Ron Dennis lacht. So herzhaft es dem McLaren-Boss möglich ist. In der Öffentlichkeit. Vor der versammelten Journalistenmeute. Dabei müsste ihm angesichts des Themas eigentlich schon längst das Lachen vergangen sein...

Frage: "Fernando, du erhältst mit Stoffel [Vandoorne] nächstes Jahr wieder einen jungen, aufstrebenden Nachwuchspiloten als Teamkollegen bei McLaren. So wie es 2007 schon einmal mit Lewis [Hamilton] der Fall gewesen ist. Was empfindest du angesichts dieser Parallelen?"

Fernando Alonso: "Ich denke, wir werden zurechtkommen. Er ist kein Brite."

Ron Dennis [lacht]: "Ich glaube, Lachen ist die beste Reaktion darauf. Das war eine wundervolle Antwort..." [lacht]

Alonso: Duell mit Hamilton war einzigartig

Hamilton und Alonso hatten sich 2007 nichts mehr zu sagen, Foto: Sutton
Hamilton und Alonso hatten sich 2007 nichts mehr zu sagen, Foto: Sutton

Ob die Antwort aus Dennis' Sicht im nächsten Jahr auf der Rennstrecke genauso wundervoll ausfallen wird, muss sich erst noch zeigen. Das Duell Fernando Alonso gegen Stoffel Vandoorne verspricht aber so oder so jede Menge Spannung und Konfliktpotential - es muss ja nicht gleich in einer Spionage-Affäre oder Millionen-Strafe gipfeln.

Bereits seit Monaten stand eine mögliche Beförderung des belgischen GP2-Champions und McLaren-Ersatzfahrers im Raum. Spätestens nach Vandoornes starkem GP-Debüt in Bahrain, als der Belgier für den verletzten Alonso einsprang und auf Anhieb in die Punkte fuhr. Hätte McLaren darauf nicht reagiert, wäre ihnen das Talent höchstwahrscheinlich durch die Lappen gegangen.

Entsprechend fragten wir Alonso bereits vor der Sommerpause, welche Lehren aus dem Titanic-Jahr 2007 ihm im nächsten Jahr im Umgang mit Vandoorne helfen könnten. "Nicht viel, um ehrlich zu sein", antwortete er. Die Situation mit Hamilton sei einzigartig gewesen. "Ich hatte Nelsinho [Piquet] als Teamkollegen, ich hatte Felipe [Massa] - der Mitten im Ferrari-Krieg war, als ich gekommen bin -, ich hatte Kimi [Räikkönen] - den letzten Ferrari-Weltmeister... Ich hatte viele Teamkollegen mit unterschiedlicher Erfahrung, Vergangenheiten und Integration im Team. Mit allen war es fantastisch, aber 2007 war es einzigartig."

Den Grund dafür nannte Alonso halb scherzend, halb bitterernst schon damals: "Lewis wurde von McLaren geschützt, er war seit jungen Jahren Teil des Programms. Wir hatten ein sehr konkurrenzfähiges Auto und er kämpfte sofort mit um die Weltmeisterschaft, als es niemand erwartet hatte. Und er war britisch. Stoffel ist nicht britisch. Das ist ein ausreichender Unterschied."

Alonso und Hamilton Revival? Warum nicht!?

Alonso würde Hamilton nicht mehr als Teamkollegen ausschließen, Foto: Sutton
Alonso würde Hamilton nicht mehr als Teamkollegen ausschließen, Foto: Sutton

Reicht eine andere Nationalität wirklich aus, um eine neuerliche Eskalation zu verhindern? Die Vorzeichen sind durchaus komplett anders. 2007 hatte McLaren das schnellste Auto. Selbst angesichts der Regeländerungen für 2017 ist eher zu bezweifeln, dass McLaren und Honda im kommenden Jahr alles in Grund und Boden fahren werden. Gleichzeitig ist Vandoorne nicht schon seit seiner Kindheit extrem in das Team eingegliedert. Hamilton war eine Art Familienmitglied, sofern das in Woking möglich ist. Vandoorne ist auch ein McLaren-Junior, aber kein Fahrer wird je wieder die Rolle einnehmen, die Hamilton seit jungen Jahren im Team hatte.

