Die Formel-1-Saison 2018 nimmt gerade erst so richtig Fahrt auf. Erst vier von 21 Rennen, also noch einmal ein Fünftel, sind gefahren, als nächstes steht der Europaauftakt beim Spanien GP in Barcelona auf dem Programm. Doch zwei Trends haben sich 2018 bereits klar abgezeichnet.

Erstens: Unvorhersehbarkeit. Zwischen Ferrari, Mercedes und mit kleinen Abstrichen auch Red Bull geht es extrem eng her, es tobt ein Dreikampf um die Spitze. Das Kräfteverhältnis verschiebt sich von Wochenende zu Wochenende immer wieder etwas in die eine oder andere Richtung, lässt noch immer nicht konkret bestimmen. Einzige Konstante: Ferrari scheint im Schnitt leicht vorne.

F1-WM-Kampf 2018: Mehr als Vettel vs. Hamilton

Zweitens: Renaissance der vermeintlichen Nummer-zwei-Fahrer. Egal, ob bei Red Bull, Mercedes oder Ferrari: Der von manch einem prophezeite Dreikampf für die Formel 1 2018 auch auf Fahrerebene - Max Verstappen vs. Lewis Hamilton vs. Sebastian Vettel - ist so bis dato nicht eingetreten. Vielmehr mischen deren Teamkollegen den F1-Laden 2018 richtig auf.

Kimi Räikkönen, Valtteri Bottas und Daniel Ricciardo sind zu Saisonbeginn allesamt mindestens auf dem Niveau ihrer vermeintlich stärkeren Top-Teamkollegen. Lewis Hamilton wurde mit Blick auf Red Bull deshalb sogar schon gefragt, ob jetzt Ricciardo der Bulle sei, den er im Titelrennen mehr im Blick behalten müsse.

Hamilton: Verstappen & Ricciardo? Einer schneller, einer konstanter

"Ich denke, da kann man verschiedene Meinungen haben", sagt der Weltmeister. "Sie sind beide großartige Fahrer. Der eine ist konstanter als der andere, und einer ist schneller als der andere", so Hamiltons Blick auf das Red-Bull-Duo. "Ich werde nicht sagen, wer welchen Part übernimmt, aber ich denke, dass man sich das denken kann", ergänzt Hamilton.

Formel 1 2018: So verlor Vettel den Sieg in Baku (58:33 Min.)

Um Missverständnissen vorzubeugen. Verstappen hält der Mercedes-Fahrer für den Speed, Ricciardo für die Konstanz. Doch wie ist das jetzt mit der Gefahr? Welche Qualität macht Hamilton mehr Sorgen? "Ich denke, dass in den vorherigen Jahre immer der konstantere Fahrer war, der weiter vorne war", meint Hamilton ziemlich eindeutig.

Valtteri Bottas überflügelt Hamilton

Konstanz war im bisherigen Saisonverlauf 2018 jedoch auch nicht des Weltmeisters eigene Stärke. Im Gegenteil. Der Brite tut sich mit dem neuen Mercedes schwer, schwerer als Valtteri Bottas mit dem W09 klarkommt. "Ich denke, man kann schon sehen, dass Valtteri dieses Jahr fantastisch fährt. Er ist echt voll auf der Höhe", lobt Hamilton.

In China etwa sei Bottas herausragend gefahren, in Baku sowieso. Dort wollte Hamilton seinen Sieg nicht einmal feiern. Diese Ehre habe eigentlich nur dem unverschuldet ausgefallen Bottas gebührt. In der WM liegt genau deshalb dennoch Hamilton vorne. Nur deshalb. Schon in China hätte Bottas gewinnen können, um Hamilton zu schlagen reichte es aber ohnehin.

Bottas: Mercedes-Paket macht es 2018 leichter für mich

Neue Ordnung also bei Mercedes? Nein, meint Bottas. "Wir sind beide der Führungsfahrer. Es wird nie eine Nummer eins und zwei geben", so der Finne. Vor allem nicht bei seiner aktuellen Form. "Ich denke, dass Ende des letzten Jahres - als ich von meinen schwierigen Rennen gelernt hatte - die letzten beiden Wochenenden wirklich klasse waren. Und daran konnte ich jetzt anknüpfen", erklärt Bottas sein aktuelles Momentum.

"Ich habe dieses Jahr in Sachen Performance gute Rennen gehabt und will jetzt einfach weitermachen wie immer. Aus Fehlern lernen. Aus jedem einzelnen", ergänzt Bottas. Dabei helfe ihm gegenwärtig das Paket. Der Mercedes, der Hamilton das Leben (noch) so schwer macht, liege ihm einfach deutlich besser als im Vorjahr. "Es ist leichter für mich. Es ist definitiv ein leichteres Paket", so Bottas. "Aber deshalb ist es noch längst nicht leicht", schiebt Bottas schmunzelnd nach.

