Endloses Regen-Drama im Qualifying zum Italien GP 2017 der Formel 1 in Monza. Bereits nach vier Minuten wurde die Session unterbrochen, nachdem Haas-Pilot Romain Grosjean Ende der ultraschnellen Start-Ziel-Geraden durch Aquaplaning die Kontrolle über seinen Boliden verloren und in die Streckenbegrenzung gecrasht war. Zu diesem Zeitpunkt hatten gerade einmal neun Piloten eine gezeitete Runde erzielt.

Was folgte: Verzögerung um Verzögerung - im 15-Minuten-Takt wurden neue Informationen angekündigt. Insgesamt zehn Mal wurde der Start der Session verschoben, erst für 16:40 Uhr wurde der Re-Start der Session terminiert. Doch war dieses Vorgehen - der Abbruch und die Verzögerungen - richtig? Und: Hätte das Qualifying überhaupt gestartet werden dürfen? Die Stimmen dazu gehen deutlich auseinander.

Grosjean sauer: Hätten Qualifying niemals starten dürfen

Letztes negiert Romain Grosjean. Der Crashpilot wetterte nach seinem Abflug sofort per Boxenfunk wutentbrannt in Richtung der Rennleitung. Niemals hätte die Session gestartet werden dürfen, so der Franzose. „Ich denke, das die Bedingungen einfach nicht gut genug waren, um rauszufahren“, wiederholt der Haas-Pilot wenig später bei Sky UK seine Einschätzung. „Ich habe mich schon auf der Outlap beschwert und gesagt, dass zu viel Wasser auf der Strecke sei und man nichts sehen kann“, poltert Grosjean. Ähnliches hörte man am Funk etwa von Stoffel Vandoorne und Daniil Kvyat. Grosjean weiter: „Wir hätten niemals rausgehen dürfen und da bin ich ganz klar!“

Marko: Verzögerungen dumm, Grosjean kein Maßstab

Doch mit dieser Einschätzung steht Grosjean zwar nicht alleine da, doch gibt es durchaus ganz andere Meinungen. „Ich finde es war dumm“, kommentiert Helmut Marko bei RTL den Abbruch des Qualifyings samt der unzähligen Verzögerungen. „Um 14:45 Uhr hat der Regen aufgehört. Da hätten wir mindestens Q1 durchziehen können. Die Fahrer werden ja schon langsam müde vom Ein- und Aussteigen“, meint Red Bulls Motorsportberater. Grosjeans Abflug sei obendrein der völlig falsche Maßstab. Marko: „Das Argument, wenn ein Grosjean abfliegt ... das ist wirklich keine aussagekräftige Sache. Alle anderen sind ja auf der Strecke geblieben.“

Zudem vermittele die Formel 1 nicht gerade das beste Bild von sich selbst. „Wenn Bernd Mayländer sagt, es ist okay ... Es sind die besten Fahrer, Chassis’ und wir haben Extremwetterreifen. Irgendwo muss man vom Sport was verlangen können“, sagt Marko. „Da sind wir bald bei amerikanischen Verhältnissen und fahren bei Regen gar nicht mehr. Ich finde das nicht richtig“, ergänzt der Grazer bei Sky.

Qualifying-Chaos Monza: Das sagen Prost, Stewart, Häkkinen, Hill

Anders sieht es Günther Steiner. Naturgemäß stärkt der Haas-Teamchef ganz klar seinem Schützling den Rücken. „Es ist nicht fahrbar, alle Fahrer haben sich am Funk beklagt, wir sollten abbrechen – bevor wir abgeflogen sind. Romain fuhr mit 313 auf der Geraden - ohne Kontrolle. Da hätte man meiner Meinung nach schon vorher abbrechen müssen. Es ist Pech, dass unser Auto eingeschlagen ist. Aber es ist gut ausgefallen, weil sich keiner verletzt hat“, sagt Steiner bei RTL.

Ähnliche Töne schlägt Mika Häkkinen an. „Es sieht nicht so gut aus. Im Moment ist es auf dieser Strecke, auf der du über 300 fährst, etwas, wo du auf die Sicherheit achten musst. Das hat Priorität“, stellt der Finne bei RTL klar. Andererseits sei es für die Fans natürlich schade. „Da sieht man ja das Talent der Fahrer und ihre Qualität, wenn es darum geht, bei diesen Bedingungen schnell zu fahren. Aber wenn ich da im Auto sitzen würde, würde ich auch sagen, dass es keine gute Idee ist, zu fahren.“

Alt-Weltmeister Jackie Stewart, in seiner aktiven Zeit schon stets Verfechter der Sicherheit, sieht das Vorgehen der FIA als goldrichtig an. „Wegen des Aquaplanings ist es bei starken Regen ein Risiko, sodass Charlie (Whiting, Rennleiter, Anm. d. Redaktion) die richtige Entscheidung getroffen hat. Du willst keinen riesigen Unfall“, sagt der Schotte bei RTL. „Das Safety Car hat gesagt, es stehe noch Wasser auf der Geraden. Das wollen wir nicht“, rechtfertigte Whiting selbst sein Vorgehen. Dem pflichtet Alain Prost bei. „Wenn es Sicherheitsbedenken gibt, kann man nichts dagegen haben“, sagt der viermalige Champion bei RTL zur Ewig-Unterbrechung.

Ein anderer Weltmeister dagegen hätte sich ähnlich wie Marko mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. „Wenn jemand genau sagen kann, wann der Regen stärker wird und wann er aufhört, dann geht es ja“, meint der Brite bei RTL. „Aber es hätte einen weiteren Unfall geben können, wenn man die Autos wieder rausgelassen hätte“, wiederspricht Hill Marko auf der anderen Seite. „Ich glaube, es ist vorbei für heute.“ Allerdings fordert auch Hill Veränderungen für die Zukunft: „Wir müssen eine Möglichkeit finden, auch unter extrem nassen Bedingungen fahren zu können.“

Max Verstappen: Bedingungen waren doch perfekt!

Für Max Verstappen wäre genau das einfach so gar kein Problem gewesen. „Wir hätten 15 Minuten nach der roten Flagge wieder fahren sollen. Da war es perfekt“, bestätigt der Niederländer seinen Vorgesetzten bei Red Bull. „Jetzt warten wir ja nur die ganze Zeit und es kommt noch mehr Wasser auf die Strecke. Im Q1 war es für mich okay. Nur Start-Ziel war arg nass, aber ansonsten wäre es perfekt gewesen.“

Ganz anders dagegen die Einschätzung von Sergio Perez: „Es war schon ziemlich riskant. Es ist einfach eine Menge Wasser, die da auf der Geraden steht. Wir müssen einfach warten bis es besser wird.“ Felipe Massa dagegen – nicht gerade als Regenkünstler bekannt – machte sich vor allem wegen der Fans Gedanken. „Ich hoffe, wir haben bald eine Entscheidung. Ich hoffe wir können fahren, ist langweilig für uns und für die Leute, die zuschauen.“