Matchball für Nico Rosberg! Bereits bei dem am kommenden Sonntag unmittelbar bevorstehenden Großen Preis von Mexiko kann sich der deutsche Mercedes-Pilot zum Formel-1-Weltmeister der Saison 2016 krönen - trotz des Sieges seines schärfsten WM-Rivalen Lewis Hamilton beim USA GP in Austin am vergangenen Wochenende.

Damit es für Rosberg bereits beim drittletzten Saisonrennen reicht, müssen exakt zwei Dinge geschehen.

So wird Nico Rosberg schon in Mexiko Weltmeister

Die Rechnung ist einfach: Bei aktuell 26 Punkten Vorsprung auf Hamilton braucht Rosberg in Mexiko zunächst zwingend einen Sieg, will er sich bereits am Ort seines Vorjahressieges die WM-Krone der F1 aufsetzen. Zweitens darf Hamilton im Autodromo Hermanos Rodriguez maximal Zehnter werden.

Bei dieser Konstellation hätte Rosberg exakt 50 Punkte Vorsprung. Diese könnte Hamilton mit zwei Siegen bei zwei Ausfällen Rosbergs in Brasilien und beim Finale in Abu Dhabi zwar noch egalisieren, doch würde der amtierende Weltmeister damit 'nur' auf neun Saisonsiege kommen. Weil Rosberg in Mexiko aber Erfolg Nummer zehn verbucht hätte, wäre er Champion.

Rechenspiele mit denen sich Rosberg 2016 selbst nicht auseinandersetzt. Zumindest wiederholt der deutsche Top-Anwärter auf die WM dies gebetsmühlenartig. Er denke nur von Rennen zu Rennen, stets nur an den nächsten Sieg. Trotzdem: Die Zahlen kennt auch Rosberg. "Klar weiß ich das", sagt er nach dem USA GP zur WM-Konstellation. "Es ist ja eine offensichtliche Rechnung. Das ist super."

Nico Rosberg will an seinem Ansatz festhalten

Noch im Vorjahr reiste Rosberg bereits geschlagen aus den USA weiter nach Mexiko. Diesmal ist das anders. "Ich bin einfach gespannt bis zum Ende des Jahres im Titelkampf zu sein", sagt Rosberg. Jetzt gelte es, seinen bislang so erfolgreichen 'step-by-step'-Ansatz schlicht beizubehalten. "Meine Herangehensweise bleibt: 'keep it simple!' So fühle ich mich am besten. Ich konzentriere mich jetzt nur auf Mexiko und darauf, dort das Rennen zu gewinnen", sagt Rosberg.

Er gebe weiter Vollgas, fahre nicht taktisch auf Platzierung. Dabei könnte Rosberg sich genau das erlauben. Zwei zweite und ein dritter Platz reichen ihm im Saisonfinale völlig zum Titelgewinn - egal, was Hamilton macht. Da kann der Brite dominieren wie er will. Deshalb sieht Rosbergs Teamchef die Situation seines Piloten viel schwieriger als der es die Öffentlichkeit glauben machen will.

Nico Rosberg darf sich zurzeit sogar über zweite Plätze freuen, Foto: Sutton
Nico Rosberg darf sich zurzeit sogar über zweite Plätze freuen, Foto: Sutton

Toto Wolff sieht Nico Rosbergs Position kritischer

"Er ist in einer schwierigen Position. Er muss sicherstellen, dass er nicht ausfällt, das ist das wichtigste", sagt Toto Wolff auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Doch ist das eine schwierigere Aufgabe als Hamiltons, schlicht alles zu gewinnen? Wolff will sich nicht festlegen. "Einer muss sicherstellen, dass er nicht ausfällt, und der andere muss gewinnen", sagt der Mercedes-Motorsportchef.

Aber wer macht es nun? Einzig wenn er mit der Pistole auf der Brust einen Fahrer auf WM tippen müsste, würde Wolff eine Wahl treffen - und Nico nehmen. "Aber das ist reine Wahrscheinlichkeit", schiebt er angesichts des bestehenden Punktevorsprungs Rosbergs schnell hinterher. Denn was die aktuelle Form angehe schlage des Pendel aktuell einfach viel zu wild - von Rennen zu Rennen - zwischen seinen Piloten hin und her.

In der Saison 2007 verlor Hamilton im Endspurt trotz großen Vorsprungs die WM an Räikkönen , Foto: Sutton
In der Saison 2007 verlor Hamilton im Endspurt trotz großen Vorsprungs die WM an Räikkönen , Foto: Sutton

Lewis Hamilton und der Schatten der Vergangenheit

Zurück zum Punktepolster: Sollte Hamilton das Ruder noch einmal herumreißen, wäre es nicht das erste Mal in der Formel-1-Geschichte. Das musste der Brite bereits selbst erfahren, als Kimi Räikkönen 2007 einen aussichtslos erscheinenden Rückstand mit einem brillanten Saisonfinish noch zum Titel drehte. Damals hatten dem Iceman 17 Punkte auf Hamilton gefehlt - bei nur noch zwei austehenden Rennen mit damals noch gerade einmal 10 Punkten für einen Sieg.

Parallelen, Chancen, Hoffnungen, die auch ein Lewis Hamilton kennt - aber nicht sonderlich wichtig erachtet. "Ich versuche das ehrlich gesagt nicht mit anderen Zeiten zu vergleichen", sagt der Brite. Aber: "Die Geschichte hat gezeigt, dass es auf und ab gehen kann und sich viel ändern kann. Es gab Zeiten, da war etwas schon todsicher. Und es gab Zeiten, in denen es sich geändert hat."

Er müsse jetzt einfach auf dem Boden bleiben und in Ruhe seinen Job erledigen. "Ich glaube wirklich daran, dass ich dann dazu in der Lage bin. Aber ich kann es nur bis zu diesem Punkt kontrollieren", ergänzt Hamilton in Anspielung darauf, den Titel nicht mehr vollständig in eigenen Händen zu halten. Zumal Rosberg in dieser Saison in Sachen Zuverlässigkeit beinahe an der 100-Prozent-Marke kratze, so Hamilton.

Ohne seinen Ausfall in Malaysia wäre Lewis Hamilton in der WM knapp vor Rosberg, Foto: Sutton
Ohne seinen Ausfall in Malaysia wäre Lewis Hamilton in der WM knapp vor Rosberg, Foto: Sutton

Lewis Hamilton, Nico Rosberg und die Sache mit den 100 Prozent

Das Glück scheint 2016 also auf der Seite des Deutschen. Doch das können sich das jederzeit ändern, weiß und hofft Hamilton. "Oft kannst du nicht 100 Prozent Zuverlässigkeit haben. Ob das jetzt bei Nico der Fall sein wird? Das sehen wir dann, ich habe da keinen Einfluss drauf, konzentriere mich nur auf mich und hoffe, dass ich jetzt in den letzten Rennen 100 Prozent habe", sagt Hamilton.

Geht diese Hoffnung auf und hat Rosberg nur einen kapitalen Defekt - oder Crash - wäre plötzlich alles wieder offen in der WM. Trotz 26 Punkten Vorsprung. Trotz Matchball in Mexiko.