Bei Kimi Räikkönen sprechen nach dem verpassten Sieg beim Monaco GP in Monte Carlo Körpersprache und Mimik für sich, sagen mehr als jeder Kommentar des Ferrari-Piloten in der anschließenden Pressekonferenz. Wie versteinert steht der Finne auf dem Podium, keine Regung im Gesicht. Ohne auch nur das kleinste Zucken im Mundwinkel nimmt Räikkönen die Glückwünsche von Fürstin Charlene zu jenem zweiten Platz entgegen, den der Ferrari-Mann so gar nicht haben möchte. Zu tief sitzt der Frust.

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll ...", quält sich Räikkönen schließlich heraus. "Es ist noch immer Platz zwei, aber es ist nicht so toll, bedeutet mir nicht gerade viel. Eigentlich hätte mehr drin sein müssen ... Aber manchmal passiert sowas, es gibt solche Tage. Aber kein schönes Gefühl", sagt Räikkönen. "Nach all der harten Arbeit ist P2 okay, aber das ist natürlich nicht, was ich will."

So verlor Kimi Räikkönen den Monaco-Sieg

Was Räikkönen wollte war nur eines: den Sieg - seinen ersten seit dem Australien GP 2013, damals noch im Lotus. Den Grundstein gelegt hatte der Finne dafür eigentlich schon im Qualifying. Zum ersten Mal seit neun Jahren besetzte Räikkönen wieder die Pole Position. Von dort erwischt der Ferrari-Fahrer einen guten Start, behauptet mühelos die Führung vor Sebastian Vettel und verwaltet bis zum ersten Boxenstopp ein Mini-Polster vor dem späteren Sieger, verweigert Vettel fast konsequent das DRS.

Vettel-Sieg durch Ferrari-Teamorder? (05:02 Min.)

Dann ein Boxenstopp von Mercedes, in Runde 33 kommt der drittplatzierte, und damit erste Ferrari-Jäger, Valtteri Bottas zum Reifenwechsel. Ferrari muss reagieren, zitiert Speerspitze Räikkönen in der nächsten Runde zum Service. Auf den ersten Blick scheint alles gut zu gehen: Der Boxenstopp flutscht, Räikkönen kommt anders als Bottas sogar vor Carlos Sainz zurück auf die Strecke.

Im ersten Stint lief für Kimi Räikkönen noch alles nach Plan, Foto: Sutton
Im ersten Stint lief für Kimi Räikkönen noch alles nach Plan, Foto: Sutton

Teamorder? Kimi: Kein Kommentar

Doch ganz freie Bahn hat Räikkönen nicht, muss sich ein zweites Mal den Überrundungen von Pascal Wehrlein und Jenson Button widmen - während bei Vettel an der Spitze die Reifen ihren zweiten Frühling erleben, der Deutsche den Hammer fallen lassen kann. Erst fünf Runden nach Räikkönen kommt Vettel seinerseits zum Reifenwechsel - genug, um am Boxenausgang die entscheidenden Meter vorne zu liegen. Für Räikkönen ist das Rennen verloren.

Vettel indessen kann einen Big Point im WM-Kampf gegen Lewis Hamilton setzen. Entsprechend nahe liegt der Verdacht einer clever kaschierten Teamorder seitens Ferrari. Nachfrage um Nachfrage prasselt während der Pressekonferenz auf die Ferrari-Piloten zu diesem Thema ein. Doch Kimi Räikkönen - loyal wie eh und je - verweigert eine Stellungnahme. "Ich weiß es nicht", beantwortet der Finne jegliche Frage. Oder: "Das Rennen ist ja gerade erst vorbei. Ich kenne das Gesamtbild noch nicht." Oder: "Mehr kann ich dazu noch nicht sagen."

In der PK prasselten die Fragen zur möglichen Teamorder nur so ein auf Vettel und Räikkönen, Foto: Sutton
In der PK prasselten die Fragen zur möglichen Teamorder nur so ein auf Vettel und Räikkönen, Foto: Sutton

Loyalist Räikkönen: Ohne Vertrauen ins Team geht es nicht

"Ich weiß nur, dass ich Zweiter wurde und Sebastian gewonnen hat, das Team hat einen Doppelsieg geholt, das ist natürlich toll für das Team, aber der Rest ... Ich wurde reingerufen und das ist alles. Am Ende hatte ich das schlechte Ergebnis auf meiner Seite", sagt Räikkönen. Ob er sich des Calls nicht hätte veweigern können? Klar, meint Räikkönen. "Ich fahre das Auto, also kann ich auch einfach selbst stoppen wann ich will. Aber ich vertraue ihnen. Wenn du kein Vertrauen ins Team hast, wird es wirklich kompliziert", sagt der Finne. Alles weitere müsse er zunächst mit Ferrari analysieren.

Mit Sicherheit bestätigen könne er nur einen Mangel der Ferrari-Strategie. "Es war natürlich nicht ideal, hinter einem überrundeten Auto zurück auf die Strecke zu kommen und natürlich hat mir das definitiv nicht geholfen", kritisiert Räikkönen. Doch wisse er auch hier nicht, welche Absicht sein Team letztlich mit seiner Strategie verfolgt habe.

Vettel-Verständnis für Kimi-Ärger

Der Ärger über den verpassten Sieg - warum auch immer - ist Räikkönen jedoch mehr als nur anzumerken. Das hat auch Sebastian Vettel ganz deutlich mitbekommen. "Ich habe die Fragen in der PK ja alle gehört", sagt Vettel später im TV-Interview. "Ich kann verstehen, dass Kimi verärgert ist. Er ist einen guten ersten Stint gefahren. Dann bekommst du die Nachricht, reinzufahren, du machst den Stopp und dann pushst du. Natürlich ist es dann eine miese Überraschung wenn jemand vor dir rauskommt", sagt Vettel. "Ich war selbst überrascht, dass der Overcut so gut funktioniert hat."

Maurizio Arrivabene versichert: Räikkönen ist für Ferrari mehr als nur Adjutant, Foto: Sutton
Maurizio Arrivabene versichert: Räikkönen ist für Ferrari mehr als nur Adjutant, Foto: Sutton

Arrivabene: Kimi nicht Vettels WM-Gehilfe

Maurizio Arrivabene stellt sich derweil entschieden gegen alle Vorwürfe, Ferrari habe Vettel aus diese Weise bewusst an Räikkönen vorbeigelotst. "Wir machen keine Teamorder. Heute durften die Jungs frei auf der Strecke kämpfen und das haben sie. Sebastian war einfach sehr schnell auf den gebrauchten Reifen", sagt der Ferrari-Teamchef.

Räikkönen sei für Ferrari alles andere als Vettels WM-Gehilfe. "Man darf nicht vergessen, dass er gestern auf Pole gefahren ist! Gestern ist er sein eigenes Qualifying gefahren und heute sein eigenes Rennen. Sie haben einen klasse Job gemacht. Beide - Kimi und Sebastian", sagt Arrivabene. "Er ist nicht nur bei uns, um seinen Beitrag zu leisten, sondern auch um für sich selbst zu fahren."

Inwiefern das der Wahrheit entspricht, darüber gehen die Meinungen im Paddock jedoch weit auseinander. ""Ferrari war zu einhundert Prozent klar, was sie mit dem Boxenstopp von Räikkönen bewirken", sagt etwa Alexander Wurz zu Motorsport-Magazin.com. Mehr Stimmen aus Monte Carlo zu diesem Thema hier: Ferrari-Teamorder oder nicht? So kontrovers reagieren die F1-Experten