Mann des Rennens: Lewis 'Captain America' Hamilton

Ja, es ist irgendwie langweilig wenn wir den Sieger auch zum Mann des Rennens küren. Aber beim Grand Prix der USA in Austin geht es einfach nicht anders. Lewis Hamilton zeigte eine tadellose Leistung bis ins Ziel. Und das gleich von Start weg - zuletzt ja nicht gerade Standard beim amtierenden Weltmeister. Noch dazu eine überragende Pole Position mit Rundenrekord. In den schnellen S-Kurven im ersten Sektor war selbst für Nico Rosberg kein Kraut gewachsen gegen seinen Mercedes-Teamrivalen.

Aus eigener Kraft Weltmeister werden kann Hamilton wegen Rosberg auf Platz zwei zwar weiter nicht, doch hat er durch seinen vierten Austin- und fünften USA-Sieg zumindest aus seiner Sicht alles dafür mögliche in den Ring geworfen.

Spruch des Rennens: "Yeeeeeeeeeeeeeeeee-haaaaaaaaaaaaa"

Alonso goes Wild West! In bester Cowboy-Manier feierte der Spanier gegen Ende des USA GP am Boxenfunk. Gerade hatte er sich über Kurven und Kurven mit Landsmann Carlos Sainz duelliert und den Piloten von Toro Rosso nach diversen wild rauchenden (Ver-)bremsmanövern niedergerungen. Zuvor hatte der Ex-Weltmeister bereits Ex-Teamkollege Felipe Massa sehenswert 'vernascht' (siehe 'Manöver des Rennens').

Manöver des Rennens: Alonsos perfekte Brechstange

'Fernando is faster than you'. Diesen berühmten Ferrari-Funkspruch aus ihrer gemeinsamen Zeit bei der Scuderia hatte Felipe Massa in Austin zwar nicht im Ohr - aber vielleicht im Kopf. Sicher auf jeden Fall als Fakt im Rückspiegel gegen Rennende: Da übte Fernando Alonso nämlich massiv Druck auf den Williams-Mann aus. Der McLaren hatte schlichtweg besser mit den Reifen gehaushaltet. Doch mit Honda-Power auf der langen Geraden vorbei am Massa-Renner mit Mercedes-Antrieb? Unmöglich!

"Bei den Toro Rosso reicht es, den Flügel flach zu stellen, bei den Williams muss man es an verrückten Stellen versuchen", schildert Alonso. Also versuchte sich Alonso mit einer überrschenden Attacke im engeren Teil des dritten Sektors. In Kurve 16 stach der Spanier auf der Innenbahn plötzlich rein. Massa, offenbar zusätzlich abgelenkt von dem sich vor ihm verbremsenden Carlos Sainz, bekam davon erst mit als es bereits zu spät war: Der McLaren und der Williams berührten sich leicht. Aber genug, um als Spätfolge einen Plattfuß an Massas Auto heraufzubeschwören.

"Es hat sämtliche Möglichkeiten für mich zerstört, das Rennen auf Platz sechs oder möglicherweise Rang fünf zu beenden", poltert Massa. Eine Strafe gab es für die Szene nach Untersuchung durch die Stewards jedoch nicht. Perfekt getimte Härte also von Alonso. Dessen einfache Erklärung dafür: "Leider gab es eine Berührung, aber beide Autos konnten ja glücklicherweise weiterfahren." Außerdem sei er bereits mit weit mehr als einem Viertel des Autos neben Massa gewesen.

Unfall des Rennens: Deutsches Sandwich-Fiasko in Kurve eins

Wirklicher Flügelsalat blieb den Teams beim USA GP erspart, den größten Knall setzte es noch gleich am Start. In Kurve eins kamen sich ausgerechnet zwei Deutsche ins Gehege. Einmal mehr beteiligt: Sebastian Vettel. Während der Ferrari-Pilot jedoch weiterfahren konnte, schied der aussichtsreich von P7 gestartete Nico Hülkenberg nach Kollision nicht nur mit Vettel aus: Der Emmericher war noch dazu mit Valtteri Bottas aneinander geraten, befand sich in Kurve eins regelrecht eingeklemmt zwischen dem Finnen und Vettel in einer Sandwich-Lage.

Bottas erlitt durch den Unfall einen Reifenschaden., Foto: Sutton
Bottas erlitt durch den Unfall einen Reifenschaden., Foto: Sutton

"Mir ist schlicht und ergreifend der Platz ausgegangen", klagt Hülkenberg. Vor allem seinen Landsmann nimmt er ins Visier. Vettel habe nach Außen immerhin noch Platz gehabt. Der angeklagte verteidigt sich, er habe Hülkenberg schlicht nicht gesehen, weil er sich auf die Gruppe vor ihm und die bestmögliche Traktion aus Kurve eins konzentriert habe. Bottas indessen zog sich durch den Vorfall einen Reifenschaden zu.

Boxenstopp des Rennens: Ferrari-Slapstick

Drama um Kimi Räikkönen in Runde 39 des USA GP in Austin. Bei seinem dritten und finalen Boxenstopp patzte die Ferrari-Pitcrew kolossal. Am rechten Hinterreifen blieb ein Schlagschrauber hängen als die Ampel bereits auf grün gesprungen war und der Finne lospreschte. Räikkönen spürte schnell, dass etwas nicht stimmte, sah bereits Funken sprühen: Der Reifen saß nicht fest.

Räikkönen musste seinen Ferrari direkt nach dem Boxenausgang anhalten und rollte nach langer Funk-Diskussion mit seinem Renningenieur Dave Greenwood schließlich rückwärts den Hang hinunter zurück in die Boxengasse. Für die Unsafe Release kassierte Ferrari eine Geldstrafe in Höhe von 5000 Euro.