Kimi Räikkönen auf einem Niveau mit Sebastian Vettel

"Der zweite Platz ist nicht genug. Ich will gewinnen", stellt der Finne angriffslustig da. Dafür wolle er künftig auch aggressiver zu Werke gehen, mehr riskieren, nachdem ihm in Bahrain vorgeworfen worden war, Sebastian Vettel nicht hart genug attackiert zu haben. Er sei jetzt einfach richtig hungrig, hungrig auf Siege.

Das gelte jedoch genauso für seinen einzigen Landsmann im Grid. "Klar, er ist auch richtig sieghungrig", sagt Bottas über Kimi Räikkönen. "Vergangenes Jahr war er mit seiner Saison natürlich nicht zufrieden. Er will zeigen, dass er noch immer gewinnen kann. Ich kann sehen, wie er in jeder Situation darauf geht, selbst gegen seinen Teamkollegen. Ich kann den Unterschied sehen. Es kämpft jetzt ein Fahrer mehr um den Sieg", so Bottas weiter.

Hamilton: Wieso ist Räikkönen plötzlich wieder so schnell?

Das ist jedoch nicht nur dem Finnen aufgefallen. "Wieso ist Kimi plötzlich wieder so schnell", fragte etwa Hamilton in Australien verwundert. Räikkönen wirkt 2018 bislang wie ausgewechselt, zumal starke Saisonstarts nie die größte Stärke des Icemans gewesen waren. Meist kam Räikkönen vor allem in Saisonhälfte zwei auf, wenn er das Auto mehr in seine Richtung bekommen hatte. Anders 2018. Räikkönen scheint sich im neuen Ferrari auf Anhieb sogar wohler zu fühlen als Sebastian Vettel, beherrscht seinen Teamkollegen regelmäßig im Training.

"Es ist dieses Jahr bisher wirklich unfassbar eng. Um ehrlich zu sein, hatte er dieses Jahr soweit an den meisten Freitagen die Oberhand während ich hier und da Probleme hatte, das Auto zu verstehen und zu spüren", sagt Vettel. "Aber ich kenne ihn. Ich kenne seine Stärken. Er ist unglaublich talentiert und in der Lage, um die Probleme herum zu fahren", erklärt Vettel. Das ganz große Thema ist Räikkönens Comeback für Vettel jedoch nicht. Seb meint: "Wenn du dir die vergangenen Jahre anschaust, dann trügt das Bild etwas. Es war nicht so einseitig wie ihr vielleicht anhand der Ergebnisse glaubt. Ich denke wir waren ... Ich weiß nicht, warum ihr fragt, aber wir sind eine gute Paarung und sehr ausgeglichen."

Sebastian Vettel: Kimi und ich immer ausgeglichener als es schien

Sehr ausgeglichen ist es 2018 auch in den Qualifyings. Räikkönen, seinem Physio zufolge dieses Jahr mehr als drei Kilo leichter als 2017, ist direkt dran an Vettel, es fehlen nur Wimpernschläge. Und das nur, weil Räikkönen es misslingt, im Q3 sein Optimum abzurufen. Erst in Baku warf er durch einen Fehler im letzten Sektor - klar auf Pole-Kurs - den Sieg im Teamduell weg. Dennoch war ganz klar: Schnell genug ist der Finne. "Ich habe den Speed. Ich weiß, dass ich den Speed habe", sagt Räikkönen selbst. "Das ist die Hauptsache. Aber wir müssen es zusammenbekommen. Dann kann ich noch viel besser abschneiden", ergänzt der Finne, wohl wissend um den bislang einzigen eigenen Makel, der ihn 2018 noch von der absoluten Spitze trennt.

"Ich denke, bei Sebastian und Kimi ist es sehr schwer zu sagen. Alle Teamkollegen haben nachgelegt", sagt Hamilton über die Renaissance der Räikkönens, aber auch Ricciardos & Co. "Kimi fährt auch wieder auf seine absolut beste Art, das hast du gesehen", lobt Hamilton den neuen Gegner. "Aber er hatte sehr viel Pech damit, wie das Team arbeitet ...", deutet Hamilton Räikkönens offenbar noch immer größeres Problem als sich selbst - den Status bei Ferrari neben Sebastian Vettel - an.

Hamilton: Größter Gegner? 2018 alle!

"Aber ich denke, dass es gerade alle diese Jungs sind", so Hamilton auf die Frage, wer denn nun 2018 sein größter Widersacher im Kampf um die Titelverteidigung sei. "Kimi, Sebastian, natürlich Daniel und mein eigener Teamkollege ...", zählt Hamilton fast die komplette Formel-1-Brigade der Top-Teams auf. Trend zwei - die Renaissance der zweiten Fahrer - verstärkt Trend eins - Unvorhersehbarkeit - also nur noch mehr. Was in Sachen Spannung für die restlichen 80 Prozent der F1-Saison 2018 nur gute Nachrichten sind.