Der Sommer ist vorbei! Die Formel 1 ist zurück in Action. Und es könnte keinen besseren Ort für das erste Rennen nach der Sommerpause geben als Spa-Francorchamps - hier ist von Sonnenschein bis Gewitter alles möglich. Stürzen wir uns also in die zweite Hälfte der Saison, von der Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff einiges erwartet: "Es gibt viele Gründe, um auf die anstehenden neun Rennen gespannt zu sein." Hier sind unsere sechs Brennpunkte für das kommende Wochenende.
Brennpunkt #01: Hamilton gegen Rosberg
Ding, ding, Ding! Glocke für Runde 13: Drei Wochen hatten die beiden Titelanwärter Zeit, um sich über den Sommer von den hitzigen Ereignissen der letzten Rennen zu erholen. Lewis Hamilton nutzte die Sommerpause wie gewöhnlich für viele Reisen und noch mehr Partys und Selfies in fernen Ländern. Nico Rosberg erholte sich im Kreise seiner Familie. "Hoffentlich konnten sich die anderen genauso gut erholen, damit wir jetzt wieder angreifen können", gibt Hamilton die Richtung vor.
Statistisch betrachtet ist der Brite im Vorteil: Er hat schon zwei Siege in Spa auf dem Konto, Rosberg hingegen noch keinen. Obendrein krachte es vor zwei Jahren in Belgien zum ersten Mal zwischen den beiden, als der Deutsche den Hinterreifen seines Teamkollegen aufschlitzte. Die folgende öffentliche Schelte kostete Rosberg viel Selbstvertrauen, das er erst zum Ende der vergangenen und Beginn dieser Saison wiedererlangte.
In diesem Jahr sind die Vorzeichen ähnlich: Hamilton gewann sechs der letzten sieben Rennen. Das nennt man einen beeindruckenden Lauf. Aber Rosberg sieht die Rennen nach der Sommerpause als eine Art Neuanfang für seinen Titelkampf an. Gleichzeitig weiß auch Hamilton, dass seine Serie jederzeit reißen kann. "Es wird sicher noch mehr Höhen und Tiefen geben", betont er. "Aber wie sich das Team und ich bislang geschlagen haben, stimmt mich zuversichtlich."
Brennpunkt #02: Red Bull vs. Ferrari
Rote Stiere gegen springende Pferde: So lautet das Duell hinter den beiden Silberpfeil-Rivalen. Seit Hockenheim haben sich jedoch die Vorzeichen verändert: Red Bull übernahm vor der Sommerpause den zweiten WM-Rang von Ferrari. Dabei setzt Teamchef Christian Horner seinen Blick ganz klar nach vorne: "Unser Ziel ist es, die Lücke zu Mercedes noch weiter zu schließen."
Sein Ferrari-Pendant Maurizio Arrivabene hält Mercedes unter normalen Umständen auf den meisten Strecken jedoch für uneinholbar. Im Positionswechsel mit Red Bull sieht er ebenfalls noch keinen Trend. Vielmehr liege die abfallende Formkurve der Scuderia daran, dass sie seit Barcelona keine Verbesserungen in puncto Downforce erzielt haben. "Das ist das Problem, und daran müssen wir so schnell wie möglich arbeiten."
Aber auch Red Bull hat für die kommenden Wochen einige Updates in der Pipeline. Neben Verbesserungen am Auto gehören dazu auch weitere Fortschritte bei der Fahrbarkeit der Renault Power Unit. "Und es gibt noch ein paar Rennen, die uns hoffentlich entgegen kommen", betont Horner. Dazu zählt er auch Spa, das Red Bull in den vergangenen Jahren überraschend gut gelegen hat. "Aber Mercedes und Ferrari werden auf beiden Strecken stark sein." Dafür sorgen unter anderem ihre starken Power Units.
Brennpunkt #03: Force India vs. Williams
Mit diesem Duell hätten so vielleicht nicht viele Fans gerechnet: Nach zwölf Saisonrennen kämpfen Williams und Force India um den vierten Platz in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Von hinten droht ihnen kaum mehr Gefahr - Toro Rosso und McLaren sind bereits abgeschlagen. Umso intensiver geht es zwischen Force India und Williams zur Sache.
"Spa ist eine der Strecken, auf der unser VJM09 stark sein kann", kündigt Force India-Teambesitzer Vijay Mallya an. Sein Team sammelte seit Monaco 67 Punkte, Williams hingegen nur 31. "Wenn es so weitergeht, wird es interessant sein zu sehen, wo wir die Saison beenden", betont Mallya.
Allerdings ist man auch bei Williams davon überzeugt, auf der Ardennen-Achterbahn gut abschneiden zu können. "Spa ist eine Strecke, die uns entgegenkommen sollte", betont Pat Symonds. "Unser Ziel ist es, einige gute Punkte mitzunehmen." Die langen Geraden sind die Paradedisziplin für die Topspeed-Könige der Formel 1. Aber auch Force India setzt auf die gleiche Mercedes Power Unit wie die Mannschaft aus Grove. So gesehen entscheiden das bessere Chassis, der bessere Setup-Kompromiss und die besseren Leistungen über den Sieger des Verfolgerduells.