Aber auch Alonso hat sich seitdem verändert, ist reifer, erwachsener geworden. Politische Spielchen wie damals schließt er heute aus. Zumindest sagt er das. Heute hält er es sogar für möglich, sich wieder ein Team mit Hamilton zu teilen. "Ich glaube, es wäre anders", bestätigt er gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Ich bin erwachsener und er auch." Die Teams seien heutzutage auch eher auf solche Situationen eingestellt, auch wegen der Negativerfahrung von McLaren anno 2007.

"Wenn ich eines Tages Lewis wieder als Teamkollegen hätte, wäre es ganz anders", betont Alonso. "Wir haben gelernt und wir sind jetzt andere Menschen. Der Stress zu gewinnen, das Verlangen, den anderen zu besiegen, sind jetzt anders. Wir respektieren uns gegenseitig sehr, die Leute respektieren uns sehr - und wir würden so schnell wie möglich fahren."

Neuer Anlauf mit Vandoorne

2017 macht Button für Vandoorne Platz, Foto: McLaren
2017 macht Button für Vandoorne Platz, Foto: McLaren

2007 war ein schwieriges Jahr für Ron Dennis und McLaren. Zum einen war da die sportliche Niederlage. Und nichts hasst Ron Dennis so sehr wie Niederlagen. Den McLaren-Boss schmerzt nichts mehr. Erst recht gegen den damaligen Dauerrivalen Ferrari. Im letzten Rennen verlieren die beiden McLaren-Titelanwärter Hamilton und Alonso den fast schon sicher geglaubten WM-Titel an Kimi Räikkönen.

Aber das war nur die Spitze des Eisbergs. Der Stallkrieg zwischen dem Shootingstar aus dem McLaren-Nachwuchs und dem Doppelweltmeister aus Asturien führt zum Eklat. Alonsos Beteiligung an der Auflösung der Spionage-Affäre und die Rekordstrafe in Höhe von 100 Millionen Dollar liegen Dennis noch jahrelang schwer im Magen. Erst mit der zweiten Verpflichtung des Spaniers zu Beginn der neuen Honda-Ära springt er über seinen eigenen Schatten. Bislang wurde er dafür noch nicht belohnt. Die Ergebnisse blieben mangels konkurrenzfähigem Autos und Motors aus.

Das soll sich 2017 endlich ändern - mit Alonso und Vandoorne. "Stoffel hat in den Nachwuchsserien viel erreicht. Er ist ein außergewöhnlicher Fahrer, der sich durchgesetzt hat", streut ihm sein Vorgänger Jenson Button Rosen. "Er ist auch gut ausgebildet. Er war hier dritter Fahrer und hat von zwei Weltmeistern gelernt. Das ist der perfekte Weg, um sich auf die Formel 1 einzustimmen. Er ist in einer guten Position, um sich gut zu schlagen."

Auch Vandoorne blickt der Zukunft optimistisch entgegen. Ihm war schon immer klar, dass er sich auf seinem Weg in die Formel 1 mit den Besten messen müsse. "Ich freue mich auf die Herausforderung", sagt er von sich selbst überzeugt. "Ich bin schon in diversen anderen Serien gefahren und habe viele Meisterschaften gewonnen. Jetzt freue ich mich darauf, in Melbourne in der Startaufstellung zu stehen." Anders als Hamilton, dessen Fußstapfen er füllen soll, hat er dann immerhin schon sein GP-Debüt hinter sich. Ab Melbourne wird sich zeigen, ob Ron Dennis dann immer noch gut lachen hat...