oder Reifen haben, um die volle Rundenzahl am Limit zu fahren. Das ist ganz einfach nicht möglich, nicht? Wir wissen alle, dass es so ist," meint Franz Tost.

Formel 1 ist heute auch Effizienz

"Noch dazu habe die Formel 1 ja bewusst entschieden, dass es auch um Effizienz gehen soll, wirft Saubers Frederic Vasseur ein. Genau hier geht’s es für 2019 jedoch zumindest einen Schritt zurück. Ab der kommenden Saison sind 110 Kilogramm statt der bisherigen 105 Kilogramm gestattet. "Es ändert sich also schon etwas", beruhigt deshalb Szafnauer die Gemüter.

"Außerdem würden wir selbst ohne diese Benzinlimits immer abwägen, wie viel Benzin wir einfüllen, sodass wir in der kürzest möglichen Zeit ins Ziel kommen. Selbst in der Vergangenheit, als du noch kein Limit hattest, haben wir es nie ganz aufgefüllt", erinnert Szafnauer. "Du tankst so, wie die Rennzeit die kleinste ist - und das bedeutet manchmal auch Spritsparen."

Spritlimit ohnehin kaum ausgereizt - außer bei Haas?

"Zumindest beim jüngsten F1-Team Haas scheint genau das jedoch etwas anders zu funktionieren. "Wir sind normalerweise sehr nah am Limit, sehr, sehr nah", so Steiner. "Jeder ist es", meint er. "Wenn jemand, wie Otmar sagt, meint, weniger einfüllen zu müssen und es Teil der Strategie sein könnte, dann kann er das zu entscheiden, aber es liegt dann in seiner eigenen Verantwortung."

"Genau deshalb glaubt Steiner nicht, dass die Teams auf eine verkürzte Renndistanz reagieren würden, und einfach noch knappen tanken würden, etwa 102 Kilogramm. "Wenn du in die andere Richtung gehst, ist es dann dein Problem. Denn du hättest ja mehr reinmachen können", winkt Steiner bei Motorsport-Magazin.com ab. "Wir konnten das aber nicht, weil wir eben nicht noch mehr benutzen dürften. Wenn, dann hätten wir es gemacht, um für die volle Rundenzahl voll zu Rennen zu fahren. Wenn wir die Wahl gehabt hätten, hätten wir es gemacht."