Valtteri Bottas hat den Großen Preis von Österreich in Spielberg gewonnen. Nach einem sensationellen Start setzte sich der Mercedes-Finne sofort von Sebastian Vettel ab und fuhr den Sieg souverän ins Ziel. Nur nach seinem Boxenstopp musste Bottas die Führung kurzzeitig an Landsmann Kimi Räikkönen abgeben - und kurz vor Rennende noch einmal gegen den heranstürmenden Schlusssprinter Vettel verteidigen. Mit nicht einmal 0,7 Sekunden Vorsprung rettete sich Bottas vor Vettel ins Ziel. Für Bottas war es der zweite Saison- und Karrieresieg.
"Dem Valtteri ist da am Ende einfach die Pace ausgegangen mit Blick auf die Reifen", erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bei RTL die Gründe der Vettel Attacke am Ende. Niki Lauda mahnte derweil vor den jetzt 20 WM-Punkte Vorsprung für Vettel. "Wir haben zuletzt einfach zu viele Fehler gemacht", ergänzte Wolff. Jetzt brauche es eben einen Heimsieg in Silverstone, so RTL-Experte Lauda. Für Bottas dagegen gab es ein Extra-Lob: "Vor dem ziehe ich die Kappe. Der hat es heute für Mercedes gerettet."
Nicht minder dramatisch das Finish im Kampf um P3: Nur hauchdünn musste sich Lewis Hamilton nach seiner Aufholjagd von P8 dem Red Bull von Daniel Ricciardo geschlagen geben - das fünfte Podium in Folge für Ricciardo. "Ich habe keine Ahnung, ob ich ihn hätte bekommen können. Ich habe alles gegeben", sagte Hamilton. "Ricciardo ist besser mit den Reifen umgegangen, deshalb konnte der Lewis ihn auch nicht mehr bekommen", erklärte Lauda.
Kimi Räikkönen wurde Fünfter, Max Verstappen war bereits am Start abgeschossen worden und ausgefallen - der fünfte Ausfall im siebten Rennen. Nico Hülkenberg beendete das Rennen als 13. vor Pascal Wehrlein.
Das sagen Bottas, Vettel & Ricciardo zum Rennen
Valtteri Bottas: "Ich glaube, das war der Start meines Lebens! Am Ende habe ich an Russland gedacht, wo er auch aufgeholt hat. Ich hatte fiese Blasen auf den Hinterreifen, was es schwierig gemacht hat. Es ist jetzt der zweite Sieg meiner Karriere. Danke an alle, auch das Team. Perfekt. Es ist auch gut für die Punkte. Aber es ist noch früh im Jahr und wir entwickeln uns noch weiter."
Sebastian Vettel: "Es war ganz schön knapp. Ich habe einfach gepusht. Im ersten Teil des Rennens hatte ich ein bisschen Probleme, ein Gefühl für das Auto zu bekommen. Aber mit den Supersoft-Reifen bin ich dann in die Puschen gekommen. Eine Runde mehr, dann hätte ich ihn bekommen. Der Start? Ich war soo sicher, dass er einen Frühstart hingelegt hatte!"
Daniel Ricciardo: "Das Rennen hat riesigen Spaß gemacht. Am Ende ging es darum, die Position zu verteidigen. Er kam noch ziemlich nah ran, da musste ich alle meine Bremspunkte perfekt treffen. Gerade in Kurve vier rein musste ich so spät bremsen wie möglich. Fünfmal hintereinander ist natürlich toll - gerade hier in Österreich. Max hatte hier letztes Jahr das Podium, da war ich ein bisschen neidisch."
Die Punkteränge: Hinter den fünf Spitzenfahrern fuhr Romain Grosjean mit P6 das beste Haas-Saisonergebnis ein. Es folgten die beiden Force India, Sergio Perez vor Esteban Ocon - diesmal ohne Crash und Streit. Das Williams-Duo komplettierte nach schrecklichem Qualifying die Top-10: Felipe Massa vor Lance Stroll.
Der WM-Stand: Vettel reichte Platz zwei, um seinen WM-Vorsprung mit nun 171 Punkten auf 20 Zähler vor Hamilton (151) zu schrauben. Bottas meldet sich nach Baku noch lauter zurück im Titelkampf mit nun 136 Zählern, Ricciardo kommt auf 107, Räikkönen auf 83.
