Für Max Verstappen entpuppt sich die F1-Saison 2017 zunehmend zum Horrortrip. Beim Österreich GP in Spielberg, ausgerechnet Red Bulls Heimrennen, scheidet der Youngster erneut aus - zum fünften Mal in den vergangenen sieben Rennen. Und dieses Mal kommt Verstappen gerade einmal bis zur ersten Kurve, ehe das Unheil seinen Lauf nimmt.

Besser gesagt, geht es schon vorher los: Wie eine Schnecke kriecht Verstappens RB13 am Start aus dem Grid. "Ich habe beim Start einen Kupplungsfehler gehabt", berichtet Verstappen noch bei RTL. "Max ist am Start in den Anit-Stall-Modus gekommen", korrigiert später Teamchef Christian Honer bei SKY UK. "Dann wurde er in der ersten Kurve natürlich kassiert und hat dann einen heftigen Treffer abbekommen", schildert Horner den Moment, als Verstappens Rennen jäh endet.

Kvyat löst Kettenreaktion aus

Was war passiert? Der Niederländer war das letzte Opfer eine Kettenreaktion geworden. Ausgerechnet Daniil Kvyat vom Schwesterteam Toro Rosso hatte das Drama ausgelöst, war Fernando Alonso ins Heck gekracht. Der McLaren-Pilot war daraufhin nur noch Passagier, schlitterte in Verstappen - für beide das Aus während Kvyat weiterfahren konnte. Später kassierte er für den Unfall aber eine Durchfahrtsstrafe samt zwei Strafpunkten und beendete das Rennen als Sechzehnter und damit Letzter.

"Was soll ich sagen? Es ist sehr enttäuschend, aber das gehört glaube ich dazu", sagt ein den Tränen naher Verstappen. "Aber am Ende muss ich jetzt positiv bleiben. Es ist sehr hart, aber das ist jetzt das Wichtigste. Wir hoffen natürlich, dass es in Silverstone besser läuft. Aber wieder null Punkte, das ist natürlich nicht gut", klagt Verstappen.

Umso bitterer für den Red-Bull-Fahrer, blickt man nur auf das, was Teamkollege Daniel Ricciardo mit dem RB13 erreicht. Red Bull fährt im Rennen von Spielberg voll auf Augenhöhe mit Mercedes und Ferrari. "Das war einer unser konkurrenzfähigsten Grands Prix der Saison. Wenn du dir die Sektorbestzeiten ansieht, war Daniel das stärkste Auto da draußen", sagt Horner.

Horner leidet mit - und macht Verstappen Mut

Verzweifeln müsse Verstappen deshalb aber noch lange nicht - auch nicht nach dem fünften Ausfall im siebten Rennen. "Man vergisst, wie jung er noch ist", sagt Horner. "Klar, er bekommt gerade alles ans Kinn und natürlich ist das besonders hart, wenn du siehst, dass das andere Autos Podien bekommst, von denen du denkst, dass du sie erreichen solltest. Er fährt auf einem so hohen Level, dass es sich für mich so anfühlt, dass er drei GP in Folge gewinnen kann, wenn alles richtig läuft."

Und genau das werde früher oder später passieren. "Man weiß, dass es irgendwann wieder in die richtige Richtung läuft. Er kann in den nächsten drei Rennen wieder ganz oben sein, es dreht sich für ihn bestimmt noch. Und er wird so ein stärkerer Fahrer", ergänzt Horner bei RTL. Selbst dessen Pendant auf Mercedes-Seite übte sich angesichts der Pleitenserie Verstappens in Mitleid. "So viele Fans hier, dann in Runde eins auszufallen ist schade. Wenn man sich Ricciardo anschaut, wäre für Verstappen ein viel besseres Ergebnis drin gewesen. Ich bin sicher, dass er nicht sehr happy ist und dass auch sein Vater nicht happy ist", sagt Wolff. Allerdings könne man diesmal niemandem bei Red Bull einen Vorwurf machen. "Das lag aber nicht am Team und war auch nicht sein eigener Fehler. Ein anderer Fahrer hat ihn von hinten getroffen."

Die tausenden Fans auf der Verstappen-Tribüne bekamen den Start-Schock direkt mit, Foto: Sutton
Die tausenden Fans auf der Verstappen-Tribüne bekamen den Start-Schock direkt mit, Foto: Sutton

Alonso: Kvyat-Übermut wegen Zukunftsangst

Dieser andere Fahrer - das ist Fernando Alonso. Doch ist der Spanier eben nicht der Schuldige. Auch Alonso ist nur Opfer einer neuerliche Torpedo-Aktion seitens Kvyat. Entsprechend erinnert fühlt sich Alonso an die Szenen aus dem Vorjahr. "Wir wissen, dass der Start im Mittelfeld heikel ist. Aber auf den ersten Metern des Rennens ist es unnötig diese Extra-Meter zu gewinnen. Die Jungs hinten müssen sich manchmal beweisen - ihre Cockpits und ihre Zukunft. Sie riskieren ein bisschen zu viel", stichelt Alonso gegen Kvyat.

Noch dazu poltert Alonso wegen des Strafmaßes. "Die Leute von hinten kamen zu schnell, sie haben unser Rennen zerstört. Eine Durchfahrtsstrafe ist da vielleicht eine zu kleine Strafe", sagt der Spanier. Kvyat selbst sieht das erwartungsgemäß ganz anders. "Ich konnte nicht allzu viel von dem, was vor mir geschehen ist, sehen. Ich glaube, Verstappen hatte auch ein Problem, sodass Alonso reagiert hat - er hat es gesehen, ich nicht, also hat er verzögert wohingegen ich all meine Referenzpunkte verloren habe", verteidigt sich der Russe.

Kvyat verteidigt sich, will aber lernen

"Ich kam von innen, habe noch die Linie gewechselt, gebremst, aber dann haben die Hinterreifen blockiert. Dann habe ich noch härter gebremst, aber konnte es nicht mehr kontrollieren. Ich bin auf allen vier Reifen gerutscht. Ich habe also alles versucht, aber bin leider damit geendet, zu kollidieren. Das ist ärgerlich für mich selbst und für die anderen natürlich auch. Aber das passiert", ergänzt Kvyat. So ganz unschuldig fühlen kann sich der Toro-Rosso-Pilot allerdings nicht, schiebt er doch nach: "Ich werde das analysieren und daraus lernen."

Sorgen um seine Zukunft machen muss sich Kvyat durch das Torperdo-Rival jedoch offenbar nicht. "Er wird nicht nach diesem Move bewertet werden - das war ein Rennunfall", meint Red Bulls Christian Horner. "Ich denke, er hat eine ganz gute Saison. Wir haben viel Zeit, aber ich kann keinen Grund sehen, warum Red Bull ihn zu diesem Zeitpunkt auswechseln sollte."