Die Formel 1 ist zurück in Europa. Am Wochenende steht für Sebastian Vettel & Co. beim Spanien GP in Barcelona der lang ersehnte Europaauftakt der F1-Saison 2018 an. Endlich wieder echte Motorhomes für die Teams, das bringt ein wahrhaftes "Back-to-School-Feeling", wie McLaren-Renndirektor Eric Boullier beschreibt.

Mit Schule hat das Rennen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya in Montmelo jedoch noch aus einem anderen Grund zu tun. Auf keinem anderen Kurs wie dem an der Mittelmeerküste Spaniens lernen die F1-Teams mehr. Hier fanden und finden die Testfahrten der Formel 1 statt, hier bringen die Teams auch 2018 fast durch die Bank die ersten wirklich großen Upgrades an ihre Boliden, hier gibt es das wohl größte Allrounder-Streckenlayout des Rennkalenders.

Ferrari, Mercedes und Red Bull im Kampf um wichtigen Sieg

"Man sagt, dass das Auto, das hier am schnellsten ist, es generell auch bei den meisten anderen Rennen der Saison ist", zitiert etwa Williams-Technikchef Paddy Lowe eine alte Weisheit in der Formel 1. Genau das macht den Spanien GP für Mercedes, Ferrari, Red Bull & Co. zum bislang größten Rennen der Wahrheit in der bisherigen Saison.

Doch wer liegt in Barcelona vorne? Wer gewinnt den großen Dreikampf dieses Mal? Zuletzt hatte es immerhin drei Mal in Folge unterschiedliche Sieger gegeben: Auf Vettels Sieg für Ferrari in Bahrain folgte ein Ricciardo-Coup für Red Bull in China bevor in Baku Lewis Hamilton den ersten Saisonsieg für Weltmeister Mercedes buchte.

Red Bull: Verstappen kündigt Vielzahl an Upgrades an

Den Ausschlag könnten die Upgrades geben. "Es könnte ein entscheidender Moment für die Saison sein", sagt Max Verstappen über das kommende Rennwochenende. "Ich glaube, dass unser Auto sehr schnell ist. Wir brauchen noch etwas mehr Topspeed, aber hoffentlich wird der noch kommen", ergänzt der Niederländer. Eigentlich hätte Red Bull hier schon in Spanien ein neues Benzin zumindest ein wenig helfen können, das Renault von BP erhält. Doch deren Motorenkunde Red Bull hatte vor der Saison entschieden, mit ExxonMobil einen anderen Partner zu wählen als das Werksteam der Franzosen. Deshalb muss Red Bull sich in diesem Punkt nun bis zum für Kanada erwarteten Hardware-Update der Power Unit gedulden.

Doch gibt es ja noch das Chassis. Und in Sachen Aerodynamik fährt auch das Team um Max Verstappen in Barcelona auf. "Wir haben viele Updates und hoffentlich sind die positiv, sodass wir noch näher an der Spitze dran sein können", berichtet Verstappen. "Aber natürlich bringen auch alle anderen neue Teile", weiß der Niederländer.

Ferraris neue Quali-Stärke für Mercedes in Barcelona gefährlich

Vor allem interessiert sich Verstappen hier natürlich für Ferrari und Mercedes. Doch die geben sich von allen Teams mit am meisten bedeckt, was Anzahl und Größe der Upgrades für Barcelona betrifft. Hier fokussiert man sich offenbar fast mehr darauf, vorhandenes Potential auch voll auszuschöpfen. Gerade Mercedes kann diesbezüglich noch nachlegen, muss nachlegen.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Spanien GP (06:18 Min.)

Insbesondere gilt das für das Qualifying. In den Vorjahren handelte es sich dabei immer um die größte Stärke der Silberpfeile. Doch 2018 hat Ferrari am Samstag das Zepter übernommen. Dreimal in Folge stand Sebastian Vettel jetzt auf Pole Position, zweimal davon schaffte es auch Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari in Reihe eins, ohne einen Fahrfehler wären es sogar drei komplett rote erste Startreihen am Stück gewesen.

