Toto Wolff hat ein mögliches Ende des Mercedes-Juniorenprogramms nach der Formel-1-Saison 2018 angekündigt. Der F1-Teamchef und Motorsportchef der Silberpfeile hinterfragt den Sinn dieses Konzepts, wenn selbst große Talente wie aktuell Esteban Ocon, Pascal Wehrlein und George Russell sich schwer tun, in der Formel 1 unterzukommen - oder erst gar kein Cockpit in reeller Aussicht haben.
"Die Fahrersituation ist wirklich kompliziert", so Wolff in Monza. "Bei Esteban sah es zwar so aus, als hätten wir einen Deal mit Renault, aber dann änderten sich binnen 48 Stunden die Dinge und Vereinbarungen waren auf einmal keine mehr", poltert der Österreicher über den jüngst größten Ärger im Nachwuchsbereich.
Bei Pascal Wehrlein war es bereits zuvor komplett danebengegangen. Nach Aufbauarbeit in Formel 3, dann DTM mit Meisterschaft und zwei Jahren Formel 1 war für den Worndorfer Ende 2017 bis dato Feierabend in der Königsklasse. "Er hatte ein Jahr mit Manor und eines mit Sauber, die am Ende nicht zu gelaufen sind, wie Pascal oder ich oder auch jeder andere das erwartet hatte", trauert Wolff auch in diesem Fall.
"An Pascals Fähigkeiten besteht für mich kein Zweifel. Er ist ein großartiger Fahrer. Deshalb haben wir ihn auch wieder in der DTM. Ich wäre sehr happy, wenn wir eine Lösung für ihn finden könnten. Beides gilt eben auch für Ocon. Wunsch nach Lösung und Wertschätzung. "Es wäre einfach schade, wenn ein Problem mit dem Timing oder Intransparenz (gemeint ist Renault, Anm. d. Red.) ein Grund wäre, dass ein Junge mit solchen Fähigkeiten nicht das richtige Cockpit findet. Denn er kann fahren und hat eine klasse Persönlichkeit", sagt Wolff.
Wolff: Will keine 80 bis 100 Millionen in Juniorteam stecken
Und dann ist da eben noch George Russell, aktuell in der Formel 2 voll im Titelkampf. "Da haben wir auch ein Interesse", betont Wolff. "Aber so wie es aussieht, warten jetzt drei echt talentierte Kids auf eine Gelegenheit. Das bringt uns jetzt an einen Punkt, an dem wir überlegen müssen, was wir in Zukunft machen wollen. Ein Juniorteam aufzubauen ist keine Option. 80, 90 oder 100 Millionen da reinzustecken, nur um die Nachwuchsfahrer unterzubringen, das ist nicht, was ich machen will", so Wolff über ein ähnliches Konzept wie bei Red Bull.
"Auf der anderen Seite - wenn die Fahrer als Mercedes-Fahrer stigmatisiert sind, scheint das nicht unbedingt immer die beste Verkaufsargument sein. Ich denke von tiefstem Racer-Herzen noch immer, dass das beste Talent den Support verdient und entwickelt werden muss und ich hoffe, dass wir Lösungen für diese Jungs finden", ergänzt Wolff mit Blick auf sein Trio.
Mercedes: Lösung für Ocon, Wehrlein, Russell, sonst droht Aus der Juniorenförderung
"Und überhaupt: Was bedeutet es, Mercedes-Fahrer zu sein? Gerade ist es doch so, dass du für ein anderes Team fährst, wenn du für ein anderes Team fährst. Esteban hat von mir nichts Böses zu erwarten, wenn er für Renault, Williams oder McLaren fährst. Das ganze System muss einfach auf den Prüfstand."
Finde man keine Lösung für die drei Kronprinzen, müsse Mercedes also das komplette Konzept überdenken - und vielleicht einstampfen. Wolff voller Frust über die Situation heute: "Wenn wir das nicht können, werde ich das Juniorenprogramm für die Zukunft in Frage stellen. Dann gehen wir zurück zu einen Paydriver-Modell!"
Alle hätten ja Juniorprogramm. Red Bull als Erfinder sowieso, Ferrari, Renault und eben Mercedes. "Aber wenn du für sie keinen Platz in der Formel 1 finden kannst, dann macht es nicht viel Sinn. Und das wäre um den Fahrerlevel in der F1 schade", so Wolff vor der schlechteren, schon genannten Paydriver-Alternative. "Aber ich werde das mit dem Vorstand und dem Management am Jahresende besprechen - abhängig davon wie es für Pascal, George und Esteban ausgeht."
Wolff: Junioren direkt im Werksteam unmöglich
Direkt im Werksteam unterbringen könne nicht die Lösung sein. "Das ist auch nicht richtig. Die großen Teams werden keine Risiken mit jungen Fahrern eingehen. Vielleicht sollten wir einem 19-Jährigen ein Top-Auto geben. Aber das Problem ist, dass wir dann riskieren, die WM zu verlieren, weil sie eben eine Lernkurve haben. Deshalb haben wir das nie getan und auch Ferrari nicht", erklärt Wolff.
"Wir tun das alles, weil wir großen Spaß daran haben, junge Talente, denen das Geld fehlt zu unterstützen. Aber wenn deine Unterstützung bis zur F1 funktioniert, aber es den Jungs dann nicht möglich ist, die richtigen Plätze zu finden, dann musst du das berücksichtigen."
Wolff: Formel 1 soll drittes Auto für Junioren einführen
Ein Traumszenario als Lösung hätte der Österreicher aber parat: "Meine Lösung ist: Gebt uns ein drittes Auto und macht es verpflichtend, dort einen jungen Fahrer mit weniger als zwei Jahren F1-Erfahrung reinzusetzen. Die Kosten wären nicht wahnsinnig, aber der Effekt. Die Startaufstellung wäre voll und wir hätten fantastische Shows mit den New Kids on the Block, die nach oben kommen und den Lewis' und Valtteris dieses Welt einen harten Kampf liefern und uns überraschen.
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