Keine sieben Zehntel fehlten Sebastian Vettel beim Österreich GP im Ziel zu seinem vierten Saisonsieg. Gerade dieser Mini-Rückstand auf Rennsieger Valtteri Bottas ist es, der den Ferrari-Pilot in Spielberg so richtig wurmt - trotz Punktsiegs über seinen schärfsten Titelrivalen Lewis Hamilton. Der Mercedes-Pilot wurde nach Aufholjagd von Startplatz acht nur Vierter, verlor also sechs Punkte auf seinen deutschen Widersacher, liegt nun 20 Punkte hinter Vettel.

"Ich wollte diesen Sieg, ich bin etwas enttäuscht, dass daraus nichts wurde", erklärt Vettel nach Rennende seinen Ärger. "Es war ja ganz schön knapp und ich habe einfach so gepusht", schildert Vettel. Natürlich, der vergrößerte WM-Vorsprung sei nicht schlecht. "Andersherum wäre es schlechter", sagt Vettel. "Aber heute bleibt das Gefühl, dass ich gerne gewonnen hätte. Versteht mich nicht falsch. Aber wenn du den Führenden schon sehen und riechen kannst, dann willst du es irgendwie drehen", ergänzt der Ferrari-Pilot nach seinem ersten Podium in Österreich überhaupt.

Vettel: Nur eine Runde mehr ...

Genau das sei auch durchaus erfreulich. "Ja, die letzten Jahre war hier ein bisschen der Wurm drin. Aber wenn man die Chance hat, den größten Pokal mitzunehmen ... Von Außen kann man jetzt sagen, das sei gierig. Aber ich glaube, darum geht es ja im Sport - gierig zu sein. Aber klar - mit ein bisschen Abstand war es auf jeden Fall ein sehr schönes Wochenende. Und am Ende hat er sich auch einfach gut verteidigt, keine Fehler gemacht. Er verdient den Sieg", sagt Vettel.

Nur eine Runde mehr hätte es dann doch gerne sein dürfen. "Eine Runde mehr, dann hätte ich ihn bekommen. Er hatte Probleme, den Berg hoch zu kommen", berichtet Vettel. "Ich habe da wirklich aufgeholt, er hatte sicherlich ein Problem. Mir wurde über Funk gesagt, er sei in Schwierigkeiten. Also habe ich alles gegeben, leider hat es nicht ganz gereicht. Das zum Schluss mit Perez und den anderen Überrundungen hat mich auch etwas Zeit gekostet", ergänzt der WM-Leader. "Wir waren sehr nah dran am Sieg. Noch eine Runde, dann hätten wir es geschafft. Eine Runde. Es macht Riesenspaß, aber auf P1 hätte es noch mehr Spaß gemacht", lamentiert auch Oberboss Sergio Marchionne bei RTL das Ausbleiben eines Rundennachschlags.

Vettel verspielt Siegchance mit schwachem Start-Stint

Doch eine längere Renndistanz sei nur eine Möglichkeit, warum es am Ende nicht zum Sieg reichte, so Vettel. Gerade wegen des knappen Abstands grübelt Vettel, was er hätte besser machen können. "Wenn es so knapp ist, dann wünscht man sich, das knapp zu unseren Gunsten ausgeht", sagt Vettel. "Aber das war heute nicht der Fall." Als zweiten Grund dafür macht der Deutsche insbesondere den ersten Stint aus. "Im ersten Teil des Rennens hatte ich ein bisschen Probleme, ein Gefühl für das Auto zu bekommen. Da habe ich zu viele Fehler gemacht, weil das Auto nicht perfekt war. Ich hatte da nicht die Pace und er konnte ein bisschen wegziehen. Das war einfach zu dünn. Sonst wären wir näher dran gewesen", meint Vettel.

"Aber mit den Supersoft-Reifen bin ich dann in die Puschen gekommen und er hatte ein bisschen zu kämpfen. Mit der anderen Reifenmischung war das Auto wie verwandelt, als hättest du einen Schalter umgelegt. Unter dem Strich waren wir dann ja fast gleich auf dem Zielstrich", ergänzt der Ferrari-Pilot. Ein wenig erinnert habe ihn das an den Russland GP. "Zum Schluss des Rennens war es wie in Russland. Auch dort hatte ich den Eindruck, dass ich einfach ein wenig mehr Zeit gebraucht hätte, um Bottas noch zu kassieren", erinnert sich Vettel an den ersten Sieg Bottas.

Vettel bleibt überzeugt: Das war ein ein Frühstart von Bottas

Grund Nummer drei: der Start. Vettel funkte nach dem sensationellen Auftakt von Bottas, dabei habe es sich doch um einen Frühstart handeln müssen. Mehrfach fragte Vettel per Funk nach, doch am Ende entschied die FIA: alles in Ordnung. "Der Sensor hat gesagt: kein Frühstart. Also ist es für die FIA klar: kein Frühstart", stellt Stewards Mika Salo im ORF klar. Dagegen werde Ferrari auch nicht protestieren bestätigte Vettel.

Doch sei er noch immer überzeugt, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann. "Ich war ziemlich sicher, dass es ein Frühstart war. Ich habe zweimal nachgefragt und war mir sehr sicher ... bin mir sehr sicher", gluckst Vettel schelmisch. "Ich bleibe dabei." Dass Bottas schlicht grandios, in 0,2 Sekunden, reagiert habe? "Daran glaube ich nicht", winkt Vettel ab. "Die üblichen Reaktionszeiten sind einfach länger als das. Ich bin noch immer davon überzeugt, dass seine Reaktionszeit ... sagen wir mal ein wenig übermenschlich gewesen ist."

Vettel weiter: "Wenn die Zeitmesser etwas anderes sagen, gut, aber ich bleibe bei meiner Meinung. Aber auch wenn ich anderer Meinung bin - letztlich liegt es sowieso nicht an mir zu beurteilen, ob der Start von Valtteri legal war oder nicht." Eine Ansicht, die Niki Lauda so gar nicht verstehen kann. "Was kannst du da diskutieren? Sein Eindruck war falsch. Das Licht geht aus, er fährt los. Mehr brauchst du nicht machen", sagt der Mercedes-Aufsichtsrat bei RTL. Sensoren seien nun einmal Sensoren.

Punktsieg im WM-Kampf oder neuer Gegner?

Aber zurück zum Vettel-Ärger über den verpassten Sieg. Durch den den Triumph des Finnen fällt der Punktsieg gegen Hamilton ohnehin etwas weniger ins Gewicht, hat sich Bottas nun auch selbst in Position gebracht, liegt seinerseits nur 15 Punkte hinter dem Briten. Vettel gibt jedoch zu Protokoll, ihn interessiere all das noch immer nicht. "Ich schaue mir die Punkte nicht an. Ich gucke von Rennen zu Rennen", sagt er.

"Und heute bin ich ein bisschen stinkig, dass es nicht gereicht hat. Wenn man das Gefühl hat, es hätte besser sein können, kann man nicht ganz zufrieden sein", sagt Vettel. Bottas indessen habe er ohnehin immer auf dem Zettel behalten. "Nicht erst seit heute. Er hat bereits in anderen Rennen bewiesen, dass er sehr schnell ist. Aber je mehr da vorne sind, desto besser. Das macht uns auch mehr Spaß!"