McLaren will 2018 mit Renault endlich die Ziele erreichen, die ihnen in den vergangenen drei Jahren mit Honda verwehrt blieben. Doch während andere Teams bei der Konstruktion des 2018er Chassis von Beginn an Planungssicherheit hatten, musste bei McLaren erst die Motorenfrage geklärt werden. Der Entwicklungsrückstand soll allerdings kein Problem darstellen. Auch die finanziellen Einbußen durch den Honda-Abgang will das Management ausbügeln - und Alonso bei Vertragsverlängerung weiterhin fürstlich entlohnen.
"Wir stehen jetzt vor einer Herausforderung. Für uns bedeutet das, 24 Stunden am Tag arbeiten um die paar Wochen aufzuholen, in denen man die ideale Entscheidung bereits hätte treffen können", erklärte McLarens Racing Director Eric Boullier in Singapur. Die späte Übereinkunft mit Renault - oder eher mit Honda, um diese an Toro Rosso weiterzuschieben - hat die Ingenieure in Woking einige Wochen zurückgeworfen.
Zur optimalen Integration der Power Unit in den Nachfolger des MCL32 müssen sich die Techniker in dieser späten Phase des Jahres aber erst einmal mit dem Antrieb von Renault auseinandersetzen. "Wir haben keine Erfahrung als Renault-Kunde und müssen unser neues Paket erst richtig kennenlernen", so Boullier weiter.
Unter dem Strich soll sich der Entwicklungsrückstand allerdings auf weniger als einen Monat beziffern und das Konzept des 2018er McLarens nicht negativ beeinflussen. "Zwei Wochen kann man aufholen. Da wird es nächstes Jahr keine Probleme geben", versicherte der Franzose, der damit gleichzeitig sein Vertrauen in die Ingenieurskollegen bei McLaren zum Ausdruck unterstrich.
Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com, ob in Folge dessen sämtliche Ressourcen auf 2018 kanalisiert werden, wiegelte er jedoch ab. "Nein, das heißt es nicht. Es heißt nur, dass wir jetzt die Arbeitsauslastung erhöhen, um die Zeit aufzuholen", erklärte er. Sobald das Team wieder im Zeitplan liegt, plant man zu den normalen Abläufen zurückzukehren.
2018: McLaren Renault wird Evolution des MCL32
Neben der Verzögerung bei der Wahl des Motors war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit Renault auch das Technische Reglement noch nicht fixiert. Für Boullier ein weiteres Indiz dafür, dass McLaren der Konkurrenz bei der Entwicklung nicht allzu weit hinterherhinkt. "Es gibt noch die Regeländerungen mit Halo und dergleichen. Wir haben erst September. Selbst wenn wir früh genug mit der Arbeit am Auto begonnen hätten, müssten wir noch abwarten", gab er zu bedenken.
"Ich denke, wir können unseren Ingenieuren vertrauen, dass sie einen guten Job machen. Es ist sehr viel Arbeit, aber ich bin froh zu sehen, dass so viele Synergien innerhalb McLarens arbeiten, damit uns das so schnell wie möglich gelingt", zeigte sich Boullier optimistisch. Dass McLaren sich in einer guten Position sieht, das Chassis an die Renault-Motoren anzupassen, hat auch noch einen anderen Grund.
Von der Aerodynamik des MCL32 zeigte sich McLaren stets überzeugt, weshalb das Team für 2018 von vornherein keine komplette Neuentwicklung geplant hatte. "Das nächstjährige Auto wird trotz des Power-Unit-Wechsels eine Evolution. Es ändert sich also nichts daran, wie wir arbeiten", sagte Boullier. Während das Team trotz der technischen Herausforderung zuversichtlich ist, schlägt sich der Honda-Abschied aber auch wirtschaftlich nieder. McLarens Executive Director Zak Brown zeigte sich in dieser Hinsicht jedoch ebenfalls unbesorgt.
Ohne Honda-Budget: Fernando Alonso bei McLaren weiterhin Top-Verdiener
Auf etwa 100 Mio Euro aus dem Hause Honda muss McLaren ab 2018 verzichten. Seit 2014 ist der britische Traditionsrennstall ohne Hauptsponsor unterwegs. Das Budget wurde in den letzten drei Jahren daher maßgeblich vom Motorenlieferanten aus Japan beigesteuert. Dieses Loch gilt es nun zu stopfen. "Das vierte beziehungsweise das erste Quartal sind Entscheidungszeit für Sponsoren. Das haben wir auch antizipiert", erklärte Brown.
Obendrein will man Star-Fahrer Fernando Alonso unbedingt halten - und der wird offenbar keine Abstriche machen müssen, wie Brown versicherte: "Er ist einer der höchstbezahlten Fahrer des Sports und wenn er bei uns bleibt, wird er das auch weiterhin sein." Am Verbleib Alonsos werden vor allem auch die Shareholder von McLaren interessiert sein - und der Spanier ist nicht nur kommerziell das beste Pferd im Stall.
Die Anteilseigner des Teams wollen zweifelsohne Erfolge sehen und der zweimalige Weltmeister ist auch in sportlicher Hinsicht die erste Wahl. Das weiß auch Brown im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Kein Team und kein Besitzer wird ohne Erfolg ewig weitermachen können. Letztendlich willst du etwas zurückbekommen - ob es sportlicher oder finanzieller Natur ist." Bisher stehen die Shareholder aber voll hinter der Teamführung.
"Sie sind voll in die Geschäfte involviert. Sie wissen alles, was wir wissen. Sie sind in diesem Sinne ein Teil des Teams und sie wissen auch, dass sie die richtigen Leute und das richtige Equipment für den Job haben. Sie sind voll bei uns und schauen uns nicht nur über die Schulter", so Brown, der sich an eine weitere Saison im Mittelfeld noch gar nicht denken will: "Wir durchdenken nicht, was passiert wenn wir kein gutes Jahr haben. Das machen wir Mitte nächsten Jahres, wenn es der Fall sein sollte."
Brown: McLaren kann Budget-Loch nach Honda-Abschied stopfen
Was die finanziellen Einbußen angeht, hat Brown letztendlich keinerlei Bedenken, diese nicht ausgleichen zu können: "Der Sport ist in einer großartigen Position, um Geschäfte zu machen und McLaren hat eine tolle Geschichte: Es wird nicht einfach, diese Größenordnung in dieser Zeitspanne aufzutreiben. Aber ich habe das schon einmal gemacht und wir haben ein großartiges Marketing-Team."
Auch Alonsos üppiges Gehalt soll sich in keiner Weise negativ auswirken. "Wir werden zu einer finanziellen Einigung gelangen und es wird nicht zum Nachteil der Aerodynamik oder dergleichen sein. Wir werden ein gutes Budget haben und weiterhin Gelder freigeben. Unser Motorsport-Produkt wird nicht leiden", versicherte Brown.
Sollten sich die erhofften Erfolge 2018 nicht einstellen, sollen die widrigen Umstände der keinesfalls als Grund für ein wiederholtes Versagen vorgeschoben werden. "Natürlich ist es anders schöner. Je mehr Zeit du zur Vorbereitung eines Autos hast, umso besser. Gleiches gilt für die Sponsoren. Das ist aber nichts, was wir als Entschuldigung einplanen", so Brown.
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