Maverick Vinales und KTM waren in Katar nah dran, Ducati die erste MotoGP-Niederlage der Saison 2025 zuzufügen. Vinales hatte das Rennen zwischenzeitlich angeführt, Marc Marquez konnte erst durch einen Fehler seines Landsmannes wieder vorbeigehen und schließlich 1,8 Sekunden vor Vinales die Ziellinie überqueren. Dieser wurde anschließend aufgrund einer der umstrittenen Reifendruckstrafen auf Platz 14 zurückgereiht, was seine Leistung aber keinesfalls schmälert.
"Die Freude über Mavericks Rennen überwiegt bei uns ganz klar die Trauer über die verschenkten Punkte", sagt KTM-Motorsportchef Pit Beirer. "Denn jetzt haben auch unsere anderen Fahrer gesehen, was möglich ist." Einer von ihnen, Enea Bastianini, erlebte verglichen mit Vinales' Galavorstellung ein eher ernüchterndes Rennen, kam als Elfter mit über 17 Sekunden Rückstand ins Ziel. Angesprochen darauf, ob die Leistung seines Tech3-Teamkollegen auch ihm Auftrieb geben würde, sagte er am Sonntagabend in seiner englischsprachigen Medienrunde: "Maverick fährt ein anderes Bike als wir restlichen KTM-Piloten. Ich kann dieses Bike im Moment nicht fahren." Italienische Kollegen zitierten ihn aus seiner Muttersprache sogar mit der Wortwahl, er dürfe dieses Bike nicht fahren.
Aussagen, die auf diversen MotoGP-Portalen in den vergangenen Tagen die Runde machten. Was ausblieb, war aber die Einordnung und Aufklärung von Bastianinis Statements. Motorsport-Magazin.com bat deshalb KTM-Motorsportchef Beirer, etwas Lichts ins Dunkel zu bringen.
Motorsport-Magazin.com: Pit, Bastianinis Aussagen vom Sonntag haben für Aufsehen gesorgt. Kannst du uns erklären, was es damit auf sich hat?
Pit Beirer: Es gibt momentan einige Teile, die wir jedem Fahrer nur für ein Motorrad zur Verfügung stellen können. Wenn ein Fahrer seine beide Motorräder gleich konfiguriert haben will, dann kann er dieses Teil eben nicht verwenden. Maverick ist da nicht so sensibel. Wenn es etwas Neues gibt, dann probiert er es einfach aus. Es gibt keinen politischen Grund, warum Enea dieses Paket nicht fahren kann. Die jüngsten Updates haben wir einfach noch nicht für vier Fahrer in doppelter Ausführung.
Motorsport-Magazin.com: Gibt es dafür spezielle Gründe?
Pit Beirer: Wir hatten zuletzt zwei Tests, die komplett ins Wasser gefallen sind. Vor dem Austin-Wochenende wären wir eigentlich in Jerez gewesen (die Strecke stand nach Überschwemmungen allerdings nicht zur Verfügung, Anm.). Nach diesem Test hätten wir sonst schon gewusst, welche Teile wir produzieren müssen. Dann ging es für uns nach Misano, wo wir aber die falschen Reifen für sehr niedrige Temperaturen bekommen haben. Somit hatten wir vier Tage ohne jegliches Ergebnis. Und so haben wir jetzt eben diese Testteile, die es in gewissen Fällen nur einmal gibt, und teilen sie unter unseren vier Fahrern auf. Wenn wir jetzt um einen Titel kämpfen würden, dann könnten wir das eh nicht machen. Wir sind aber momentan nicht ganz an der Spitze und müssen deshalb auch einmal Risiko gehen. Das haben wir gemacht. Es wurde da aber viel in eine Situation hineininterpretiert, die gar nicht so dramatisch ist.
Motorsport-Magazin.com: Hattet ihr damit gerechnet, in dieser Phase der Saison so viele neue Teile bringen zu müssen?
Pit Beirer: Wir hatten beim Sepang-Test sehr viele Teile im Einsatz, welche die Fahrer für gut befunden haben. Die haben wir dann natürlich in größerer Stückzahl produziert. Jetzt will aber ein Fahrer wieder einen Schritt zurückmachen, ein weiterer Fahrer will ein anderes Teil, der nächste Fahrer will ein neues Teil. Da können wir momentan nicht liefern. Wir fahren einfach nicht das Motorrad, das wir uns in Sepang zusammengestellt haben, weil es den Jungs keine Basis gibt, mit der sie sich wohlfühlen. Obwohl man sagen muss, dass sie sich in Sepang beim Test alle wohl gefühlt haben damit. Das erwischt uns jetzt ein bisschen eiskalt. Wir müssen jetzt herausfinden, was wirklich die Basis ist. Dann brauchen wir wieder acht gleiche Motorräder und dann geht es um die Abstimmungsarbeit. Wenn alle Fahrer am gleichen Motorrad arbeiten, dann kannst du die Daten wirklich vergleichen und wirst stärker. Was wir momentan machen, ist mit vier Fahrern vier verschiedene Bikes weiterzuentwickeln, weil es einfach nicht ganz klar war, wo die Reise hingehen soll. Und da war jetzt Katar schon echt sehr hilfreich.
Motorsport-Magazin.com: Welche Schlüsse habt ihr aus Vinales' Vorstellung gezogen?
Pit Beirer: Wir haben gesehen, dass unser Motorrad saustark ist, wenn uns ein gutes Qualifying gelingt. Als Maverick im Rennen gegen die Ducatis gekämpft hat, waren viele Stärken und kaum Schwächen zu sehen. Er war auf der Bremse konkurrenzfähig. Er war im Turning konkurrenzfähig und beim Topspeed sowieso. Ich muss auch dazusagen, dass Maverick und sein Crewchief sehr gut gearbeitet haben. Am Anfang der Saison war Maverick relativ weit weg, aber er ist nie nervös geworden und hat sich sein Paket sehr konstruktiv zusammengestellt. Er hat mir am Samstagabend bereits gesagt, dass er am Sonntag auf das Podium fahren wird. So überzeugt war ich da nicht davon (lacht). Aber er hat das großartig umgesetzt. Uns das war genial für uns.

Motorsport-Magazin.com: Ist das nächste Ziel für euch, Ducati zu schlagen?
Pit Beirer: Es wäre jetzt vermessen, aus unserer Situation heraus von Siegen zu reden. Ich habe in Katar das Team darauf eingeschworen und habe gesagt: 'Jungs, wir müssen uns jetzt mal um den fünften Platz herum stabilisieren, um wieder nach vorne zu schauen. Aus dem Nichts heraus werden wir die Ducatis nicht angreifen können.' Maverick hat mich jetzt eines Besseren belehrt. Wir müssen dennoch einfach die ganze Gruppe stabilisieren. Wir haben vier fantastische Fahrer. Einer hat jetzt ein Highlight rausgehauen und jetzt müssen wir versuchen, alle Fahrer zufriedenzustellen. Davon, die Ducatis zu schlagen, möchte ich momentan nicht reden. Für uns heißt es jetzt: Hausaufgaben machen, stabilisieren, alle vier Fahrer auf ihr bestes Niveau bringen und dann reden wir darüber, wen wir angreifen können.
diese MotoGP Nachricht