Daniel Ricciardo, ausgerechnet der aktuell letzte Unfallgegner des Ferrari-Fahrers, hat Sebastian Vettel für seine jüngste Fehlerserie - drei Dreher innerhalb von fünf Rennen - in der Formel 1 in Schutz genommen. Zuletzt hatte selbst F1-Sportchef Ross Brawn den zunehmend in die Kritik geratenen Vettel als "von der Rolle" bezeichnet. Die Fehler seien kein Zufall mehr, so der Brite.

Letzteren Punkt teilt Ricciardo, vor dem Mexiko GP auf seinen Ex-Teamkollegen bei Red Bull angesprochen, zumindest im Ansatz. Die Anzahl an Fehlern könne durchaus dazu führen, dass ein Fahrer zunehmend zögerlich zu Werke gehe, mehr als üblich. "Das könnte dann ein paar kleine Fehleinschätzungen ergeben. Auch irgendwie unterbewusst, sodass du es gar nicht mitbekommst", sagt der Australier.

Daniel Ricciardo: Vettel für mich nicht von der Rolle

Aber nicht Brawns Kernthese: "Um ehrlich zu sein habe ich Sebs Onboard angesehen und dabei habe ich eigentlich so etwas nicht gesehen. Ich denke nicht, dass er da zu heiß war, ich denke nicht, dass es unberechnet war. Also verteidige ich ihn da auf gewisse Art - was das angeht, dass er nicht von der Rolle war."

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Das gelte auch für das Gesamtbild des Ferrari-Fahrers. "Klar ist es jetzt ein paar Mal passiert, aber für mich sag es nicht danach aus, als sei er von der Rolle", so Ricciardo. Es könne vielmehr diese unterbewusste Sorge sein. "Aber ich werde ihm nicht erzählen, wie man fährt", scherzt der Australier.

Auch Alonso widerspricht Brawn: Einfach Zufall

Mit Fernando Alonso widerspricht ein weiterer Gigant der Fahrerszene - und ein ehemaliger Vettel-Erzrivale - der These Brawns. Der Spanier hält die gehäuften Vorfälle schlicht für "mehr Zufall als reine Fehler." Noch dazu liege auf Vettel wegen des WM-Duells mit Lewis Hamilton auch schlicht sehr viel mehr Fokus als auf jedem anderen Fahrer. Hamilton selbst hatte Vettel unterdessen schon zuvor verteidigt, nach dem Japan GP mehr Respekt von der Presse gefordert.

Etwas anders klingt die Einschätzung von Sergio Perez. "Sebastian ist ein fantastischer Fahrer", sagt der Mexikaner. "Wir haben jetzt ein paar Fehler gesehen und vielleicht ist er einfach verzweifelt, das zu erreichen, was vielleicht nicht mehr möglich ist", vermutet Perez vor seinem Heimrennen. Genau diese Erklärung lieferte in Mexiko auch Sebastian Vettel selbst. Perez gibt sich allerdings überzeugt, dass Vettel schon zurückkommen werde. "Er ist nicht umsonst vierfacher Weltmeister."

Räikkönen, Verstappen, Gasly über Vettels Fehlerserie

Dem stimmt Carlos Sainz zu: "Sebastian macht gerade einen harten Moment durch, aber ich denke, er wird zurückkommen", so der Spanier. Eine Analyse will sich Sainz von Außen jedoch nicht erlauben. Genauso wenig Max Verstappen. "Ich schaue nur auf mich selbst. Es macht für mich keinen Sinn über einen anderen Fahrer zu sprechen und ich will auch niemandem auf den Schlips treten", sagt der Niederländer.

Für Kimi Räikkönen unterdessen ist die Situation seines Teamkollegen nur völlig normal. "Leider ist es ihm jetzt ein paar Mal passiert. Ich denke, wir haben das aber alle schon durchgemacht, das ist Teil des Spiels", meint der Finne. Ähnlich schätzt Nico Hülkenberg die Lage ein. Er habe selbst schon in einer solchen Phase gesteckt.

Der Emmericher zu Motorsport-Magazin.com: "Das ist nur natürlich. Du hast einen Run und alles ist super leicht, alles für dich läuft und du hast einfach einen natürlichen Flow und guten Rhythmus. Und dann hast du manchmal Rennen und Wochen, in denen du glaubst, dass die Dinge alle gegen dich laufen, der Rhythmus nicht da ist. Das hatte ich auch mal."

"Ein paar schlechte Qualifyings und dann musst du schon mehr Risiko im Rennen nehmen, um die Plätze gutzumachen mit mehr Risiko. Diese Fehler passieren dann sehr viel leichter. Das zeugt einfach daher. Er fährt hart, pusht und versucht, seine Titel-Hoffnungen am Leben zu halten. Ich sehe das nicht zu kritisch oder hart."

Auch der eigene Widersacher hat genau deshalb Verständnis. "Wenn du in den Punkten hinten liegst und du jagst und Boden gutmachen musst, sind die Umstände immer andere. Dann attackierst du anders. Sebastian hatte seine Strafe, musste von weiter hinten starten, also hatte er Risiken zu nehmen, die ich nicht nehmen musste", sagt Lewis Hamilton.

Genauso sieht es Pierre Gasly: "Das ist einfach Teil des Rennsports. Du bist immer am Limit." Der Franzose vermutet jedoch noch einen ganz anderen Hintergrund als alle zuvor. "Er hat mit dem Auto, das er hatte am Saisonstart vielleicht überperformt. Sie haben ein paar Mal Rennen gewonnen, bei denen sie eigentlich nicht das Potential dazu hatten. Und dann waren die Erwartungen richtig groß und er hat ein paar Fehler im zweiten Teil der Saison gemacht", meint Gasly. Wirklich einschätzen, ob dies zutreffe, könne aber nur einer: Sebastian Vettel.