Lewis Hamilton ist ein Phänomen. Oder auch ein Schmied. Hammertime. Im Qualifying zum Singapur GP war es nämlich wieder so weit. Der amtierende Weltmeister der Formel 1 schmiedete mal wieder die nächste brandheiße Runde seiner Karriere. Genauer gesagt die 79., geht man nach der Statistik.

So viele Pole Positions hat der Brite jetzt schon angehäuft. In der laufenden F1-Saison 2018 sind es damit sieben, in Singapur insgesamt vier. Damit stellt Hamilton den Streckenrekord von Sebastian Vettel ein. Seinem großen WM-Rivalen gab der Brite damit noch zusätzlich einen mit, hatte er ihn durch das Ergebnis allein schon klar in die Schranken verwiesen.

Lewis Hamilton in Ekstase: Diese Runde war perfekt

Unglaubliche sechs Zehntel war Hamilton schneller als der Ferrari-Pilot. Seine 1:36.015 Minuten wollte eigentlich niemand glauben, als diese Zeit im Q3 auf den Monitoren aufblitzte. Wobei: Nach drei klar pinken Sektoren am Stück war damit zumindest während der magischen Runde, wie Hamilton seinen Schuss selbst bezeichnet, schnell zu rechnen. "Das war Magie", sagt auch Toto Wolff bei RTL. "Er hat unter Druck einen wirklich guten Job gemacht."

"Wow. Wow. Das war ein hartes Qualifying. Diese Runde war magisch, keine Ahnung wo die hergekommen ist. Aber da hat alles gepasst", jubelt Hamilton selbst. Der Mercedes-Fahrer ist völlig außer sich, in Ekstase. Auch wenn er das Gefühl eine Pole Position inzwischen sehr gut kennt. Doch diese war eine ganz besondere für Hamilton. "Heute hat es auf dieser Runde wirklich gepasst, ich habe alles richtig gemacht. Ehrlich gesagt bin ich total überwältigt. Mein Herz rast. Ich bin super happy!"

Mercedes schlägt in Singapur zurück: Endlich!

"Es gab nicht eine Stelle, an der ich ein bisschen zu weit raus bin. Das war perfekt. Perfekt am Limit. Das war die beste Runde, an die ich mich überhaupt erinnern kann", schwärmt Hamilton. Seine überschäumende Euphorie begründet sich jedoch nicht nur auf die Runde selbst. Sondern auch den Ort: Singapur galt zuletzt als große Angststrecke der Silberpfeile. "Wir kamen hierher in der Annahme, dass Ferrari und auch Red Bull nur schwer zu schlagen sein würden. Deshalb ist es ein unglaublicher Moment, hier auf Pole zu sein", sagt Hamilton.

"Wir haben hier die letzten Jahre wirklich gelitten in Singapur und haben es uns zur Aufgabe gemacht, hier mal zurückzuschlagen", bestätigt Wolff. "Das ist uns jetzt gelungen mit dieser Runde." Geblufft habe Mercedes dagegen nicht im Training, das vor allem in der Generalprobe noch Sebastian Vettel klar beherrscht hatte.

Hamilton zitterte: Mercedes in Singapur mit falscher Reifenwahl

Lewis Hamilton verrät den Hintergrund, Auslöser Nummer zwei seiner großen Überraschung. "Ich habe nicht so viele Erfahrungen auf dem Hypersoft sammeln können, mehr mit dem Soft, was ein großer Unterschied ist. Deshalb ging ich ziemlich nervös ins Qualifying, denn wir waren eine halbe Sekunde hinten und ich dachte, es gibt keinen Weg eine halbe Sekunde zu finden", schildert Hamilton.

"Ich war etwas besorgt, denn wir kamen mit der falschen Reifenstrategie hierher. In dem Sinn, dass die anderen mehr Hypers hatten. Wir mussten im dritten Training also den Soft loswerden. Wir waren also nicht am besten vorbereitet, weil wir so etwas Running verloren haben", elaboriert der Brite.

Das stimmt tatsächlich. Für Singapur orderte Mercedes nicht nur wie gewohnt konservativer als Ferrari, sondern noch deutlicher. Drei Satz der hyperweichen Reifen weniger als die Scuderia hatte man gewählt. Auch deshalb sei ein Versuch mit Ultrasoft in Q1 nötig gewesen, so Hamilton. Mercedes musste also weiter Reifen sparen. Das war bereits im ersten Training und im eben genannten FP3 der Fall gewesen.

Große Kritik kommt im Moment des Erfolgs für all das aber natürlich nicht von Hamilton. Im Gegenteil: "Natürlich geht ein großes Dankeschön an das ganze Team, auch im Werk. Die haben so hart gearbeitet, damit wir heute auch das letzte Bisschen herauskitzeln können. Die Jungs arbeiten Vollgas."

Hamilton entrinnt bitterem Q1-Aus knapp, reißt Ruder komplett rum

Im Q1 wurde es wegen der Reifen-Problematik sogar richtig eng für Hamilton. Als 14. schaffte er nur knapp den Sprung in die nächste Session. "Ich konnte einfach nicht schneller damit (mit dem Ultrasoft, Anm. d. Red.) und war etwas nervös." Diese Nervosität setzte sich über das Qualifying hinweg fort. Oder verwandelte sich eher in große Unsicherheit, überhaupt eine Chance zu haben. "Denn sie hatten alle einen Vorteil mit mehr Runs zuvor auf dem Hypersoft", so Hamilton über den Erfahrungsnachteil.

Dennoch ging es gut. Weil einfach alles zusammenkam. Im genau richtigen Moment. "Über das Qualifying hinweg war es eine echte Herausforderung, mit dem Ultra auch in Q1. Es ging darum, all die kleinen Teile aus dem Training zu einem perfekten Puzzle zusammenzusetzen. In 99,9 Prozent der Fälle kriegst du das nicht absolut hin, aber diese Runde … ich hatte kein bisschen Wheelspin, keine Spur von Quersteher, das Auto war einfach voll bei mir und ich konnte aus so ziemlich jeder Kurve das Maximum herausholen. Ich kann mich an keine erinnern, in der ich es nicht geschafft habe oder hätte mehr machen können", schildert Hamilton in aller Ausführlichkeit, als wolle er den Genuss so nur noch mehr auskosten.

Doch selbst nach dieser Runde wollte es der Brite noch wissen. Im zweiten Run aber patzte er. Doch die Konkurrenz hatte gegen den Zauber der ersten Lap ohnehin keine Chance mehr. Hamilton: "Auf der zweiten Runde wollte ich noch dieses kleine Bisschen mehr, habe eine halben Meter später gebremst und das war schon zu viel. Das Auto hatte das nicht mehr drin. Ich hatte schon auf der ersten Runde das Maximum erreicht. Ich kam dann rein und war nervös, denn natürlich willst du immer liefern wenn du eine Gelegenheit hast."