Für viele Beobachter war der US GP in Austin die endgültige Bestätigung einer mehrfach aufgestellten These: Nico Rosberg ist zu weich und kann daher nicht Weltmeister werden. Lewis Hamilton legte eine fast perfekte Saison hin und zeigte die notwendige Härte, wenn es darauf ankam. Der ehemalige Formel-1-Pilot Juan Pablo Montoya, der insgesamt 94 Rennen bestritt und zweimal WM-Dritter wurde, glaubt jedoch nicht, dass zwischen den beiden Fahrern in Sachen Speed ein großer Unterschied besteht.

"Ich finde nicht, dass er [Rosberg] langsamer ist. Wenn er fokussiert ist und sein Auto keine Probleme macht, ist er genauso schnell, wenn nicht sogar schneller unterwegs als Lewis", so der Kolumbianer im Interview mit der Welt. Nach seiner Ansicht profitiert Hamilton vor allem davon, wenn er von vorne weg fahren und sein Ding durchziehen kann. "Der bekommt Probleme, wenn er nicht von vorn fahren kann. In diese Situationen hat Nico ihn in diesem Jahr zu selten bringen können. Das Qualifying war in dieser Saison sein großes Problem", stellt er fest.

Noch entscheidender für Hamiltons Erfolg sei jedoch das überlegene Material, auf das der Brite zurückgreifen kann und konnte. "Er hat in dieser Saison zehn Rennen gewonnen. Was für eine Bilanz! Das spricht für ihn und macht ihn zu einem verdienten Weltmeister. Aber er hat natürlich von seinem Auto profitiert. Der Mercedes ist das mit Abstand stärkste Auto im Feld, nicht erst seit diesem Jahr", so Montoya, der Hamilton daher ein besonderes Gespür bescheinigt. "Lewis ist vor drei Jahren zu den Silberpfeilen gekommen und hat dabei zwei WM-Titel gewonnen. Er hat ein Talent dafür, sich die Teams zur richtigen Zeit auszusuchen."

Rosberg kann Weltmeister werden

In der Zukunft sieht der 40-Jährige keinesfalls einen Nummer-2-Status für Nico Rosberg, der Titel für den Deutschen sei absolut machbar. "Ja, Nico kann eines Tages Weltmeister werden, davon bin ich überzeugt. Aber er muss sich ändern und positiver denken", stellt er klar. Der Schlüssel liege jedoch nicht zuletzt in einem erfolgreichen Saisonabschluss 2015. "Er hat in diesem Jahr noch drei Rennen Zeit, Schwung für die kommende Saison zu holen. Die sollte er nutzen. Ebenfalls auf der Rechnung für 2016 hat Montoya das Ferrari-Team mit Sebastian Vettel - wenn sie sich verbessern. "Wenn sie den Anschluss an Mercedes schaffen, kann Sebastian Vettel aus dem Zweikampf einen Dreikampf machen."

Ein grundsätzliches Problem mit der Dominanz der Mercedes-Piloten in diesem Jahr hat Montoya nicht, er erlebte eine ähnliche Phase hautnah mit. "Denken Sie an die Jahre, in denen Michael Schumacher so dominant war. Da war der Titelkampf mindestens genauso eindeutig wie in diesem Jahr. So läuft es eben in der Formel 1: Ein Team gibt den Ton an", klärt er über die Situation in der Königsklasse auf.