Keine Woche mehr, bevor im Albert Park zu Melbourne das erste Mal die Motoren aufheulen. Die Formel-1-Saison 2015 steht unmittelbar von der Tür. Bevor die Teams und Fahrer zum ersten Kräftemessen in Australien antreten, wirft Motorsport-Magazin.com schon einmal einen Blick auf das, was uns in den bevorstehenden Monaten erwartet. Das sind die sieben heißesten Brennpunkte des Jahres.

Stand mehr als er fuhr: McLarens Chrompfeil mit Anlaufschwierigkeiten, Foto: Sutton
Stand mehr als er fuhr: McLarens Chrompfeil mit Anlaufschwierigkeiten, Foto: Sutton

#1: McLaren-Honda: Schrecken ohne Ende?

Kommt McLaren 2015 jemals in Fahrt? Und falls ja, wann? Diese Fragen gehörten bereits bei den Wintertestfahrten zu den absoluten Top-Themen. Denn die ersten gemeinsamen Auftritte mit dem neuen Motorenpartner Honda gingen komplett in die Hose. Mannigfaltige Probleme mit der Power Unit bremsten das Testprogramm gehörig aus. Nur an einem der zwölf Testtage gelangen dem Team mehr als 100 Runden. Insgesamt reichte es zu gerade einmal 1750 Testkilometern - die Hälfte der Mileage des zweitschlechtesten Rennstalls.

Anfangs gab sich das Team noch optimistisch, die Zuverlässigkeitsprobleme bis zum Saisonstart ausräumen zu können. Inzwischen heißt es, frühestens zum Europa-Auftakt Mitte Mai sei McLaren in der Verfassung, sich auf die Performance zu fokussieren. Kritiker halten selbst das für unwahrscheinlich und sehen das Team bis zur Saisonmitte im Defektsumpf feststecken. Allerdings heißt es angesichts des revolutionären Chassis des MP4-30 auch, dass McLaren zu beachten sein wird, sollten die Probleme einmal ausgeräumt sein. Ebenfalls auszuräumen: Sämtliche Verschwörungstheorien und Spekulationen um den Alonso-Unfall in Barcelona.

Drängt Hamilton Rosberg auch 2015 in den Hintergrund?, Foto: Sutton
Drängt Hamilton Rosberg auch 2015 in den Hintergrund?, Foto: Sutton

#2: Rosberg vs. Hamilton: Krieg der Sterne 2.0

Mercedes war die Anti-Überraschung der Testfahrten. Die Silberpfeile fuhren einmal mehr alles in Grund und Boden. Nico Rosberg und Lewis Hamilton ließen die Konkurrenz erblassen, indem sie überlegene Longruns auf den Asphalt knallten und die schnellsten Rundenzeiten erzielten, ohne auf die schnellsten Reifen zurückzugreifen. Schon befürchtet die Szene eine ähnliche Dominanz wie 2014, vielleicht sogar noch mehr Vorsprung.

Daraus folgt: Eine Neuauflage des Silberpfeil-Duells des Vorjahres scheint unumgänglich. Offensichtlich werden Rosberg und Hamilton den Titel erneut unter sich ausmachen. Der Ausgang? Ungewiss. Spannungspotential ohne Ende! Mega-Brennpunkt!

Ferrari macht sich auf den langen Weg zurück an die Spitze, Foto: Ferrari
Ferrari macht sich auf den langen Weg zurück an die Spitze, Foto: Ferrari

#3: Vettel vs. Kimi: Duell der Ferrari-Freunde

Direkt hinter den Silberpfeilen könnte es 2015 zu einem roten Gerangel um den dritten Platz auf dem Podium kommen. Ferrari präsentierte sich bei den Testfahrten massiv verbessert gegenüber 2015 und dürfte sich mit Williams und Red Bull um den Status als Mercedes-Jäger Nummer eins streiten. Setzt sich die Scuderia durch, rückt automatisch das Teamduell in den Fokus. Kimi Räikkönen gegen Sebastian Vettel heißt es dann bei Ferrari. Doch wer setzt sich durch?

Reifenwahl - Stint 1: Medium (VET/RAI), Stint 2: Medium (VET); Hart (RAI), Stint 3: Experimental-Medium (VET/RAI).

Blickt man zurück auf 2014, scheinen die Karten klar verteilt. Räikkönen kämpfte das ganze Jahr über so massiv mit dem nervösen Ferrari wie sonst kaum ein Fahrer im Feld. Aber: Sebastian Vettel hatte im Red Bull ebenfalls die Galaform seiner Weltmeisterjahre vermissen lassen. Noch dazu ist der SF15-T ein vollkommen neues Auto, das dem Fahrstil Räikkönens wieder vielmehr entgegen kommt. Bei den Test ließ der Iceman sogleich seine wiedergewonnene Stärke aufblitzen und fuhr die klar schnellere Rennsimulation der beiden roten Racer. Doch Vettel wäre nicht Vettel, würde er nicht versuchen, den Spieß gegen seinen Kumpel im Team umzudrehen.

Max Verstappen und Carlos Sainz junior bilden das jüngste Fahrerduo des Jahres, Foto: Sutton
Max Verstappen und Carlos Sainz junior bilden das jüngste Fahrerduo des Jahres, Foto: Sutton

#4: Toro Rosso und Sauber: Jahr der Junioren

2015 wird das Jahr des jüngsten Formel-1-Fahrers aller Zeiten. Sofern die neuen Superlizenz-Regeln auf ewig erhalten bleiben, wird in Zukunft kein Fahrer unter 18 Jahren mehr in der Formel 1 debütieren. Max Verstappen hat diese Regelung gerade noch rechtzeitig umschifft - der 17-Jährige hatte seine Superlizenz bereits in der Tasche. Somit schreibt der Niederländer Geschichte, wenn er in Melbourne im Alter von 17 Jahren und fünfeinhalb Monaten für Toro Rosso an den Start geht.

