Während Max Verstappen im Formel-1-Qualifying von Singapur für offene Münder sorgte, blieb sein Red-Bull-Teamkollege weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Nach einem Lebenszeichen im Q1 ging bei Daniel Ricciardo nichts mehr. Nach Platz sechs inklusive einem beträchtlichen Rückstand auf Pole-Sitter Lewis Hamilton und den Stallgefährten, gab sich der Australier ratlos.

"Ich habe mich zwar etwas beruhigt, aber es ist einfach nur frustrierend. Ich hatte das Gefühl, dass wir vorne dabei sein könnten und war am Ende eine Sekunde hinten", so Ricciardo, dessen Samstag im entscheidenden Moment zunächst in die richtige Richtung zu verlaufen schien: "Wir hatten nach dem dritten Training einige Änderungen vorgenommen, nachdem wir da insgesamt nicht sehr schnell waren. Im Q1 habe ich gleich im ersten Sektor gemerkt, dass das Auto besser war."

Mit knapp über einer halben Zehntel Vorsprung auf Vettel markierte er im ersten Segment die schnellste Zeit. "Wir waren im Q1 schnell, und auch abgesehen von der Rundenzeit hatten die Setup-Änderungen funktioniert und ich dachte, dass wir jetzt ziemlich gute Karten haben würden", so der 29-Jährige, der in der Folge jedoch nicht mit der Konkurrenz schritthalten konnte.

Ricciardo verwundert: Alle wurden schneller, nur ich nicht

"Ich hatte danach das Gefühl, dass sich alle anderen weiter verbesserten. Sie fanden eine Sekunde oder noch mehr, und ich war irgendwie in einer Sackgasse", erklärt Ricciardo, der im Q2 als Fünfter aber immer noch einen überschaubaren Rückstand auf die Bestzeit von Räikkönen aufwies. Seine Zeit war über sieben Zehntel schneller als im Q1, doch die Schritte waren zu klein.

"Die Balance litt ein bisschen, aber der Grip änderte sich nicht so sehr. Mit Blick auf die Rundenzeit stellte ich fest, dass die anderen über eine Sekunde fanden und ich nur mal eine halbe Zehntel oder eine Zehntel. Ich kam nicht vorwärts und hatte keine Ahnung, weshalb die Rundenzeit nicht fällt, wie es normalerwiese der Fall sein sollte, wenn die Strecke besser wird", rätselt Ricciardo.

Verstappen gehörte zu den Piloten, welche von den besseren Streckenbedingungen profitierten. Der Vergleich mit den Daten des Teamkollegen brachte Ricciardo aber auch nicht in die Spur, wie er gegenüber Motorsport-Magazin.com erklärte: "Im letzten Sektor habe ich im Q1 die meiste Zeit rausgeholt. Im Q2 habe ich im Mittelsektor etwas verloren, da hat er in ein paar Kurven die meiste Zeit geholt."

Im Q3 verlor er schlussendlich völlig den Anschluss. Sechs Zehntel fehlten am Ende auf Verstappen. "Ich hatte da nicht einmal die Zeit, auf seine Daten zu schauen. Wir kamen zurück, ich sagte natürlich, dass wir uns etwas einfallen lassen müssen, aber dann mussten wir auch schon zurück auf die Strecke. Ich werde es mir noch anschauen, um daraus etwas zu lernen", fügt Ricciardo an.

Ricciardo konnten auch die Daten von Verstappen nicht den Samstag retten, Foto: Sutton
Ricciardo konnten auch die Daten von Verstappen nicht den Samstag retten, Foto: Sutton

Trotz Motorproblemen: Keine Schuldzuweisungen von Ricciardo

Während in Sachen Balance eine große Diskrepanz zwischen Ricciardo und Verstappen klaffte, plagten den Australier genau wie seinen Teamkollegen Probleme mit dem Qualifying-Modus der Renault-Power-Unit. "Im FP3 war es schlimmer", so Ricciardo. "Es ging um die Fahrbarkeit, wir hatten Fehlzündungen oder solche Dinge."

Als Ursache für sein enttäuschendes Abschneiden sieht er die Mapping-Probleme allerdings nicht. "Ich werde nicht sagen, dass eine halbe Sekunde nur vom Motor kam. Und das sage ich nicht nur, weil ich nett zu Renault sein will", so der zukünftige Renault-Werksfahrer. "Am Nachmittag waren die Unstimmigkeiten wirklich nicht nennenswert, verglichen mit den Problemen die ich hatte."

"Ich habe zwar gehört, dass sich Max auch darüber beschwert hat. Aber ehrlich gesagt denke ich, dass unsere Probleme dieselben waren. Er war natürlich mit seinem Auto insgesamt glücklicher und ich weniger. Also beschwere ich mich mehr über das Auto und er mehr über den Motor", vermutet Ricciardo.

Ricciardo hofft auf Strategie: Einstopp gegen Ferrari und Mercedes

Verstappen hat aus der ersten Startreihe aus am Sonntag gute Chancen auf ein weiteres Podest, vielleicht sogar den nächsten Sieg. Ricciardo hingegen wird aus der dritten Startreihe kleinere Brötchen backen müssen. "Mit unserer Position ist die Realität einfach, das die Chance jemanden unter Druck zu setzen und zu überholen gering ist", glaubt er. Die Strategie sieht er als beste Möglichkeit, nach vorne zu kommen.

"Im besten Fall schone ich meine Reifen, fahre lang und setze eine Einstopp-Strategie um", lautet sein Plan. "Ich denke, unsere Longrun-Pace wird gut sein und wir werden die Reifen schonen können. Aber wenn jeder Einstopp fährt, wird es hart irgendetwas auszurichten." Ein Indiz dafür, dass es bei der Konkurrenz vielleicht nicht klappt, glaubt er schon gefunden zu haben.

"Ich bin optimistisch, denn Ferrari hat versucht im Q2 mit dem Ultrasoft durchzukommen. Das sagt mir, dass sie nicht auf Hypersoft starten wollten, also werden sie damit vielleicht Probleme bekommen", mutmaßt er. "Also stoppen hoffentlich ein paar Fahrer zweimal. Wenn ich den anderen nur hinterherfahre kann ich auch nur Sechster werden. Außer es läuft jemand auf die Strecke, so wie 2015. Das könnte mir diesmal auch helfen."