Die Formel 1 macht Sommerpause. Genau der richtige Zeitpunkt für Motorsport-Magazin.com, um eine Bilanz zur bisherigen Saison zu ziehen. Nach 12 von 21 Rennen schauen wir, wie sich die Teams geschlagen haben. Red Bull konnte auch dank der Weiterentwicklungen bei Renault zulegen und hat den Weg zurück an die Spitze gefunden. Mercedes kann zwar nur unter besonderen Umständen besiegt werden, aber Ferrari hat man überholt.
- Verbesserter Renault-Motor bringt deutlichen Schritt nach vorne
- Nach Russland GP: Verstappen ersetzte Kvyat
- Verstappen feierte im ersten Rennen für Red Bull den ersten Sieg
- Kampf gegen Ferrari um WM-Rang zwei
- Ricciardo noch ohne Ausfall
Das Auto:
Das Gesamtpaket stimmt wieder! Bestand der Bolide des Vorjahres noch aus einem nicht perfekten Chassis und einem miserablen Motor, hat sich das Bild nun gewandelt. Das Chassis gehört wieder zu den stärksten im Feld, und viel wichtiger für Red Bull: Renault hat enorme Fortschritte erzielt. Die Power Unit der Franzosen ist fahrbarer, zuverlässiger und liefert mehr Leistung. Zu Mercedes fehlt zwar nach wie vor ein gutes Stück, doch auf Strecken, die nicht ausschließlich Pferdestärken verlangen, ist Red Bull inzwischen klarer Podiumskandidat.
Obwohl in Barcelona der bislang einzige Saisonsieg herausgefahren wurde, lieferte Red Bull das stärkste Wochenende in Monaco ab. Denn im Fürstentum fuhr Daniel Ricciardo aus eigener Kraft auf die Pole und fuhr recht ungefährdet dem Sieg entgegen, ehe ein kapitaler Fehler an der Box den Erfolg des Australiers verhinderte. Der Beweis, dass der Red Bull in Sachen Traktion ein Spitzenauto ist, wurde aber erbracht. Gerade unter feuchten Bedingungen brillieren die Bullen-Autos, der verregnete Rennbeginn in Silverstone dient dafür als weiterer Beleg. Auf Strecken wie Monza jedoch dürfte Red Bull nach wie vor ein gutes Stück zurückliegen.
2015 | 2016 | |
Punkte zur Pause (2016 zwei Rennen mehr) | 96 | 256 |
Punkte/Rennen zur Pause | 9,6 | 21,3 |
Bestes Ergebnis | 2 | 1 |
WM-Position zur Pause | 4 | 2 |
WM-Position am Ende | 4 | |
Siege zur Halbzeit | 0/10 | 1/12 |
Podien zur Halbzeit | 2/20 | 8/24 |
Die Fahrer:
Daniel Ricciardo ist bislang die Konstanz in Person. In jedem Rennen kam er ins Ziel, das schaffte außer ihm nur noch Valtteri Bottas (und ganz streng genommen Stoffel Vandoorne). Zudem fuhr er abgesehen vom Russland GP stets in die Punkte. Der verdiente Lohn: WM-Rang drei. Besonders stark zeigt sich der Australier im Qualifying. Daniil Kvyat ließ er in den ersten vier Rennen immer hinter sich, gegen Max Verstappen hatte er in sieben von acht Rennen die Oberhand. Kein Wunder, dass Ricciardo von allen Seiten Lob erhält.
Und mit Sicherheit hätte der 27-Jährige auch bereits mindestens einen Sieg auf dem Konto, wäre er nicht gleich mehrfach Opfer des eigenen Teams geworden. In Barcelona versetzte man ihn auf eine Drei-Stopp-Strategie, die sich im Nachhinein jedoch als Fehler erwies. Und in Monaco lagen die Reifen beim Stopp gar nicht erst bereit. Die verstrichenen Sekunden kosteten den Sieg. Zwar war er deutlich schneller als der nun vor ihm fahrende Lewis Hamilton, auf dem Stadtkurs war jedoch kein Vorbeikommen. Sollten sich Pech und Glück im Laufe einer Saison tatsächlich ausgleichen, darf Ricciardo sich in dieser Saison noch auf einen Sieg freuen.
Red Bull bei Motorsport-Magazin.com
Während Ricciardo die Konstante schlechthin war, wechselten sich im zweiten Red-Bull-Cockpit gleich zwei Fahrer ab. Die ersten vier Rennen bestritt Daniil Kvyat für die Österreicher. Nach seiner guten Vorsaison, in der er Ricciardo hinter sich ließ, waren die Erwartungen hoch. Doch es lief nicht rund beim Russen. Gleich beim Saisonauftakt kam er im Qualifying nur auf Startplatz 18, die Schwäche am Samstag zog sich im weiteren Verlaufe durch die gesamte Saison.
Seinen persönlichen Höhepunkt hatte Kvyat in China. Dort fuhr er von Rang acht vor auf das Podium. Doch bereits zwei Wochen später leistete er sich ein fatales Rennen mit Folgen. Ausgerechnet sein Heimrennen in Sochi sorgte für sein Ende bei Red Bull. Nach zwei haarsträubenden Kollisionen mit Sebastian Vettel binnen weniger Meter folgte die Versetzung ins B-Team Toro Rosso. Offiziell, um Druck von seinen Schultern zu nehmen. Die gleichzeitige Beförderung von Max Verstappen sorgte jedoch für Ruhe im Kampf um das umworbene niederländische Supertalent.
