Der verschenkte Sieg beim US Grand Prix dürfte Nico Rosberg noch eine Weile im Gedächtnis bleiben. Zehn Runden vor Schluss verlor er in Führung liegend die Kontrolle über seinen Mercedes-Silberpfeil. In Kurve 16 rutschte ihm das Heck weg, Teamkollege Lewis Hamilton übernahm die Führung und schnappte Rosberg den Sieg und die Weltmeisterschaft vor der Nase weg. Wenige Tage nach der Unglücks-Aktion deckte Rosberg nun auf, wie es zu diesem kapitalen Fehler kommen konnte.

Eine Windböe sei der Auslöser gewesen, sagte Rosberg am Donnerstag in Mexiko. Einige anwesende Pressevertreter lachten kurz und dachten dabei wohl an einen gewissen Fernando Alonso, der bei Testfahrten vor der Saison einen heftigen Unfall erlitten hatte. Wind war damals auch das Argument von McLaren gewesen. "Nein, ich meine das ernst", sagte Rosberg jedoch. "Das hatten alle, deshalb soll es keine Entschuldigung sein. Es war immer noch ein Fehler, aber ich verstehe ihn jetzt."

Wind als Auslöser für Rosbergs Fahrfehler?, Foto: Sutton
Wind als Auslöser für Rosbergs Fahrfehler?, Foto: Sutton

Da ging es in die (Wind-)Hose

Die Daten hätten nach dem Rennen gezeigt, dass eine Windböe dafür sorgte, dass Rosberg an Abtrieb am Heck seines Mercedes-Boliden verlören hätte. In diesem Moment habe die Windstärke im Vergleich zu den vorangegangenen Runden um 20 km/h zugenommen. "Genau an dem Punkt, wo es in die Hose gegangen ist, kam eine starke Windböe", sagte Rosberg gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Ich bin bei Vollgas angekommen, und nach Vollgas ist mir das Ding weggegangen. Vollgas geht man nur, wenn man sicher ist, dass alles passt."

So etwas wie in Texas sei Rosberg noch nie zuvor mit dem Mercedes geschehen. Die Ergebnisse aus den Messungen hätten in der Tat ergeben, dass es sich um eine sehr spezielle Situation handelte. In Austin kurz nach Rennende wirkte Rosberg unschlüssig, wie es zu dem Fehler kommen konnte. Eine direkte Erklärung hatte er nicht parat, gestand lediglich einen Fahrfehler ein. "Jetzt habe ich eine Erklärung dafür", sagte Rosberg auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Das ist für mich wichtig, damit ich das abschließen kann. Und weiter geht´s."

Der Fehler kostete Rosberg den Sieg in Texas, Foto: Sutton
Der Fehler kostete Rosberg den Sieg in Texas, Foto: Sutton

Rosberg: Noch schöner, Lewis zu schlagen

Fehler hin oder her – für Teamkollege Hamilton war auch schon vor der Situation klar gewesen, dass er das Rennen gewinnen würde. Er sei zu diesem Zeitpunkt bereits schneller gewesen als Rosberg und habe den WM-Sieg vor Augen gehabt. "Ich habe daran geglaubt, dass ich es sowieso schaffe", schrieb Hamilton in seiner BBC-Kolumne. "Ich hatte nicht erwartet, dass er so einen Fehler und mir es dadurch leicht macht. Aber es ist nicht einfach, wenn du jemanden wie mich in deinen Rückspiegeln hast. Da ist eine Menge Druck."

Ähnliche Töne hatte Hamilton schon kurz nach dem USA-Wochenende angeschlagen. Er sei der schlimmste Teamkollege, den man sich vorstellen könne, sagte er Sonntagabend in Austin, wenn auch nicht mit bitterem Ernst. Rosberg entgegnete an diesem Donnerstag in Mexiko: "Wenn Lewis mit solchen Aussagen kommt, dann ist es umso schöner, wenn ich ihn schlage."

Viel mehr ließ sich Rosberg allerdings nicht zur momentanen Situation innerhalb des Mercedes-Lagers entlocken. Auf Nachfragen reagierte er meist kurz angebunden. Wollte nicht ins Detail gehen, wie er mehrfach betonte. Nur: "Ich gehe jetzt nicht darauf ein, was hier für eine Stimmung herrscht. Es ist nach wie vor eine tolle Situation, im Silberpfeil zu sitzen und die Möglichkeit zu haben, Rennen zu gewinnen."

Bei Mercedes steht noch ein klärendes Gespräch bevor, Foto: Sutton
Bei Mercedes steht noch ein klärendes Gespräch bevor, Foto: Sutton

Etwas mehr Risiko

Die Weltmeisterschaft ist endgültig verloren, doch für Rosberg geht es immerhin noch um den zweiten Platz in der Gesamtwertung. Gegner Sebastian Vettel hat bereits eine Kampfansage in Richtung Rosberg geschickt. Dieser kann nun immerhin etwas befreiter fahren, wo der Titelgewinn nicht mehr möglich und die Konstrukteurs-Meisterschaft im Sack ist. "Ein bisschen mehr Risiko kann ich jetzt vielleicht gehen in verschiedenen Situationen, weil ich jetzt nichts mehr zu verlieren habe", so Rosberg.