"Der fünfte und sechste Platz war heute das absolute Maximum", erklärte der gleiche Christian Horner, der sich noch ein Jahr zuvor über den Sieg von Sebastian Vettel und Platz drei von Mark Webber in Monza freute. Highspeed und Renault sind keine gute Kombination - vor allem 2014. "Alle Autos vor uns und fast alle hinter uns hatten Mercedes-Power", erinnerte der Red-Bull-Teamchef und zeigte sich positiv gestimmt. "Betrachtet man die letzten beiden Rennen in Spa und hier und überlegt, dass sie Power-dominiert waren, haben wir sogar mehr herausgeholt, als wir hätten erwarten können."

Vettels früher Stopp

Die Plätze fünf und sechs schienen also in Stein gemeißelt - allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Vettel wurde von der Box bereits in Runde 18 hereinzitiert, um sich die harten Pneus zu holen. Ziel war es, den vor ihm liegenden Kevin Magnussen zu überholen und im Umkehrschluss Jensen Button und Fernando Alonso hinter sich zu halten. "Wir wählten eine aggressive Strategie bei Sebastian und setzten ihn damit unter Druck, denn zum Ende des Rennens waren seine Reifen in schlechter Verfassung", gab Horner auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zu.

Sebastian Vettel kam in der 18 Runde an die Box, Foto: Sutton
Sebastian Vettel kam in der 18 Runde an die Box, Foto: Sutton

Für Red Bull kam die Möglichkeit, McLaren auf der Strecke zu passieren durch den Topspeed-Unterschied nicht infrage. "Wir entschieden uns, sofort zu handeln und den Undercut zu versuchen", schilderte Horner. "In diesen Situationen ist es unmöglich, das Ende des Rennens zu prognostizieren. Es gilt, im jeweiligen Moment zu handeln."

Dabei stellt sich beim Blick auf die weiteren Boxenstopps heraus, dass ein so früher Stopp nicht zwingend nötig gewesen wäre, da die beiden McLaren erst in den Runden 21 und 22 die Box ansteuerten, um sich neue Reifen zu holen. "Im Nachhinein hätten wir natürlich noch ein oder zwei Runden warten können, aber es hätte auch sein können, dass die McLaren auf uns reagieren", erklärte Horner gegenüber Motorsport-Magazin.com. Zumal der sogenannte Undercut zu Beginn wunderbar funktionierte, da Vettel die Position gegen Magnussen gewann und den anderen McLaren sowie die Force India hinter sich halten konnte - bis Teamkollege Riccardo kam.

Daniel Ricciardo überzeugte, Foto: Red Bull
Daniel Ricciardo überzeugte, Foto: Red Bull

Der Australier stoppte erst in Runde 26 und kämpfe sich durchs Feld bis er schließlich auch Vettel kassierte. "Wir haben uns nach Daniels schlechtem Start entschieden, länger zu fahren", schilderte Horner. Es hätte keinen Sinn gemacht, Ricciardo früh an die Box zu holen. Stattdessen beschloss Red Bull, ihn bis zum Peak seiner Reifen auf der Strecke zu lassen und ihm in der Endphase des Rennens frischere Reifen zu bieten. Ziel war es, Ricciardo noch an Kimi Räikkönen vorbeizubekommen. "Aber er hat nicht nur Räikkönen geschlagen, sondern fuhr auch noch am Force India und den McLaren vorbei - und dann noch an Sebastian. Seine Performance nach dem Stopp war wirklich bemerkenswert."

Von Ricciardo begeistert

Insgesamt hatte Horner nach dem Rennen in Italien nur lobende Worte für Ricciardo. "Einige von Daniels Manövern waren fantastisch. Er fuhr wirklich präzise", sagte der Brite. Insgesamt würde ihn der Australier immer wieder aufs Neue überraschen. "Sein Start war nicht gut, aber er hob sofort die Hand, entschuldigte sich und kämpfte sich stark zurück - besonders nach seinem Stopp auf harte Reifen war er extrem beeindruckend unterwegs."

Allgemein freute sich Horner über die guten fahrerischen Leistungen seiner Piloten, die niemals mit blockierenden Rädern in der ersten Kurve zu kämpfen hatten oder irgendwo die Strecke verließen. "Auch Sebastians Verteidungsverhalten war heute fantastisch. Er wurde nicht einmal überholt, bis Daniel kam", so Horner, der in Richtung Ricciardo hinzufügte: "Wenn noch einige Fragezeichen zu seinen Überholqualitäten bestanden - er ist bei den Besten."

Keine Teamorder bei Red Bull

Zu dieser teaminternen Überholsituation konnte es aber erst kommen, weil Red Bull die Fahrer frei gegeneinander antreten ließ - und so soll es auch bleiben. "Der Punkteabstand zwischen den beiden Mercedes und Daniel ist enorm", bezog sich Horner auf die 50 Punkte Rückstand des Australiers zu Lewis Hamilton und möglicher Teamorder. "Es macht für uns keinen Sinn, in das Renngeschehen der Fahrer einzugreifen. Es hängt von dem ab, was sie auf der Strecke machen."