Das Renault F1 Team befindet sich in der Formel-1-Saison 2018 zunehmend im Sinkflug. Nach einer noch soliden ersten Saisonhälfte geht den Franzosen zuletzt immer mehr die Puste aus. Haas, Force India und Stück für Stück auch Alfa Romeo Sauber fahren dem Werksteam um die Ohren.

Der Russland GP am vergangenen Wochenende bildete keine Ausnahme, eher ein Musterbeispiel. "Wir wussten immer, dass der Russland GP eine Herausforderung würde", beruhigt Teamchef Cyril Abiteboul vor dem jetzt sofort folgenden Japan GP in Suzuka. "Da peilen wir mit beiden Autos wieder Top-10-Ergebnisse an."

Renault trotz Taktik-Raffinesse in Sotschi chancenlos

Genau das hatte Renault in Sotschi verpasst - obwohl man sich im Qualifying durch Aussitzen in Q2 nicht beliebt machte, aber sich einen Reifenvorteil durch freie Wahl am Start schaffte. Doch selbst der strategische Vorteil durch härtere Reifen brachte Renault im Rennen nicht vorbei an Haas, Force India und Sauber. Null Punkte, damit nur noch deren elf vor Haas in der WM-Wertung. Platz vier wackelt bedenklich.

"Es ist immer enttäuschend, wenn du ohne Punkte abreist. In Sotschi hatten wir eine klare Strategie. Aber es hat sich im Rennen aus einer Reihe von Gründen nicht ausgezahlt", so Abiteboul. Denn offensichtlichen Hauptgrund benennt der Franzose nicht. Muss er auch nicht. Das übernehmen andere.

Nico Hülkenberg: Einfach zu langsam, nicht konkurrenzfähig

Zum Beispiel Nico Hülkenberg. "If you snooze you lose", formulierte der Renault-Pilot nach dem Debakel von Russland recht spitzzüngig in Richtung seines Teams. Heißt so viel wie: Wer schläft, verliert. Damit zielte Hülkenberg auf das Entwicklungsrennen in der Formel 1. In dem hält Renault in seinen Augen ganz offensichtlich nicht ausreichend Schritt mit der Konkurrenz.

"Wir konnten die Plätze nach dem Stopp nicht zurückholen. Wir haben unser Bestes versucht, aber wir haben nicht geschafft, dass es sich ausgeht. Unter dem Strich hat uns einfach die Pace gefehlt und wir waren einfach zu langsam. Selbst mit einem sauberen Rennen, guter Absprache und Strategie sind wir nirgendwo hingekommen, haben kein Ergebnis oder Punkte geholt. Unser Paket ist gerade einfach nicht konkurrenzfähig genug", fasst der Formel-1-Pilot aus Deutschland hart, aber treffend zusammen.

Renault-Berater Prost: In manchen Bereichen sogar zurückgefallen

Genauso sieht es nämlich Renault-Berater Alain Prost. "Wir haben keine wirklichen Fortschritte erzielt und Fakt ist, dass wir in manchen Bereichen sogar zurückgefallen sind während andere gute Fortschritte mit ihren Motoren erzielt haben", sagt der vierfache F1-Weltmeister im französischen Fernsehen bei Canal+. "Wir müssen nun realistisch bleiben und analysieren, was da geschieht, weil wir gerade nicht auf dem Level sind, auf dem wir sein sollten!"

Abiteboul unterdessen verteidigt sein Team, man habe schlicht zu Saisonbeginn einen so hohen Level erreicht, dass man jetzt umso negativer auffalle. "Wir haben im ersten Teil des Jahres einen hohen Standard gesetzt", meint der Franzose. Allerdings nur auf dem Papier, hatte Renault dabei auch Glück, weil gerade Haas sich mehrfach selbst schlug, in Sachen reiner Performance den Franzosen schon da überlegen war.

-Teamchef verteidigt: Am Saisonstart hohen Standard gesetzt

Zumindest, dass es aktuell nicht laufen will, erkennt Abiteboul umstandslos: "Unser Ziel muss jetzt sein, beide Autos zurück in die Punkte zu bekommen. Wir müssen alles mobilisieren, um das zu realisieren." Doch das werde schwierig, fürchtet Prost. "Denn gerade bringen wir nicht mehr viele Entwicklungen ans Auto und den Motor, weil wir schon für das nächste Jahr vorbereiten", erinnert der Franzose.

Technikchef Nick Chester bestätigt das konkret zum Japan GP. Etwas Größeres sei wegen der kurzen Zeit seit Russland nicht geplant. Im Gegenteil. Vielmehr muss Renault hoffen, in Sachen Teile überhaupt seinen Level von Sotschi zu halten, wurden an Carlos Sainz' R.S.18 schon am Start einige Teile massiv beschädigt.

Carlos Sainz in Japan im Teile-Engpass

"Als ich ausgestiegen bin habe ich gesehen, dass der ganze Unterboden und das ganze seitliche Leitblech komplett weg waren. Da war mir klar warum ich das ganze Rennen jede Runde eine Sekunde langsam war als ich hätte sein sollen", berichtet der Spanier. Doch auch laut Sainz wäre selbst mit einem unversehrten Boliden kaum mehr zu holen gewesen. "Am Ende scheinen wir einfach nicht die Pace zu haben, wie Nico schon gesagt hat", so Sainz.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Japan GP (07:37 Min.)

Ersatz für die zerstörten Elemente sollen nun per Eilflug aus Enstone nach Japan eingeflogen werden. Weitere Neuerungen am R.S.18 seien im Kampf um WM-Rang vier dann jedoch nur noch im Detail geplant, so Chester. "Wir müssen deshalb einfach versuchen, alles aus dem Auto herauszuholen. Sicherstellen, dass wir die bestmögliche Balance haben, den besten Plan und die beste Strategie, den besten Ansatz im Qualifying."

Renault-Technikchef widerspricht Hülkenberg

Doch schien genau das in Russland eben der Fall gewesen zu sein, glaubt man Hülkenberg. Chester sieht es allerdings etwas anders. "Wir hätten noch einen besseren Job im Rennen machen können, der Nico ein paar Punkte hätte bringen können", sagt der Technikchef. Er muss es sagen. Denn sonst gibt es eben keine Hoffnung auf Besserung. Ein Upgrade als Rettung ist ausgeschlossen. Chester: "Wir können dieses Jahr nicht viel mehr bringen. Wir müssen einfach alles aus jedem Rennen herausholen. Wir bleiben zuversichtlich."