Red Bull machte seine Drohung an Mercedes und Ferrari gleich am ersten Trainingstag für den Singapur Grand Prix 2017 wahr: In beiden Sessions ließen Daniel Ricciardo und Max Verstappen den Platzhirschen in der Formel 1 keine Chance. Neben den Bestzeiten dürfte aber auch ihre Rennpace Lewis Hamilton und Sebastian Vettel die Schweißperlen auf die Stirn treiben.

Nachdem die Zeitenjagd im 2. Freien Training erledigt war und Daniel Ricciardo mit 1:40.852 Minuten neben der Bestzeit auch auch den Streckenrekord in seine Gewalt gebracht hatte, machten sich die Teams an die Longruns. Red Bull ging dabei nicht weniger engagiert zu Werke. Ricciardo und Verstappen fuhren auf Ultra- beziehungsweise Supersoft mit 18 respektive 16 Runden jeweils die längsten Stints.

Dem Vergleich mit Mercedes und Ferrari hielten die Bullen dabei mühelos stand. Auf Pirellis weichster Mischung war Ricciardo mit einer durchschnittlichen Rundenzeit von 1:46.579 Minuten eine stramme halbe Sekunde schneller Hamilton, der ihm am nächsten kam. "Um ehrlich zu sein hatte ich das bereits erwartet. Wir wussten, dass wir mit einem guten Auto kommen würden", zeigte sich Ricciardo wenig überrascht.

Bei der silbernen Konkurrenz schrillen angesichts der Performance des RB13 schon jetzt sämtliche Alarmglocken. "Das gesamte Team muss sich über Nacht steigern, um auf Augenhöhe mit Red Bull kämpfen zu können", mahnte Mercedes-Technikchef James Allison. Hamilton erging es dabei aber noch besser als seinem Teamkollegen: Valtteri Bottas' Pace auf der Ultrasoft-Reifenmischung war auf den Longruns im Schnitt über eine Sekunde langsamer als Hamiltons.

"Ich kämpfte mit dem Grip und der Balance des Fahrzeugs. Das Auto fühlte sich recht nervös an, dann ist es nicht einfach, ihm zu vertrauen, wenn man attackiert", konstatierte der Finne, sich obendrein auch Kimi Räikkönen geschlagen geben musste, der die weichste Reifenmischung für Ferrari auf Herz und Nieren erprobte. Er lag mit seinen Rundenzeiten im Schnitt 0,150 Sekunden hinter Hamilton.

Der Iceman sah die Sache aber gelassen: "Ich bin sicher, dass wir uns verbessern können. Es ist ja nicht das erste Mal und es ist nur Freitag." Der geringe Rückstand auf Hamilton scheint in der Tat nicht allzu besorgniserregend zu sein. Zumal Räikkönens Reifen mit 21 Runden etwas älter waren als die des Briten. Auf der anderen Seite hatten Ricciardos Pneus schon 26 Umläufe auf dem Buckel, was die Performance von Red Bull umso beeindruckender macht.

Singapur-Longruns auf Ultrasoft-Reifen

FahrerDurchschnittliche RundenzeitAbstandReifenalterStintlängeSession
Daniel Ricciardo1:46.579 Minuten2618FP2
Lewis Hamilton1:47.086 Minuten+ 0,507 Sekunden1812FP2
Kimi Räikkönen1:47.248 Minuten+ 0,669 Sekunden2111FP2
Valtteri Bottas1:48.283 Minuten+ 1,704 Sekunden1711FP2

Red Bull in Singapur auch auf Supersoft an der Spitze

Auf Pirellis Supersoft-Mischung spulten am Freitag lediglich zwei Piloten Longruns ab. Bei Red Bull wurde ganz nach dem Prinzip der Arbeitsteilung Verstappen auf die zweitweichste Reifenmischung angesetzt, nachdem Ricciardo sich um den Ultrasoft gekümmert hatte. Der 19-Jährige verbrachte im zweiten Training zwar einige Zeit an der Box, nachdem er im letzten Sektor die Bande touchiert hatte, spulte auf dem Supersoft aber trotzdem noch 16 Runden ab.

Die Rundenzeiten lagen im Durchschnitt bei 1:46.930 Minuten. Damit war er etwas weniger als eine halbe Sekunde langsamer unterwegs als der Stallgefährte auf Ultrasoft. Im Vergleich mit der Konkurrenz war Red Bull aber auch hier unantastbar. Der ohnehin mit der Balance seines Boliden unzufriedene Bottas lag im Mercedes 0,714 Sekunden dahinter - trotz fünf Runden jüngeren Reifen und der Tatsache, dass Verstappen Probleme mit dem Motor gehabt haben soll.

"Das Mapping am Motor hat nicht gepasst", erklärte Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko bei Motorsport-Magazin.com den Rückstand Verstappens auf Ricciardo. Ferrari nahm den Supersoft als einziges der Top-Teams nicht unter die Lupe, was die Rennpace anbelangte. Dafür lieferten sich Vettel und Hamilton auf der Soft-Mischung ihr ganz eigenes Duell.

Singapur-Longruns auf Supersoft-Reifen

FahrerDurchschnittliche RundenzeitAbstandReifenalterStintlängeSession
Max Verstappen1:46.930 Minuten2316FP2
Valtteri Bottas1:47.644 Minuten+ 0,714 Sekunden1811FP2

Hamilton und Vettel als einzige Piloten mit Soft-Longruns

Auf der härtesten in Singapur verfügbaren Reifenmischung nur die WM-Leader und Pascal Wehrlein unterwegs. Hamilton ließ Vettel dabei nicht den Hauch einer Chance. Der Mercedes-Pilot legte im Mittelwert mit 1:46.406 Minuten mit Abstand die schnellsten Rundenzeiten hin. Vettel verlor im Durchschnitt über eine Sekunde auf seinen Erzrivalen. "Es ist recht klar, dass wir beide heute nicht glücklich waren und uns verbessern müssen", erklärte Vettel angesichts des eklatanten Rückstandes.

Bei Mercedes wurde dieses Kräfteverhältnis freudig zur Kenntnis genommen. "Lewis zeigte eine ermutigende Pace auf den weichen Reifen", konstatierte Allison. Hamilton war mit seinem Longrun auf dem Soft-Reifen sogar noch eine Zehntel schneller als Ricciardo, der auf dem Ultrasoft die zweitschnellste Pace am Freitag markierte. Bei Red Bull glaubt man dennoch daran, auch den Rest des Wochenendes mit Mercedes an der Spitze verbringen zu können.

"Wir wollen aus eigener Kraft gewinnen, ob wir es können, wird sich im Qualifying zeigen. Unsere Longruns waren gut", sagte Marko, der wie so oft in erster Linie Mercedes' Qualifying-Performance fürchtet. "Wie viel der Quali-Modus hier genau ausmacht, wissen wir nicht", gab er zu bedenken.

Singapur-Longruns auf Soft-Reifen

FahrerDurchschnittliche RundenzeitAbstandReifenalterStintlängeSession
Lewis Hamilton1:46.406 Minuten18 Runden10 RundenFP2
Sebastian Vettel1:47.497 Minuten+ 1,091 Sekunden23 Runden14 RundenFP2