Vettel: Updates? Der Ferrari muss eben bleiben, wo er ist

"Wir haben ein Auto, mit dem wir im Qualifying etwas anstellen können", weiß Vettel jetzt. "Und wenn wir vorne starten, dann können wir auch im Rennen etwas ausrichten. Wir haben eine gute Rennpace, ich bin nicht im Mindesten besorgt", blickt Vettel extrem optimistisch auf den Spanien GP. "Das ist jetzt ganz anders als im vergangenen Jahr, als wir im Qualifying die meiste Zeit nicht konkurrenzfähig genug waren", erinnert Vettel. "Jetzt sind wir es, um Dinge geschehen zu lassen. Das Auto ist da und wir müssen sicherstellen, dass es da bleibt", kündigt Vettel zumindest zwischen den Zeilen Updates an.

Während die neue Gemengelage im Qualifying die rote Seite vor Freude strahlen lässt, treibt sie auf der silbernen Sorgenfalten in die Stirn. Vor allem in Barcelona. Nirgendwo sonst ist eine gute Startposition so wichtig. Nicht einmal in Monaco. Lediglich drei von 27 Rennen in Barcelona wurden von außerhalb der ersten Startreihe gewonnen. Überholen ist wegen der Dirty Air in Barcelona extrem schwierig.

Mercedes' Hoffnung: Noch keine Spanien-Pole für Vettel

"Entsprechend ist dort die Reihenfolge auf der Strecke entscheidend für ein gutes Rennergebnis. Deshalb wird jedes Team hart daran arbeiten, um im Qualifying auch das letzte bisschen Performance aus dem Auto herauszuholen", weiß Mercedes-Teamchef Toto Wolff. In vier der vergangenen fünf Jahre war es Mercedes gelungen, stets die komplett erste Reihe in Spanien zu erobern. Nie war es wichtiger, nie war es schwieriger, dies zu wiederholen.

"Uns ist bewusst, dass es hart wird. Die ersten vier Rennen deuten klar darauf hin, dass uns eine Fortsetzung des Dreikampfes bevorsteht und dieser eher noch härter werden wird", bestätigt Wolff. Zumindest eines macht im Kampf um Pole Mut: Sebastian Vettel stand in Barcelona noch nie ganz vorne. In Sachen Updates bei Mercedes gibt sich Wolff wie Vettel bei Ferrari verklausuliert. "Es wird interessant, zu sehen, wie viel Performance die Teams mit ihren Upgrades finden und welchen Einfluss sie auf das Kräfteverhältnis haben werden - das gilt sowohl an der Spitze als auch im Mittelfeld", so Wolff. Das klingt zumindest nach einem in irgendeiner Form gearteten Update am Silberpfeil.

McLaren & Williams fahren mit großen Upgrades auf

Nicht nur irgendwie, sondern massiv soll unterdessen auf jeden Fall das Upgrade am McLaren ausfallen. Der MCL33 soll in Barcelona generalüberholt werden, von einem regelrechten B-Spec war bereits mehrfach die Rede. Jüngst mahnte jedoch Fernando Alonso, dass aus dem McLaren bei seinem Heimrennen deshalb nicht gleich eine Wunderwaffe werde.

Ebenfalls signifikante Updates hat Williams angekündigt. Tatsächlich fährt Robert Kubica am Wochenende jedoch nur das erste Training. Der Pole sitzt damit zum ersten Mal seit den Testfahrten im FW41, zum Performance-Abgleich und wird somit auch als Erster die neuen Teile ausprobieren. Weniger Neuerungen sind bei Renault zu erwarten. Das Team von Nico Hülkenberg und dem zweiten Lokalmatador in Spanien, Carlos Sainz, hatte bereits in Baku den R.S.18 an Bardgeboards, Front- und Heckflügel erneuert, bringt abgesehen vom genannten Benzin in Spanien nur marginale Verbesserungen.

Etwas mehr vorantreiben will es wiederum Force India, forciert in Spanien mit weiteren Updates am VJM11 die zuletzt steile Formkurve. Haas dagegen bringt in Spanien nur punktuelle Neuerungen, von Sauber und Toro Rosso sind zumindest einmal keine Großtaten angekündigt.

Circuit de Barcelona-Catalunya im Strecken-Check

Die Formel 1 gastiert 2018 zum 27. Mal auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya. Die Anlage galt über viele Jahre als Inbegriff der modernen Grand-Prix-Rennstrecke. Die Streckenlänge beträgt 4,655 km und besteht aus 16 Kurven, von denen 9 Rechts- und 7 Linkskurven sind. Über die Jahre erwies sich das abwechslungsreiche Streckenlayout als ultimativer Gradmesser für das Gesamtpaket der F1-Boliden.