Damit nicht genug. Teamkollege Carlos Sainz junior trägt die Jugend schon im Namen. Auch der zweite Fahrer des Red-Bull-Ausbildungsteams bringt es auf gerade einmal 20 Jahre. Bei Sauber debütiert mit Felipe Nasr (22 Jahre) gleich der dritte junge Pilot. Dessen Teamkollege Marcus Ericsson gehört nach einer verkürzten Saison bei Caterham ebenfalls alles andere als zu den F1-Veteranen. Sauber und Toro Rosso gilt es 2015 also ganz genau auf die Finger zu schauen. Die Frage: Wunderkinder oder Crashkids - welches Talent beweist sich?

Steht Manor Marussia die Saison durch?, Foto: Sutton
Steht Manor Marussia die Saison durch?, Foto: Sutton

#5: Manor: Mania oder Murks?

Marussia ist zurück! Unter dem neuen Namen "Manor Marussia F1 Team" startet das Team beim Großen Preis von Australien. Das bestätigte der Rennstall keine zehn Tage vor dem ersten Training im Albert Park. Damit gelang es dem 2014 in die Insolvenz geschlitterten Marussia, vorerst alle Probleme auszuräumen. Das Insolvenzverfahren ist beendet, ein neuer Großinvestor gefunden, ein Interimsauto gebaut, die Crashtests bestanden. Der komplett neue Bolide soll im Saisonverlauf debütieren. Einzig ein zweiter Fahrer neben Will Stevens fehlt Manor aktuell noch.

Dennoch steht das Team 2015 besonders im Fokus. Nach wie vor stellen sich elementare, überlebenswichtige Fragen, deren Antworten wir Stück für Stück erhalten werden. Zunächst müssen in Melbourne zwei Fahrer mit gültiger Superlizenz bereitstehen. Noch dazu gilt es die 107-Prozent-Regel zu erfüllen - und das gegen eine Generation neuer Boliden, die bei den Testfahrten in Barcelona um rund drei Sekunden schneller war, als 2014. Zuletzt stellt sich die klar wichtigste Frage: Reichen die mutmaßlichen 92 Millionen Dollar Jahresbudget, um die Saison tatsächlich zu beenden?

Der Deutschland GP wackelt mehr als bedrohlich, Foto: Sutton
Der Deutschland GP wackelt mehr als bedrohlich, Foto: Sutton

#6: Deutschland GP: Ja? Nein? Wo?

Der Große Preis von Deutschland steht 2015 auf der Kippe - und gehört damit zu Recht zu den Brennpunkten des Jahres. Bislang erzielten die Organisatoren des Rennens auf Nürburgring keine Einigung mit Bernie Ecclestone. Der mögliche Ausweichstandort Hockenheim hat sich bereits länger nicht mehr zu dem Thema geäußert. Eine Entscheidung könnte aktuell jede Stunde publik werden - Ecclestone hatte vor wenigen Tagen das zurückliegende Wochenende als letzte Deadline festgelegt.

Ein weiteres Entgegenkommen von seiner Seite schloss der F1-Boss dabei aus. "Wenn sie die Bedingungen nicht erfüllen, dann wird es nicht geschehen", sagte Ecclestone über das Rennen. "Ob ein Organisator nun ein Rockkonzert, ein Tennis-Match oder was auch immer ausrichtet, dann kennt er die Bedingungen", rechtfertigte er seinen Kurs. Erschwerend hinzukommt, dass die Unsicherheiten über den Austragungsort das Weihnachtsgeschäft komplett verdorben hatten. Zudem will die Großbank Santander nicht länger als Hauptsponsor fungieren. "Das ist in diesem Jahr leider etwas kurzfristig", begründete Santander die Entscheidung.

Max Verstappen bringt den Toro Rosso zum Glühen, Foto: Sutton
Max Verstappen bringt den Toro Rosso zum Glühen, Foto: Sutton

#7: Mehr Spektakel: Funken, Sound & schöne Autos

Nach dem ungeliebten Jahr 2014 mit magerem Staubsauger-Sound und hässlichen Nasen dürfen sich die Fans 2015 wieder auf mehr Augenschmaus und Action für die Ohren in der Formel 1 freuen. Der Motorensound erreicht zwar längst nicht das Niveau der V8- oder gar V10-Generation, doch haben es die Teams geschafft wieder lautere Töne aus den V6-Hybrid-Power Units zu kitzeln. Grund dafür sind die gegenüber 2014 um bis zu 1000 Umdrehungen höheren Drehzahlen.

Für diese Nase verdient die rote Göttin ihren Namen wieder, Foto: Sutton
Für diese Nase verdient die rote Göttin ihren Namen wieder, Foto: Sutton

Noch dazu fliegen in der Formel 1 endlich wieder Funken. Weil 2015 ein neues Material für die Schleifer am Unterboden eingeführt wurde, sprüht es je nach Fahrzeugabstimmung und Höhenprofil der Strecke wieder aus dem Heck. Ganz so krass wie in den 90er Jahren wird es sicherlich selten, doch haben die Testfahrten bereits einige kleine Feuerwerke zu Tage gefördert. Zuletzt sind die Staubsauger- und Pinocchio-Nasen des Vorjahres Motorsportgeschichte. 2015 setzten die meisten Teams auf elegante lange Nasen. Nur vereinzelt sind kleine Stummel geblieben.