Sieht man sich Hondas bisherige Testbilanz an, fühlt man sich stark an die letztjährige Misere bei Renault zurückerinnert. "Das war ein frustrierender Tag", hatte Jenson Button nach seinen letzten Kilometern in Barcelona gesagt. Und täglich grüßte damit das Murmeltier, denn das Wort Frustration war eines der häufigsten in den Statements von Button und seinem Teamkollegen Fernando Alonso seit der McLaren-Honda in Jerez sein Rollout gefeiert hatte.

Die Power Units der aktuellen Generation stellen selbst die begnadetsten Motorenbauer der Welt vor ungeahnte Schwierigkeiten und lassen milliardenschwere Automobilhersteller wie Honda oder im Vorjahr Renault wie Bastelbuden wirken. Viel lief in der vermeintlichen Traumehe McLaren-Honda noch nicht richtig.

Alleine in Barcelona testete man drei verschiedene Varianten des MGU-K mit dem Ergebnis, dass keine davon der Weisheit letzter Schluss sein kann. Bei Renndirektor Eric Boullier schrillen längst die Alarmglocken. "Wir haben insgesamt nur 50 Prozent von dem geschafft, was möglich gewesen wäre. Um ehrlich zu sein bin ich nicht sicher, ob es reicht. Wir haben insgesamt zwölf Tage, um fertig zu werden. Wenn wir aber an der Hälfte der Tage Probleme haben, werden wir nicht zu 100 Prozent bereit sein. Deshalb müssen wir jetzt immer alles ganz genau kontrollieren", sagte der Franzose.

Honda 2015 schwächer als Renault 2014

350 Testkilometer in Jerez, 577 in Barcelona - nach acht Tagen hat McLaren-Honda gerade einmal drei GP-Distanzen in den Reifen. Eine Parallele zu Renault im Vorjahr, als der französische Hersteller ähnlich desaströs gestartet war und seine Kunden mit fehleranfälligen Power Units schockte. Renaults Vorteil: Mit Red Bull, Toro Rosso, Lotus und Caterham hatte man vier Teams auf deren Feedback man zurückgreifen konnte. Honda hat mit McLaren nur einen Exklusivpartner.

Nach zwei Tests hatten die Power Units von Renault bereits 4.018 Kilometer auf dem Konto, Honda steht aktuell bei 927. Dividiert man die Anzahl der gefahrenen Distanz durch die Anzahl der Autos wird der Vergleich mit Honda fairer. Aber auch hier schneidet Renault besser ab als die Japaner.

Nach zwei Testfahrten hatte jedes Team mit Renault-Motor im Schnitt 1060 Kilometer absolviert, Honda hält mit McLaren aktuell bei 927. Auch der Sprung den Renault zwischen erstem und zweitem Test gemacht hat, war größer. Die Franzosen verbesserten sich von durchschnittlich 222,7 Kilometern in Jerez bei der zweiten Ausfahrt in Bahrain auf 837,5. McLaren begann zwar stärker (350 km), legte aber in Barcelona weniger stark zu (577 km). Allerdings ist an dieser Stelle anzumerken, dass McLaren-Honda nach dem Unfall von Alonso am Schlusstag einen halben Testtag durch unglückliche Umstände verlor.

Kein Problem mit Kunden

An einer anderen Front hatte es Renault allerdings schwerer. Denn während McLaren und Honda eine exklusive Partnerschaft abgeschlossen haben, die mehrere Jahre anhalten wird, musste Renault rasch um seine Kunden fürchten. Vor allem das damalige Weltmeisterteam Red Bull wurde nicht müde, Renault medial an den Pranger zu stellen.

Vor allem Motorsportberater Helmut Marko spielte in der Öffentlichkeit den Ankläger. "Der Saisonstart kommt für uns mindestens zwei Monate zu früh. Wir sind auf Renault angewiesen. Sie haben die Probleme unterschätzt und den zeitlichen Rahmen nicht richtig kalkuliert", hatte der Österreicher nach den Testfahrten im Vorjahr gesagt. Champion Vettel hatte nach den frustrierenden Testfahrten gemeckert: "Hat man gerade ein Problem im Griff, taucht ruckzuck ein neues auf."

Bei McLaren vernimmt man derzeit noch keine scharfen Worte in Richtung Hondas. Button hatte trotz der frustrierenden Mileage sogar Lob für die enge Zusammenarbeit zwischen Woking und Japan übrig: "Wir haben große Fortschritte gemacht seit Jerez. Das sieht man nur alles noch nicht so sehr, weil die Probleme es überschatten. Aber wie der Motor im Auto verbaut ist, ist schon fantastisch - sehr hilfreich für den Luftstrom und die Aerodynamik. Ich denke im Auto steckt sehr viel Potential."

Renault brachte im Vorjahr durch harte Arbeit und viele Überstunden der von Remi Taffin angeführten Motoreningenieure seine Probleme in den Griff, feierte dank Red Bull und Daniel Ricciardo bis Saisonende sogar drei Siege. Allerdings verlor man mit Caterham und Lotus 50 Prozent seiner Kunden. Honda wird seinen einzigen Partner zwar nicht verlieren, aber aus der geplanten Expansion des Kundenstamms wird so schnell wohl auch nichts. Denn das entscheidende Wort der in der Automobilbranche weit verbreiteten Phrase "Winning on Sunday, selling on Monday" ist "Winning". Und davon ist Honda im Moment noch mehrere tausend Kilometer entfernt.