George Russell spulte am zweiten Testtag auf dem Hungaroring solide 90 Runden hinter dem Steuer des F1 W08 ab. Dem jungen Briten wurde dabei jede Menge Aufmerksamkeit zuteil: Als erster Pilot bewegte er einen Boliden der Generation 2017 mit Halo. Entgegen seiner Erwartungen überraschte ihn der ab 2018 in der Formel 1 verpflichtend vorgeschrieben Cockpitschutz durchweg positiv.

"Ich hatte mit Halo eine viel bessere Sicht, als ich es erwartet hatte", so der 19-Jährige, der anfügt, dass der Halo ihm die Arbeit unter bestimmten Voraussetzungen sogar erleichterte. "Als die Sonne am Ende des Tages unterging, schützte es meine Augen vor der Sonne. So konnte ich tatsächlich mehr sehen, als ich normalerweise bei einem niedrigen Sonnenstand sehe", so seine überraschende Feststellung.

Beim Fahren sei der Halo in keiner eine Behinderung, doch in gewissen Situationen ist sich Russell noch unschlüssig. "Das einzige Hindernis könnte die Ampel am Start sein", so der Mercedes-Junior, der sich hauptsächlich an das Ein- und Aussteigen mit Halo gewöhnen musste. "Es ist ziemlich knifflig. Dazu ist ein wenig Erfahrung notwendig, um die richtige Technik zu finden. Wo man mit den Armen hin soll und solche Dinge", erklärt er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com

Doch auch diese Herausforderung meisterte der Youngster nach wenigen Versuchen. "Du kannst die Ellenbogen auf der Kopflehne aufstützen und dich am Halo festhalten, während du dich hochziehst. Das einzig Schwierige ist, das Bein ins Auto zu bekommen. Viele werden dafür wohl eine Art Stufe benutzen", so Russell, dessen Halo-Ausfahrten sich wie bisher üblich lediglich auf Funktionstests beschränkten.

"Am Morgen hatten wir nur eine In- und eine Out-Lap mit Halo gemacht, nur um zu sehen, wie die Aerodynamik darauf reagiert. Nachmittags haben wir es aufgesetzt um zu schauen, wie das Auto auf das zusätzliche Gewicht reagiert", führt Russell aus. Abgesehen von den Halo-Tests spulte er das von Mercedes für ihn vorgesehen Programm nahezu problemlos ab. "Wir hatten heute Vormittag ein paar Probleme, als es nicht ganz nach Plan lief. Aber der Nachmittag war sehr produktiv", fügt er an.

Russells Mercedes am Nachmittag stillgelegt

Der produktive Nachmittag fand allerdings ein unerwartetes Ende. "Am Ende des Tages sagten mir die Ingenieure, dass ich Öldruck verliere und das Auto anhalten soll", so Russell, nach 90 Runden auf dem Hungaroring mit einer Bestzeit von 1:19,391 Minuten an 8. Stelle des Klassements geführt wurde. Um Rundenzeiten ging es dem derzeit Führenden der GP3-Gesamtwertung an seinem zweiten Tag im F1-Cockpit aber ohnehin nicht: "Wir konzentrierten uns nicht darauf, an der Spitze der Zeitenliste zu stehen."

Im Vordergrund stand ganz klar das Testprogramm des Weltmeister-Teams möglichst im vollen Umfang abzuarbeiten. "Ich ging auf Nummer sicher, weil ich wusste, dass für die zwei Tage im Auto viele Kilometer geplant waren. Ich wollte gute Arbeit für das Team abliefern und alle ihre Testaufgaben erledigen", so Russell, der keinesfalls unangenehm auffallen wollte: "Ich wollte nicht über das Limit gehen und das Auto in die Wand setzen. Ich habe die Pace stetig gesteigert, war aber heute schon den ganzen Tag am Limit."

Dass er sich in der Zeitenliste nicht weiter oben einsortieren konnte, scheint für ihn in erster Linie an den unterschiedlichen Testprogrammen zu liegen. "Die meisten Fahrer wollen im Klassement nach oben. Einige andere Teams haben sich wohl mehr auf Quali-Runs mit wenig Sprit fokussiert, um in der Zeitenliste nach vorne zu kommen. Sie hatten sicherlich ein etwas anderes Ziel als wir", ist sich Russell sicher.

Für ihn steht statt Rundenzeiten das Feedback der Mercedes-Ingenieure an erster Stelle. "Ich denke, mein Job war für die Anforderungen des Teams gut genug. Ich warte jetzt auf das Feedback von ihnen, aber ich bin mir sicher, gute Arbeit geleistet zu haben", so Russell, der offenbar mit einem guten Gefühl aus Budapest abreist.