In Barcelona zählt sowohl Leistung als auch Anpressdruck gleichermaßen. Zunächst ist die Start- und Zielgerade mit einer Länge von 1,047 km immer noch als eine der längsten Geraden in der Formel 1. Für die erste Kurvenkombination wird auf 120 km/h heruntergebremst, wobei ca. 5,6 G Verzögerung erreicht werden. In der ersten Runde kann es hier brenzlig werden, die Fahrer legen mit 730 Metern zudem die im F1-Kalender längste Distanz vom Start bis zur ersten Kurve zurück.

Nach der ersten Kurvenkombination folgt mit Kurve 3 eine Passage, die den Autos jede Menge Anpressdruck abverlangt. Im Verlauf dieser Rechtskurve beschleunigen die Autos fast unter Volllast von 180 km/h hoch bis auf 260 km/h. Es folgt ein von mittel- und schnellen Kurven sowie einer Gegengeraden geprägter Mittelsektor - Abtrieb gefragt -, ehe es im winkligen Schlussabschnitt auch noch auf exzellenten mechanischen Grip ankommt.

Wetterbericht für Barcelona

Die Formel 1 erwarten am Rennwochenende in Spanien eklatant wärmere Temperaturen als bei den klirrend kalten Wintertestfahrten. Deshalb sind die Reifen nun selbst in Barcelona fast völliges Neuland. Zumindest auf witterungsbedingtes Chaos müssen sich die Teams in Barcelona am Wochenende aber nicht einstellen. Es werden konstant angenehme Temperaturen um die 20 Grad Celsius erwartet. Einzig am Samstagnachmittag besteht ein gewisses Regenrisiko, was sich mit dem Qualifying jedoch knapp ausgehen dürfte.

Kuriose Reifenwahl in Barcelona

In Barcelona debütiert ein um 0,4 Millimeter dünnerer Reifen von Pirelli. Damit hat der Reifenhersteller auf den neuen Asphalt des Circuit de Barcelona-Catalunya reagiert, um Überhitzung vorzubeugen. Noch dazu sind die Reifen zwei Stufen weicher als 2017. Ein Schritt kommt durch die nominell eine Nummer weicheren Pneus (Soft, Supersoft, Medium), der andere durch die 2018 insgesamt eine Klasse softeren Walzen.

In Sachen Reifenwahl der Teams gibt es in Barcelona ein Kuriosum: Williams hat einen extrem aggressiven Ansatz gewählt, hat zehn Satz Supersoft im Gepäck. Das ist doppelt so viel, wie das konservativste Team, Mercedes, ausgesucht hat. Interessant ebenfalls: Dieses Mal splitten die Silberpfeile nicht teamintern die Reifentaktik, dasselbe gilt für Ferrari.

Formel 1 Barcelona: F1 TV Pro Live-Stream, Programm, Zeitplan

Endlich ist es so weit: Beim Spanien GP schaltet die Formel 1 final F1 TV Pro, ihren hauseigenen Live-Streaming-Service, frei. Der läuft zwar zum Start nur als Desktop-Version und mit identem Kommentar wie bei RTL, allerdings umfasst er auch zahlreiche neue Features wie unzensierten Boxenfunk. Außerdem gibt es alle Sessions Re-Live und in Highlights. Ob neben dem Rennen wirklich auch alle Trainings und das Qualifying live zu sehen sein werden, geht aus der Produktbeschreibung allerdings nicht explizit hervor.

RTL überträgt, erneut in Kooperation mit Schwestersender n-tv und Streams auf den bekannten Online-Portalen, jedoch ohnehin alles abgesehen von FP3 live. In Sachen Zeitplan dürfen sich die Fans erstmals auf die regulären Europa-Startzeiten freuen, wobei hier 2018 zu beachten gilt, dass alles eine Stunde später stattfindet als in den vergangenen Jahren.

Formel 2 und GP3 in Barcelona (wieder) am Start

Mit dem Europaauftakt der Formel 1 wird endlich auch das Rahmenprogramm der Königsklasse komplettiert. In Barcelona startet die GP3 Series in ihre Saison 2018. Nach Bahrain und Aserbaidschan fährt außerdem das direkte F1-Unterhaus, die Formel 2, in Barcelona. Besonderes Highlight für die Fans: Obwohl die Rahmenserien bei F1 TV Pro noch nicht inkludiert sind, gibt es ab Spanien jetzt zumindest auch ohne Sky die Formel 2 wieder im Fernsehen zu sehen. Sport1+ überträgt ab sofort live.