Jorge Martin schrieb in der MotoGP-Saison 2024 Geschichte in der Königsklasse. Als Fahrer des Ducati-Kundenteams Pramac sicherte sich der Spanier den WM-Titel. Das war seit Einführung des MotoGP-Reglements im Jahre 2002 zuvor stets nur Werkspiloten gelungen. Bleibt dies vielleicht eine einmalige Leistung? Ein erfahrener Teamchef sieht gute Chancen auf Wiederholung des Coups. Und die ersten Rennen des Jahres 2025 geben ihm Recht.
Davide Brivio: MotoGP-Kundenteams von früher nicht mehr mit heute vergleichbar
"Ich glaube, dass das in Zukunft immer mehr möglich sein wird, denn die MotoGP verändert sich", meint Davide Brivio. Der Italiener zeichnete sich als Teamchef für WM-Titel bei Yamaha und Suzuki verantwortlich. Nun hat er aber erstmals die Führungsrolle eines Privatteams inne. Bei Trackhouse Racing hat der 60-Jährige die Kunden-Seite kennengelernt.
Und er glaubt in der aktuellen Königsklasse an deutlich bessere WM-Chancen für die vermeintlichen Außenseiter. "Vor Jahren waren es immer die Werksteams mit der besten Ausrüstung und den besten Fahrern. Und die Satelliten-Teams, wie wir sie nannten, hatten vielleicht einen Nachwuchsfahrer oder weniger talentierte Fahrer", erinnert sich Brivio.
Ducati begann: Alle bekommen dasselbe Motorrad
Ein Zustand, den er heute nicht mehr vorfindet: "Erstmals bekommen seit zwei, drei Jahren die Privatteams auch ein Werksmotorrad. Es ist dasselbe wie im Werksteam. Bei Aprilia haben wir dasselbe Motorrad wie das Werk. Ducati macht das seit einigen Jahren und mittlerweile auch Yamaha und Honda. Alle folgen dieser Philosophie. Die Ausrüstung ist also die gleiche und das gab es vor einigen Jahren noch nicht. Daher haben die Privatteams jetzt größere Chancen."

Ducati erkannte als erstes Werk den Wert der Kundenteams in der Weiterentwicklung. Pramac war dabei als Vorreiter des aktuellen Trends zu einer Art zweitem Werksteam aufgerüstet worden. Es war also vermutlich auch kein Wunder, dass ausgerechnet diese Mannschaft als erster Kundenrennstall den Titel holte. Bereits 2023 gelang so der Triumph in der Teamwertung, 2024 folgte dann Martins Coup in der Fahrer-WM.
2025 schlägt nun der nächste Kunde von Ducati zu. Gresini feierte in den letzten Jahren bereits große Erfolge, doch verloren sie ihre Starfahrer wie Enea Bastianini und Marc Marquez aber auch schnell an das Werksteam. In der neuen Saison hat aber überraschend Alex Marquez einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nach drei Rennwochenenden führt er die WM-Wertung sogar an. Auch wenn er am Ende nicht um den Titel kämpfen kann, so ist es doch erneut ein Beweis, dass die Motorräder der Privatmannschaften absolut konkurrenzfähig sind.
MotoGP-Talente finden, bevor das Werksteam zuschlägt
Doch das Material ist natürlich nur einer von zwei Schlüsselfaktoren. "Dann musst du den Fahrer dazu finden. Vielleicht bekommst du den talentierten jungen Fahrer, bevor er zum Werksteam kommt", führt Brivio weiter aus. Auch hier hatte Pramac mit Martin den richtigen Mann, und durfte ihn vier Jahre lang behalten. Ducati bevorzugte 2022 Bastianini bei der Beförderung in die Werksmannschaft. Bei anderen Herstellern geht das zumeist schneller. Fabio Quartararo blieb zwei Jahre bei Petronas Yamaha und Pedro Acosta wurde sogar nach nur einer Saison von Tech3 ins KTM-Werksteam geholt.
War 2024 auf Fahrerseite also doch ein Sonderfall? "Was Martin und Pramac geleistet haben war außergewöhnlich, aber ich habe das Gefühl, dass das erneut passieren kann", bekräftigt Brivio seine Einschätzung. Für ihn gab es auch im Feld von 2024 eine weitere Bestätigung der Theorie: "Schaut zum Beispiel zu Honda. Da war [Johann] Zarco am Ende der Saison besser als die Werksfahrer." Der Unterschied war, dass das Motorrad technisch von der Spitze und damit vom WM-Titel weit entfernt war. Im internen Vergleich hängte Zarco seine Honda-Kollegen aber noch viel deutlicher ab als Martin, der sich in einem engen WM-Kampf knapp gegen Francesco Bagnaia durchsetzte.
Auch Trackhouse einmal Weltmeister? Brivio: Ist eine Herausforderung für uns
Daher erscheint ein erneuter Weltmeistertitel eines Privat-Teams nicht nur möglich, sondern er bietet auch Ansporn. Langfristig sieht Brivio auch für seine noch junge Mannschaft die Chance auf den ganz großen Coup: "Es wurde ein neuer Pfad geöffnet. Wir haben nun alle dasselbe Material und dann ist es eine Frage des Managements: Du musst die talentierten Fahrer bekommen und ein effizientes Team haben. Ich kann mir also vorstellen, dass das erneut möglich ist. Das ist eine Herausforderung für uns, das zu wiederholen." Mit Ai Ogura wurde zumindest schonmal ein Talent gefunden, das zu Saisonbeginn aufzeigen konnte.
Was meint ihr? Sehen wir bald wieder einen Privat-Weltmeister? Sagt es uns in den Kommentaren!



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