"Woooohooo, yeah, Forza Ferrari!" Da war er wieder, Sebastian Vettels Brunftschrei aus dem fahrenden Auto heraus, den die Italiener schon so lange nicht mehr gehört hatten. Der vierfache Weltmeister beendete die Leidenszeit der Scuderia mit seinem Sieg beim Saisonauftakt 2017 in Australien. Ganze 553 Tage musste Ferrari auf den nächsten Sieg in der Formel 1 warten. Damals in Singapur gewann Vettel, weil Mercedes schlimme Reifenprobleme hatte. Diesmal gewann Vettel aus eigener Kraft.

Sicherlich spielte eine gute Portion Glück mit. Ein insgeheimer Dank dürfte an Max Verstappen gehen, der Verfolger Lewis Hamilton nach dessen Boxenstopp in Schach hielt. Doch Vettels zehn Sekunden Vorsprung auf Mercedes beim Zieleinlauf war eine deutliche Kampfansage: Ferrari ist zurück! "Ferrari hatte einfach das schnellere Auto", musste sich auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff am Sky-Mikro eingestehen. "Sie waren bärenstark und Sebastian fuhr in seiner eigenen Liga."

Faust auf den Tisch

Wolff ahnte schon früh im Rennen, dass es diesmal wohl nichts werden würde mit dem nächsten Mercedes-Sieg. Als er mitansehen musste, wie Hamilton hinter Vettel und Verstappen zurück auf die Strecke abbog, dürfte ihm das schon klar gewesen sein. Wütend schlug der Österreicher mit seiner Faust auf den Tisch. Ein schneller Ferrari, ein aufhaltender Verstappen und ein Hamilton mit Reifenproblemen waren letztendlich zu viel des Guten.

Einmal in Führung, war Vettel nicht mehr aufzuhalten. Souverän fuhr er seinem zweiten Sieg in Melbourne sowie dem 43. in der Formel 1 entgegen. Netter Nebeneffekt: Nach dem ersten Rennen des Jahres führt der Heppenheimer die WM-Wertung an. Das hatte es lange nicht mehr gegeben, zuletzt stand Fernando Alonso im Jahr 2012 ganz oben. Der spätere Weltmeister damals? Sebastian Vettel...

Foto mit Seltenheitswert: Sebastian Vettel ganz oben auf dem Podium, Foto: Sutton
Foto mit Seltenheitswert: Sebastian Vettel ganz oben auf dem Podium, Foto: Sutton

Strategie als Erfolgsschlüssel

Der Schlüssel zu Ferraris erlösendem Sieg war die Boxenstopp-Strategie. Während Hamilton sich schon in der 18. Runde einen frischen Satz Reifen abholte, blieb Vettel fünf Runden länger auf der Strecke. "Dass Lewis in den Verkehr geraten ist, hat uns in die Karten gespielt", sagte Vettel. "Der Plan ging auf, das Auto ließ sich weiter super fahren. Die Reifen haben gehalten und ich konnte Druck machen." Vettel selbst steuerte erst in der 23. Runde die Box an, um dann auf der härtesten Mischung das Rennen zu beenden.

"Es wurde ein bisschen eng mit einem Williams auf dem Weg in die Box, dabei habe ich viel Zeit verloren", sagte Vettel. "Ich kam dann knapp vor Max raus. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass wir vorne sind. Ich konnte direkt eine Lücke herausfahren und dann die Runden runterzählen." In den verbleibenden 34 Umläufen geriet Vettel an der Spitze nicht ein einziges Mal unter Druck. Auch das Auto machte keine Anstalten einzubrechen.

Lewis Hamilton musste sich Sebastian Vettel geschlagen geben, Foto: Sutton
Lewis Hamilton musste sich Sebastian Vettel geschlagen geben, Foto: Sutton

Rennen kontrolliert

Vettel weiter: "Ich habe das Rennen kontrolliert und das Auto hat heute super funktioniert, auch auf den härteren Reifen. Es war eine Freude, heute ins Lenkrad zu greifen! Das Auto wurde zum Schluss hin immer schneller und ich konnte den Vorsprung kontrollieren." Beim Start hingegen - Vettels kolportiertem ersten Angriffsziel - hatte es zuvor noch etwas anders ausgesehen. Mit durchdrehenden Rädern verlor er gleich auf Hamilton und musste stattdessen Valtteri Bottas in Schach halten.

Doch als alles auf die nächste Hamilton-Triumphfahrt an der Spitze des Feldes hindeutete, holte Vettel plötzlich auf. Dem Silberpfeil-Piloten gelang es im ersten Stint nicht, einen entscheidenden Vorsprung herauszufahren. "Ich habe direkt gemerkt, dass ich dranbleiben und Lewis nicht wegziehen kann", sagte Vettel. "Ich war mir nicht ganz sicher, was er vorhat in Sachen Strategie. Nach zehn Runden hat er das Tempo angezogen. Es war schwierig dran zu bleiben, gelang mir aber. Gerade kurz vor seinem Stopp konnten wir Druck ausüben und die Lücke schließen - deshalb musste er auch so früh rein."

Ferrari feiert den ersten Sieg seit Singapur 2015, Foto: Sutton
Ferrari feiert den ersten Sieg seit Singapur 2015, Foto: Sutton

Selbst Mercedes freut sich

Als die heikle Boxenstopp-Phase schließlich geglückt war, war der Rest ein Kinderspiel für Vettel. "Man kann sich kurz mal für Ferrari freuen", zog selbst Niki Lauda bei RTL seine Kappe. "Ich gönne es ihnen wirklich. Es war unglaublich, wie groß der Unterschied im Rennen war."

Vieles lief bei Ferrari anders als erwartet, doch eines blieb gleich. Teamchef Maurizio Arrivabene zog seine Kommunikationspolitik selbst im Moment des Erfolges durch und antwortete zunächst nur schmallippig auf die Fragen der Boxengassenreporter. Das Siegen hat Ferrari wiedererlernt, beim Feiern hat der Chef nach der langen Zeit Nachholbedarf. Niki Lauda dazu: "Ich habe so gehofft, dass die Italiener ihre Emotionen zeigen, wenn sie gewinnen. Ich muss mit Maurizio mal reden..."