Dass der Teenager die Fähigkeiten besitzt, zeigte er mit seinem sensationellen Sieg gleich bei seinem ersten Auftritt für Red Bull in Spanien. Zwar profitierte er auch von der Kollision der beiden Mercedes-Fahrer, aber wie er den rundenlangen Angriff von Kimi Räikkönen abwehrte, war bemerkenswert. Mit diesem Erfolg knackte Verstappen zudem unzählige Rekorde.
In der Formel 1 sind solche Erlebnisse jedoch nur von kurzer Dauer. Wie kurz diese ist, erlebte Verstappen gleich danach beim Klassiker in Monaco. Gleich zweimal an jenem Wochenende baute er denselben Unfall, Einschlag in die Leitplanken beim Casino. Unglücklicherweise passierten ihm diese Missgeschicke nicht im Training, sondern in Qualifying und Rennen. Dem Sieg in Barcelona folgte also die harte Landung auf dem Boden der Tatsachen.
Nach diesen beiden Extremen pendelte sich Verstappen jedoch auf einer hohen Konstanz ein. Vor allem im Rennen ist er bärenstark, das Qualifying zählt noch zu seinen Schwächen. In den sechs Rennen nach Monaco kam er immer in die Punkte, dreimal fuhr er auf das Podest. Sein Rückstand auf Teamkollege Daniel Ricciardo beträgt aktuell nur 18 Punkte. Die Chance, den Australier gleich im ersten Jahr zu schlagen, ist da.
Daniel Ricciardo | Max Verstappen (8 Rennen) | Daniil Kvyat (4 Rennen) | |
Punkte | 133 | 102 | 21 |
WM-Position | 3 | 6 | 14 |
Quali-Duell Ricciardo/Kvyat | 4 | 0 | |
Quali-Duell Ricciardo/Verstappen | 7 | 1 | |
Durchschnittliche Startposition | 4,1 (o. Strafen) 3,8 (m. Strafen) | 7,4 (o. Strafen) 7,3 (m. Strafen) | 11,8 (o. Strafen) 11,8 (m. Strafen) |
Das Team:
Adrian Newey mag etwas mehr in den Hintergrund getreten sein, doch die technische Abteilung des Teams verfügt nach wie vor über hochtalentiertes Personal. Rob Marshall, Dan Fallows und Paul Monaghan zeichnen für die Konstruktion der Boliden verantwortlich. Newey operiert offiziell noch als Chief Technical Officer. Teamchef ist Christian Horner, der die Geschicke des in Milton Keynes beheimateten Rennstalls leitet.
Eine wichtige Rolle kommt Dr. Helmut Marko zu. Als Motorsportberater dient er als Bindeglied zwischen Teambesitzer Dietrich Mateschitz und dem Rennstall an sich. Wie der Fall Kvyat zeigte, hat Markos Wort auch im operativen Tagesgeschäft Gewicht. Insgesamt verfügt Red Bull auf den entscheidenden Positionen über Kompetenz und Konstanz. Damit stehen die Österreicher im krassen Gegensatz zu Ferrari, wo seit Jahren Unruhe und wiederkehrende Vakanz herrscht.
Alle Infos zu Daniel Ricciardo
Ausblick 2. Hälfte:
Renault hat bereits angekündigt, dass in diesem Jahr keine Motoren-Updates mehr folgen werden. Im weiteren Saisonverlauf warten mit Monza, Mexiko oder Abu Dhabi jedoch noch mehrere Highspeed-Kurse. Im Kampf gegen Ferrari könnte das ein Nachteil werden. Das schlechteste Ergebnis legte Red Bull bislang in Baku hin, ebenfalls eine sehr schnelle Strecke. Um den zweiten Platz in der Konstrukteurs WM zu holen, muss Red Bull in Singapur auftrumpfen und in den restlichen Rennen überraschen. Gegen ein paar Regenrennen hätte man sicher auch nichts einzuwenden.
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Meinungen zur ersten Red Bull-Hälfte
Motorsport-Magazin.com meint:
Red Bull hat sich nach den Querelen des Vorjahres eindrucksvoll zurückgemeldet. Es scheint beinahe unglaublich, dass Williams im vergangenen Jahr vor den Österreichern gelandet ist. 2016 liegen Welten zwischen den beiden Teams - aber zugunsten Red Bulls. Der Abstand zu Mercedes konnte verringert werden, vereinzelt liegt man sogar vor den Silberpfeilen. Härtester Gegner aber ist Ferrari. Während die Roten sportlich und personell Negativschlagzeilen schreiben, beweist Red Bull ein glückliches Händchen. Der Fahrerwechsel von Kvyat hin zu Verstappen stieß nicht bei allen auf Verständnis. Doch passend zu der bisher starken Saison fuhr eben jener Verstappen gleich im ersten Rennen zum Sieg. Abgerechnet wird aber am Ende. Und die schwierigen Strecken für Red Bull kommen erst noch.
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