Dass die Ehe Red Bull und Renault so schnell wie möglich geschieden werden wird, gilt als offenes Geheimnis in der Formel 1. Ebenso, dass Red Bull am liebsten mit Mercedes-Motoren fahren würde. Doch die erwartete Ankündigung für 2016 blieb bislang aus. Und so kommt nun wieder Ferrari als möglicher Partner ins Spiel. Die Italiener hatten sich eigentlich aus dem Rennen bereits verabschiedet, als Marchionne den Bullen ein unzureichendes Angebot gemacht hatte.

Doch die jüngsten Verzögerungen öffnen eine Tür: Konzernchef Sergio Marchionne will Red Bull Informationen der Gazzetta dello Sport zufolge in Monza ein verbessertes Angebot vorlegen. Dieses Angebot soll eine Belieferung beider Red-Bull-Teams mit der neuesten Power Unit umfassen. Ferrari kann in der Motorenfrage nicht Mercedes das Feld überlassen, die bei einer Belieferung beider Red-Bull-Teams die Hälfte des Formel-1-Feldes ausrüsten würden, zumal die Lotus-Übernahme durch Renault nicht in Stein gemeißelt ist.

Red Bull vor Mercedes: Dieses Szenario fürchten die Stuttgarter bei einer Belieferung, Foto: Sutton
Red Bull vor Mercedes: Dieses Szenario fürchten die Stuttgarter bei einer Belieferung, Foto: Sutton

Mercedes in der Zwickmühle

Eigentlich schien Ferrari bereits aus dem Rennen um die Power Units für Red Bull zu sein, nachdem Marchionne in Kanada Helmut Marko ein Angebot unterbreitet hatte, das aber keine Garantien für das neueste Motorenmaterial beinhaltete. Red Bull wandte sich schnell Mercedes zu, doch in Stuttgart wird gezögert. Toto Wolff betonte in jüngster Vergangenheit immer wieder, dass Mercedes und Red Bull eine freundschaftliche industrielle Beziehung zueinander hätten und man dem anderen nicht in den Rücken fallen wolle.

Allerdings spielen auch strategische Überlegungen eine Rolle: Mercedes würde einen der größten Gegner stärken, indem man die eigene Power Unit nach Milton Keynes schickt. Und dass Red Bull sich nicht mit B-Material abspeisen lässt, liegt nicht erst seit Kanada auf der Hand. RBR verfolgt WM-Ansprüche. Ferrari würde sich in dieselbe Situation wie Mercedes begeben, doch die Aussicht, gleich zwei Teams beliefern zu können und so ein Gleichgewicht zu den Mercedes-Motoren herzustellen, scheint zu verlockend zu sein. Toro Rosso fuhr bereits bis 2013 mit Ferrari-Motoren.

Bekannte Größe: Für Toro Rosso wäre eine Zusammenarbeit mit Ferrari nichts neues, Foto: Sutton
Bekannte Größe: Für Toro Rosso wäre eine Zusammenarbeit mit Ferrari nichts neues, Foto: Sutton

Zeit rennt allen Parteien davon

Allerdings wird die Zeit immer knapper: 2016 rückt näher und die Fahrzeuge für die kommende Saison sind längst in der Konzeptionsphase. Solange unklar ist, wer überhaupt die Motoren liefert, ist ein endgültiges Design des Fahrzeugs aber nicht machbar, da sich die Motoren mit ihren weiteren Komponenten, die die Power Unit ausmachen, physisch voneinander unterscheiden. Eine Entscheidung muss sehr bald her.

Das setzt mittlerweile nicht mehr nur Red Bull unter Druck, sondern auch Renault. Noch immer ist keine Entscheidung über eine Zukunft der Franzosen gefallen. Mit Red Bull weiterzumachen ist ausgeschlossen, das haben beide Parteien klargemacht. Der Rückkauf des Lotus-Teams galt über die vergangenen Wochen als wahrscheinlichste Lösung, doch bislang blieb es still. Renault müsste massive Investitionen tätigen und gleichzeitig die Schulden von Lotus übernehmen. Der Gazzetta dello Sport zufolge beliefen sich alleine die infrastrukturellen Maßnahmen von Ferrari, um die Lücke zu Mercedes zu schließen, auf 200 Millionen Euro - ein Jahresbudget für viele Teams. Ob Renault mit dem berüchtigten Kosten-Nutzen-Chef Carlos Ghosn dazu bereit ist, wird bezweifelt.