Sebastian Vettels Sieg beim Monaco GP war eine Erlösung für Ferrari. Zum ersten Mal seit 2001 hat die Scuderia wieder im Fürstentum gewinnen können. Doch war es nicht nur eine Erlösung, sondern ein Skandal? Kimi Räikkönen hatte eigentlich die besseren Karten, führte das Rennen bis zum ersten Boxenstopp an.
Doch dann der fatale Fehler: Räikkönen wurde vier Runden vor Sebastian Vettel zum Reifenwechsel geholt, der zu diesem Zeitpunkt direkt hinter Räikkönen fuhr. Weil der Reifenverschleiß in Monaco kaum vorhanden ist und der Ultrasoft-Reifen deutlich schneller als der Supersoft ist, macht ein Undercut wenig Sinn.
Vettel konnte in freier Fahrt richtig Gas geben und auf den alten Ultrasoft-Reifen die Zeiten von Räikkönen auf frischen Supersofts deutlich unterbieten. So deutlich, dass Vettel nach seinem Stopp vor Räikkönen zurück auf die Strecke kam. Räikkönen wurde gleichzeitig von Überrundungen behindert.
War der lang ersehnte Monaco-Sieg nun die große Erlösung oder war es der nächste Skandal nach dem letzten Ferrari-Doppelsieg? Den feierten Fernando Alonso und Felipe Massa 2010 auf dem Hockenheimring. Damals kam es zum bekannten Funkspruch 'Felipe, Fernando ist faster than you'. Massa musste Alonso vorbeilassen und schenkte womöglich seinen letzten Sieg her.
Teamorder? Meinungen gehen auseinander
Felipe Massa lief Motorsport-Magazin.com nach dem Rennen über den Weg. "Ich freue mich, dass Ferrari mal wieder einen Doppelsieg gefeiert hat", so Massa. Doch die Art und Weise musste den Williams-Piloten doch an die Szenen von 2010 erinnert haben? "Darüber muss ich mir zum Glück nun keine Gedanken mehr machen...", antwortete er leicht geknickt.
Die Gedanken machen sich nun andere. Motorsport-Magazin.com hörte sich nach Rennende im Fahrerlager um. "Ich glaube, es war Zufall", meint Christian Danner. "Sebastian und Kimi haben sich Reserven behalten, Sebastian ganz speziell. Er fuhr unterhalb dessen, was ging. Als er dann Vollgas fuhr, war er eben deutlich schneller."
Als Ferrari dann sah, wie sich die Lage entwickelte, war es zu spät, so Danner: "Da wird Sebastian sicher gesagt haben, dass er es versuchen will. Das hat man ihm gestattet. Es ist ja nicht das schlechteste Ergebnis für Ferrari, man hat es vielleicht billigend in Kauf genommen."
Wurz: Teamorder zu 100 Prozent klar
Anders sieht es Alex Wurz. Der Österreicher zu Motorsport-Magazin.com: "Ferrari war zu einhundert Prozent klar, was sie mit dem Boxenstopp von Räikkönen bewirken. Man hat gesehen, dass die Zeiten immer schneller wurden, dazu konnte er sich noch Boost aufheben, um in diesen paar Runden den Overcut zu machen. Vettel musste den schon auch noch umsetzen, aber aus Ferrari-Sicht war das eine öffentliche Darstellung, dass sie auf Nummer-eins- und Nummer-zwei-Fahrer setzen - so sehe ich das ganz krass."
Wie sehen es die Beteiligten selbst? Kimi Räikkönens Miene auf dem Podium sprach eigentlich Bände - selbst wenn er bei einem Sieg die Mundwinkel wahrscheinlich nur wenige Millimeter weiter angehoben hätte. "Ich weiß es nicht", bemühte der Iceman in der Pressekonferenz gebetsmühlenartig, wenn er zur Strategie gefragt wurde. "Ich weiß nur, dass ich Zweiter wurde und Sebastian gewonnen hat, das Team hat einen Doppelsieg geholt, das ist natürlich toll für das Team, aber der Rest... "
"Ich wurde reingerufen und das ist alles", so Räikkönen. "Am Ende hatte ich das schlechte Ergebnis auf meiner Seite." Teamkollege und Nutznießer Sebastian Vettel will von Teamorder nichts wissen. "Nein, wir haben vor dem Rennen gesprochen und es war klar, dass das führende Auto wie normal Priorität hat. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt die Wahl gehabt hätte, vor Kimi zu stoppen, dann wäre ich als Erster gekommen. Das machst du, weil du früher auf dem frischen Reifen bist."
Vettel: Ich hätte die Räikkönen-Strategie genommen
In Monaco funktionierte der sogenannte Undercut allerdings nicht, stattdessen kam der Overcut zu tragen. Länger draußen bleiben war also Trumpf. Pirelli sagte das übrigens schon am Donnerstag nach den Trainings vorher. "Es war eine dieser wenigen Fälle, in denen der Overcut funktioniert, deshalb freue ich mich", so Vettel. "Aus Teamsicht gab es überhaupt keinen Plan für Stallorder oder irgendwas. Ich kann aber verstehen, dass Kimi nicht glücklich ist, ich würde mich genauso fühlen."
Hauptkonkurrent Lewis Hamilton sieht es anders. "Mit diesem Ergebnis war zu rechnen. Einfach wird die Saison definitiv nicht. Für mich ist offensichtlich, dass Ferrari sich auf seinen Nummer-eins-Fahrer festgelegt hat. Sie tun alles, damit Sebastian die maximal möglichen Punkte mitnimmt. Denn normalerweise passiert so etwas nicht: Es ist sehr ungewöhnlich, dass der Führende an der Box vom Teamkollegen überholt wird - es sei denn das Team entscheidet es so. Das ist ziemlich klar."
Mercedes Teamchef Toto Wolff sieht es wieder anders: "Sie sind jetzt da, wo wir früher waren: Du holst einen Doppelsieg und musst dann erklären, warum der Richtige gewonnen hat. Man muss ihnen zugutehalten, dass es nicht klar war, wie sich die Reifen verhalten würden. Sebastian sind ein paar beeindruckende Runden auf den alten Ultrasofts gelungen, das gab ihm einen Vorteil über Kimi. Ich denke nicht, dass sie das habe kommen sehen. Es war letztendlich das richtige Ergebnis für das Team und die Fahrer-Weltmeisterschaft, aber ich denke nicht, dass das instruiert war."
Was glaubt Ihr: War es eine Stallorder von Ferrari? Stimmt ab und schreib uns eure Meinungen in den Kommentaren! Die Analyse zur Ferrari-Strategie mit allen Zahlen gibt es in aller Ausführlichkeit in unserer beliebten Rennanalyse am Montag.
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