Brennpunkt #04: Wehrlein vs. Ocon
Das wird ein heißes Duell! Zwei Jungspunde in ihrer ersten Formel-1-Saison, ein schwierig zu fahrendes Auto und eine glänzende Zukunft am Horizont: So leid es uns für den sympathischen Rio Haryanto tut, aber das Duell der Mercedes-Junioren verspricht jede Menge Spannung für die zweite Saisonhälfte.
Bislang galt Pascal Wehrlein als eine der großen Überraschungen dieser Saison. Der Deutsche holte die ersten Punkte seines Teams und glänzte immer wieder mit starken Rennen über den Möglichkeiten seines Autos. Mit Esteban Ocon erhält er nun einen vielgepriesenen Teamkollegen, der auch schon einiges an F1-Testerfahrung vorzuweisen hat.
Dabei kämpfen beide nicht nur darum, Manor in der Konstrukteurs-WM vor Sauber zu halten - es geht auch um ihre jeweilige persönliche Zukunft. Ocon könnte mit einem starken Auftritt in den letzten neun Grand Prix einen Platz im Renault-Werksteam ergattern. Wehrlein darf es sich derweil nicht erlauben, von Ocon überschattet zu werden - denn beim gemeinsamen Förderer Mercedes wird frühestens Ende 2018 ein Cockpit frei. Er kämpft um einen Platz für 2017.
Brennpunkt #05: Max Verstappen vs. den Druck
Spa boomt! Über 70.000 Eintrittskarten sind laut Angaben des Veranstalters bereits verkauft - und der Ticket-Run nimmt kein Ende. Der Grund dafür hat einen Namen: Max Verstappen. Binnen weniger Stunden nach Verstappens Überraschungs-Sieg in Spanien schossen die Ticketverkäufe in Belgien in ungeahnte Höhen. Der Red-Bull-Pilot löste eine wahre Max-Mania in seiner niederländischen Heimat aus. Egal ob in Spielberg, Hockenheim oder jetzt in Spa (dem geografisch nächsten zu einem Heimrennen für Verstappen) überall hieß es: "Die Holländer sind da!"
Das weckt natürlich Erwartungen und erhöht den Druck, der auf den Schultern des jungen Verstappen lastet. Noch ist er kein abgeklärter Iceman à la Kimi Räikkönen oder ein Feierbiest à la Lewis Hamilton, der seinen Globetrotter-Lifestyle locker wegsteckt und trotzdem seine Leistung im Cockpit bringt.
Das bedeutet nicht, dass Verstappen keinen Druck aushalten würde. Ganz im Gegenteil: Für sein Alter ist er mehr als reif und abgebrüht. Aber erinnern wir uns zurück: An seinem ersten Rennwochenende nach dem glorreichen Triumph von Barcelona landete er in Monaco gleich dreimal in der Leitplanke. Kein Beinbruch für ein junges Supertalent wie ihn. Aber ein Zeichen dafür, dass auch er den Druck spürt. Die Sieghoffnungen von mehr als 70.000 lautstarken Fans auf den Tribünen und der Medienrummel im Fahrerlager tun ihr Übriges dazu.
Brennpunkt #06: Pirelli vs. Spa
Die Reifen waren nach dem Belgien GP im vergangenen Jahr das unangefochtene Topthema im Paddock. Nach dem Rennen stellte Pirelli in 63 Reifen Schnitte fest - 54 Mal mehr als normal. Schon im Training platzte an Nico Rosbergs Silberpfeil ein Reifen bei 300 km/h. Im Rennen dann der große Knall bei Sebastian Vettel: Zwei Runden vor Rennende explodierte kurz nach Eau Rouge sein rechter Hinterreifen. Dieser hatte zu diesem Zeitpunkt 27 Runden auf der Lauffläche. In der Folge schimpfte Vettel über die miserablen Reifen und löste damit eine Reifendiskussion aus, die auch den folgenden Italien GP überschatten sollte.
An diesem Wochenende kehrt die Formel 1 nach Spa zurück - drohen nun etwa wieder Reifenprobleme? Die Teams gehen nicht davon aus. Nach den Reifenschäden von 2015 verschärfte Pirelli die Reifendruck-Vorgaben an die Teams. "Sie geben einen Mindest-Reifendruck vor. Das hilft sehr", betont Haas-Teamchef Günther Steiner. Zudem stehen den Teams seit dieser Saison drei Reifenmischungen pro Wochenende zur Verfügung - in Belgien sind dies SuperSoft, Soft und Medium.
Die unterschiedliche Auswahl der drei Mischungen pro Team und Fahrer könnte am kommenden Wochenende erneut für Spannung sorgen. So entschied sich Mercedes nur für jeweils vier Sätze SuperSoft, die Konkurrenten von Red Bull und Ferrari hat derweil sechs respektive sogar sieben Sätze der weichsten der drei verfügbaren Mischungen zur Auswahl.
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