Topspeed des Rennens: Oh la la, Renault!

Wow! Das sieht man nicht alle Tage: Renault-Power an der Spitze der Topspeed-Tabelle des USA Grand Prix. Und es ist nicht einmal Kunde Red Bull, sondern das Werksteam selbst. Genauer gesagt Kevin Magnussen, der mit 345,1 km/h den Bestwert setzte. Auch Teamkollege Jolyon Palmer zeigt sich als Dritter erstaunlich weit vorne im Klassement.

Getrennt wird das Duo vom Williams-Mercedes Valtteri Bottas. Kräftig mitgeholfen haben dürften beim gelben Geschwindigkeitsrausch einmal mehr das DRS. Insgesamt hat Mercedes in den Top-10 die Nase aber vorne: viermal Mercedes, je dreimal Renault und Ferrari unter den ersten Zehn.

Die Top-10 der Topspeeds beim Grand Prix der USA 2016

PlatzFahrerTeamMotorGeschwindigkeit
1Kevin MagnussenRenaultRenault345,1 km/h
2Valtteri BottasWilliams Mercedes 343,1 km/h
3Jolyon PalmerRenaultRenault342,3 km/h
4Pascal WehrleinManorMercedes338,8 km/h
5Romain GrosjeanHaasFerrari338,7 km/h
6Max VerstappenRed Bull Renault 337,0 km/h
7Nico RosbergMercedesMercedes 336,9 km/h
8Kimi RäikkönenFerrariFerrari334,6 km/h
9Daniil KvyatToro RossoFerrari (2015)334,6 km/h
10Esteban OconManorMercedes334,5 km/h

Unsung Hero des Rennens: Sainz' stille Punktefahrt

Wie vorne Nico Rosberg profitierte weiter hinten Carlos Sainz von dem virtuellen Safety Car. Durch diesen halben 'Gratis-Boxenstopp' spülte es den Toro-Rosso-Mann weit nach vorne. Am Ende musste er sich zwar noch von Fernando Alonso - einem weiteren VSC-Profiteur - niederringen lassen, doch sind die acht Punkte für Platz sechs nach sechs Rennen ohne Zähler ein starkes Comeback.

Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund des teaminternen Duells gegen Daniil Kvyat, der zuletzt immer besser in Fahrt gekommen war. In Austin hingegen zeigte der Russe unmittelbar nach seiner Vertragsverlängerung für 2017 jedoch eine schwache Performance, inklusive Strafe und Strafpunkten für eine Kollision mit Sergio Perez.

Versager des Rennens: Verstappen mit Fehl und Tadel

Satz mit Doppel-X: Max das war gar nix! Dass er am Start eine Position gegen Kimi Räikkönen verloren hatte, kann man Verstappen wegen der härteren Reifen noch verzeihen. Nicht hingegen, was sich der Youngster in Austin in der Folge leistete: einen dramatischen Doppel-Patzer!

Nummer eins: Verstappen kam in Runde 26 zum Reifenwechsel an die Box, doch die Crew stand nicht bereit. Erinnerungen an Red Bulls Patzer in Monaco wurden wach. Doch diesmal ist das Team nicht verantwortlich. Das gesteht Verstappen sofort selbst. "Ich habe gedacht, ihr holt mich rein. Tut mir leid", funkt er. Später ergänzt der Niederländer, er habe aus einer Aufforderung Red Bulls, hart zu pushen irrtümlich abgeleitet, auch stoppen zu sollen. Die Folge des ganzen Übels: Zeitverlust ohne Ende, Verstappen fiel kurzzeitig gar hinter Massa zurück.

Verstappens Rennen endete vorzeitig, Foto: Sutton
Verstappens Rennen endete vorzeitig, Foto: Sutton

Nummer zwei: Lang wirkte der Ärger über den Boxen-Fauxpas nicht: Nur drei Runden später kam es nämlich noch dicker für Verstappen: Getriebeschaden am Red Bull, Ausfall. Doch bleib es nicht beim technischen Defekt, auch Verstappen beging einen fatalen Fehler. Weil er seinen Boliden trotz mehrerer sicherer Möglichkeiten ungünstig auf der Strecke abstellte, verursachte Verstappen ein virtuelles Safety Car. Das nutzte Mercedes zum Boxenstopp und damit, um Rosberg an Ricciardo vorbei auf Platz zwei schleusen. Der Australier war bereits an der Box gewesen, sodass nur Mercedes vom geringeren Zeitverlust profitierte. Ein Stück weit veranwortete Verstappen somit das Pech seines Teamkollegen.

Tweet des Rennens: Aggro-Kimster!

Kimi Räikkönen war nach seinem unnötigen Ausfall durch Ferrari-Slapstick beim verpatzten finalen Reifenwechsel am Boliden des Finnen aller bester Laune. Nein, natürlich nicht! Schon gar nicht wenn dem Iceman ein Kamerateam bei dieser schweren Stunde zu nah auf die Pelle rückt:

Tipp des Rennens: Redaktion schlägt User

Sorry, liebe Leser, aber dieses Mal haben wir den besseren Riecher gehabt. ;-) Jeder zweite Sieger-Tipp für den USA GP aus der Redaktion von Motorsport-Magazin.com war korrekt. Die zweite Hälfte hatte Lewis Hamilton immerhin noch als Zweitplatzierten erwartet - jeweils hinter Nico Rosberg. Wahrsager des Rennens ist diesmal unser werter Florian Becker, der das Podium perfekt vorhergesagt hat. Unter den Usern favorisierten hingegen stolze 41 Prozent der Umfrageteilnehmer den Deutschen. Nur 29 Prozent votierten auf den Briten und damit Silberpfeil-richtig.