Übersicht: Die WM-Wertungen nach Österreich
Das Wetter: Großes Zittern vor dem Rennstart in Spielberg: Keine Stunde vor Beginn hingen dicke Wolken über dem Red Bull Ring, zuvor hatte es bereits vereinzelt getröpfelt. Noch dazu große Hitze, Schwüle - Gewitterluft. Rund 65 Prozent betrug die Regenwahrscheinlichkeit für den Rennverlauf. Der Österreich GP ging letztlich aber regenfrei über die Bühne - bei knapp 30 Grad Celsius Außen- und gut 45 Streckentemperatur sowie einer leichten Brise.
Der Start: Raketenstart von Valtteri Bottas! Der Finne zog mühelos vorne weg. Vettel vermutete per Funk sofort einen Frühstart. Ein Überprüfung durch die Rennleitung ergab jedoch das Gegenteil (und eine bombastische Reaktionszeit von 0,2 Sekunden) - wie bereits die TV-Bilder nahegelegt hatten. Beide Ferrari erwischten dagegen einen suboptimalen Start, mussten sich heftig gegen Daniel Ricciardo wehren. Ganz bitter lief es für den anderen Red Bull. Max Verstappen startete katastrophal, wurde dann auch noch in Kurve eins von Fernando ALonso gedreht. Dem wiederum war zuvor Daniil Kvyat ins Heck geknallt. Der Russe kassierte eine Durchfahrtsstrafe.
In Remus musste sich schließlich Kimi Räikkönen Ricciardo geschlagen geben, geriet dabei soweit nach Außen, dass innen auch noch Romain Grosjean durchschlüpfte, den der Finne nach einer Runde aber wieder schnappen konnte. Lewis Hamilton machte abgesehen von Verstappen-Profit keinen Boden gut. Ganz anders Williams, die nach Horror-Qualifying plötzlich schon auf Top-10-Kurs lagen.
Die Strategien: Durch einen Turbowechsel unter Parc-Fermé-Bedingungen startete Pascal Wehrlein das Rennen aus der Box - mit Supersoft-Reifen. In den Top-10 legte Aufholjäger Lewis Hamilton, nach seiner Gridstrafe von P8 gestartet, als einziger mit Supersoft los. Alle anderen hatten das Q3 mit den Ultrasofts erreicht. Außerhalb der Top-10 starten Nico Hülkenberg, Kevin Magnussen und Lance Stroll mit Supersoft, Jolyon Palmer und Felipe Massa mit Soft, der Rest auf Ultrasoft.
Ende Runde 14 eröffnete Hülkenberg schließlich den Boxenstopp-Reigen und holte sich Soft, die Spitze allerdings zögerte erstaunlich lang - deutlich länger als die Pirelli-Empfehlung vorgegeben hatte. Hintergrund: Sollte es doch noch zum Wolkenbruch kommen, wäre so ein Stopp gespart. Erst Ende Runde 31 kam Top-Fahrer Nummer eins: Hamilton holte Ultrassoft. Zwei Umläufe später wechselte auch Ricciardo, holte Supersoft. Durch den Undercut war Hamilton dem Australier bis auf 2,5 Sekunden auf die Pelle gerückt.
Weiter ging es in Runde 34 mit Vettel - ebenfalls Supersoft für den Ferrari-Piloten. Somit führte nun eine finnische Doppelspitze in Österreich. Bottas und Räikkönen machten keine Anstalten, es ihren Teamkollegen gleichzutun. Bottas konnte nicht, weil er knapp hinter der Ferrari gerutscht wäre, Räikkönen sollte aus den entsprechenden taktischen Gründen nicht. Knapp eine Sekunde pro Runde verlor das Duo in dieser Phase auf seine drei Verfolger. In Runde 41 war es dann so weit: Bottas kam an die Box, verlor die Führung an Räikkönen. Nach zwei Runden überholte Bottas mit 44 Runden frischeren Reifen seinen Landsmann in Kurve eins, sodass auch der wechselte - beide übrigens auf Supersoft. Damit waren die Boxenstopps im Einstopp-Rennen von Spielberg abgehandelt.
Der Rennverlauf: An der Spitze setzte sich Bottas zu Rennbeginn sofort Stück für Stück ab. Nach 15 Runden betrug der Vorsprung auf Vettel fünf Sekunden. Hamilton indes überholte in Runde sechs Sergio Perez in Remus, zwei Umläufe später war auch Grosjean fällig - Kurve vier. Damit lag der Brite bereits auf P5 hinter Räikkönen, der sich per Funk eine, nein mehrere, aufgeregte Diskussionen mit Ferrari über die Einstellungen lieferte. Hamilton dagegen beklagte sich fast paralllel trotz Supersofts über Blasenbildung und Übersteuern. Selbes meldete dann auch der Finne (Runde 17), zu einem richtigen Zweikampf kam es allerdings nicht - erst recht nicht mehr, nachdem Hamilton zum Stopp gekommen war (s.o.).
Nach den Boxenstopps beklagte sich Hamilton über zu viel Frontflügel für den neuen, ultraweichen Reifen, verlor leicht an Boden auf Vettel und Ricciardo auf härteren Mischungen. Die beiden Letzteren indessen hatten durch ihre Undercuts etwas Boden gut auf Bottas gemacht. Noch dazu gewannen sie mehr Zeit, als Bottas hinter Räikkönen festhing.
Die Reihenfolge nach den einzigen Stopps in Runde 46: Bottas, Vettel (+ 4 Sek.; SS), Ricciardo (+ 9 Sek.; SS), Hamilton (+ 12 Sek.; US), Räikkönen (+ 22 Sek.; SS).
An diesen Abständen änderte sich zunächst nicht viel, allenfalls Schwankungen im Sekunden-Bereich. Die meiste Spannung brachten in dieser Phase zwei Fragen: Sollte es noch regnen? Würde Hamiltons Ultrasoft gut genug durchhalten? Offenbar schon: Über Blasenbildung klagte Hamilton zwar erneut, doch drehte er dennoch eine schnellste Rennrunde nach der anderen, machte zehn Runden vor Rennende mächtig Druck auf Ricciardo. Auch an der Spitze heizte Vettel jetzt Bottas etwas mehr ein, drückte den Rückstand auf 2,5 Sekunden.
Kurz vor Rennende wurde es dann richtig prickelnd: Sowohl Hamilton als auch Vettel algen im DRS-Fenster. Bis zur Ziellinie jagten sich Bottas und Ricciardo, doch sowohl Finne als auch Australier bewahrten einen kühlen Kopf, verteidigten P1 und P3 gekonnt.
Die Zwischenfälle: Stoffel Vandoorne kassierte Mitte des Rennens eine Durchfahrtsstrafe wegen Ignorierens blauer Flaggen beim Überrundungsvorgang durch Räikkönen. Letzterer leistete sich in der Schlussphase einen kapitalen Verbremser in Kurve eins.
Die Ausfälle: Verstappen musste das Auto nach der Kollision in Kurve eins abstellen. Neuerliche Mega-Pleite für den Youngster. "Es ist sehr enttäuschend. Am Start hatte ich einen Kupplungsfehler. Es ist sehr schade, aber das gehört wohl auch dazu. Ich muss positiv bleiben, aber es ist jetzt sehr hart", sagte ein den Tränen naher Verstappen bei RTL. Sein Schicksal teilte Unfallgegner Alonso.
In Runde 30 musste der nächste aufgeben - Kevin Magnussens Haas sonderte leichten Rauch ab. Gut 20 Runden vor Rennende war auch für Carlos Sainz Schluss, Toro Rosso forderte ihn auf, das Auto wegen eines Defekts an die Box zu bringen.
Die Analyse:Blitzsaubere Leistung von Vallteri Bottas. Wer hätte das gedacht? Mit so einer Leistung muss man den Finnen in der WM jetzt wohl auch wieder auf der Rechnung haben - herangerobbt hat er sich jedenfalls. Überraschend gut auch die Performance von Red Bull - Daniel Ricciardo konnte voll mit Mercedes und Ferrari mithalten.
Die Top-Facts des Rennens
- Bottas mit zweitem Saisonsieg
- Vettel macht Boden gut auf Hamilton
- Ricciardo mit fünftem Podium in Folge
- Hamilton-Aufholjagd endet auf P4
- Nächstes Debakel für Verstappen
- Kvyat kann noch immer den Torpedo
- Bottas ist ein Reaktionszeit-Gott
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